Schmerzensgeld nach Schlägen?30-Jähriger verklagt das Land nach Einsatz am CSD
Wegen Widerstands, Körperverletzung und Beleidigung zu Lasten von Polizeibeamten war ein heute 30-Jähriger drei Jahre lang von der Staatsanwaltschaft über alle Instanzen angeklagt worden. Doch zweimal wurde der Mann freigesprochen. Erst in der Revision vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln wurde er wegen Beleidigung verurteilt.
Ein Schuldspruch, den das OLG im Februar 2020 selbst angesichts der massiven Misshandlungen, denen sich der Mann am Rande des Christopher Street Day (CSD) 2016 durch Polizeibeamte ausgesetzt sah, als „marginal“ bezeichnete. Seit Dienstag verklagt der 30-Jährige nun das Land vor der 5. Zivilkammer des Landgerichts auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von 15 000 Euro.
Auffassung des Landes
Das Land ist der Auffassung, dem Kläger sei durch die ergangenen Freisprüche doch „Genugtuung“ widerfahren. Eine Einschätzung, mit der der rechtliche Vertreter des Landes einsam dastand. „Die strafrechtliche Genugtuung halten wir nicht für ausreichend“, machte Kammervorsitzender Stefan Singbartl deutlich. „Es stünde dem Land aus unserer Sicht ganz gut zu Gesicht, wenn es da mal eine Offerte gäbe“, sagte der erfahrene Zivilrichter weiter und ließ durchblicken, dass die Kammer ein Schmerzensgeld dem Grunde nach für gerechtfertigt hält. Auch der geforderten Höhe konnte die Kammer durchaus was abgewinnen: „Vielleicht lägen wir etwas darunter, aber irgendwo da, würden wir uns bewegen.“
Rückblende: Am Rande der Großveranstaltung war der damals 25-Jährige bei einem Polizeieinsatz in einem Schnellrestaurant am Dom von einem Beamten bewusstlos geschlagen worden. Bei der anschließenden Fahrt in den Gewahrsam hatte ein Polizist zu dem Mann gesagt: „Das brauchst du doch, Du dumme Schwuchtel“, wie es im Landgerichtsurteil im April 2019 hieß. Der so Gescholtene revanchierte sich und schimpfte den Beamten: „Nazi“ – weshalb er vom OLG im Februar 2020 keinen lupenreinen Freispruch erhalten hatte. Eine Strafverfolgung der beteiligten Beamten habe aber „zeitnah zu erfolgen“, lautete die unmissverständliche Aufgabenstellung an die Staatsanwaltschaft.
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Wie jetzt bekannt wurde, sind die Verfahren gegen die Beamten im Februar diesen Jahres gegen Geldauflagen und mit Zustimmung des Amtsgerichts eingestellt worden. „Mit der Durchführung der Ermittlungen war das Polizeipräsidium Bonn beauftragt worden, um jeden Anschein der Befangenheit zu vermeiden“, erklärte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Nachfrage. Pikanterweise waren die Ermittlungen aber von jener Oberstaatsanwältin geleitet worden, die den 30-Jährigen in den wesentlichen Anklagepunkten erfolglos durch die Instanzen angeklagt hatte und bei den Beamten keine Pflichtverletzung hatte erkennen können. Klägeranwalt Reinecke kündigte beim Zivilprozess am Dienstag mit, dass man Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen werde. Ein Urteil der Zivilkammer ist für den 20. Juli angekündigt.