Nach zehn Jahren PauseKölner Popband Klee hat ein neues Album herausgebracht
Köln – Klee ist zurück. Nach fast zehn Jahren haben Suzie Kerstgens und Sten Servaes mit „Trotzalledem“ ein neues Album veröffentlicht. Warum das so lange gedauert hat und warum die Liebe die stärkste Kraft ist, darüber sprach die Sängerin mit Dominic Röltgen.
„Omnia vincit amor“ war im Mittelalter der Wahlspruch vieler Minnesänger – und passt auch zu Klee und Ihren Texten. Warum besiegt die Liebe am Ende alles?
Suzie Kerstgens: Vielleicht ist es eher die Kraft, die am Ende alles bewegen wird. Aber ich bin überzeugt: Die Liebe ist unsere stärkste Waffe. Wir mussten uns als Band häufig dafür rechtfertigen, dass die Liebe unser Kernthema ist. In Deutschland hört man dann oft: Das geht doch nicht. Aber wir haben das durchgezogen, und wir stehen dazu. Ich finde, gerade jetzt in diesen Zeiten merkt man, dass man durch die Kraft der Liebe mehr bewegen kann als durch Zorn, Hass, Zynismus oder Sarkasmus.
Wie ist es möglich, einen Text auf Deutsch über die Liebe zu schreiben, der nicht peinlich wirkt? Selbst der Kölner sagt ja „Isch han disch jän“ und nicht „Ich liebe dich“.
Kerstgens: Gibt es da kein Wort für? Das weiß ich gar nicht, ich bin ja Imi (lacht). Kölsch ist ja auch ,e Jeföhl’, wahrscheinlich muss man dafür gar kein Wort haben. Aber wie man das schafft… Ich glaube, indem man ehrlich zu sich selbst ist und seine Gefühlswelt einfach hinaus schreibt. In einer anderen Sprache merkt man das häufig gar nicht, weil man die eigene Gefühlswelt hinter einer Sprachbarriere versteckt. Das ist für mich die Herausforderung beim Texten in meiner Muttersprache. Deswegen haben wir uns damals entschieden, auf Deutsch zu singen.
Deutschsprachige Musik war in eurer Anfangszeit nicht gerade en vogue – wie sehen Sie die Entwicklung?
Kerstgens: Ich finde es gut, dass Popmusik in Deutschland mittlerweile ein gewisses Selbstverständnis hat. Wir sind auch ein Stück weit stolz darauf, dass wir damals den Mut hatten, deutschsprachige Popmusik zu machen, und so zu denen zu gehören, die für diese Entwicklung die Basis geschaffen haben. Mein Vater hat mir mal ins Poesiealbum geschrieben „Die höchsten Türme fangen beim Fundament an“. Ich glaube, wir sind in Deutschland dabei, einen Pop-Turm zu bauen, der kein Elfenbeinturm ist. Der ist schon ganz gut gewachsen und recht solide. In England ist es normal, dass ein Kind mit seiner Oma die Top-10 mitsingen kann. So weit sind wir noch nicht – aber auf einem guten Weg. Und dann ist es wie in der englischsprachigen Musik hoffentlich die normalste Sache der Welt, über Liebe zu singen.
„Trotzalledem“ ist euer erstes Album mit eigenen Songs seit beinahe zehn Jahren. Wieso hat es so lange gedauert?
Kerstgens: Ja, gute Frage (lacht). Es ist einfach viel dazwischen gekommen, was das Leben so ausmacht. Wir mussten ein paar Steine aus dem Weg räumen, Trennungen überwinden. Plötzlich sind ein paar Jahre vergangen, und man fragt sich: Huch, wo ist die Zeit geblieben? Außerdem ist mein Papa sehr krank geworden und meine Mutter brauchte bei der Betreuung Hilfe. Sten ist Vater geworden. Wir haben uns bewusst die Zeit genommen, die wir brauchten. An einem Album zu arbeiten, wäre dem einfach nicht gerecht geworden.
War die Befürchtung nicht groß, dass nach so langer Zeit niemand mehr Klee kennt?
Kerstgens: Natürlich. Diese Sorge ist in diesem Business immer ein wenig da. Das Schöne am Social-Media-Leben, das es in dieser Ausprägung ja damals noch gar nicht gab, ist aber der direkte Kontakt mit den Fans. Deren positive Reaktionen haben uns unglaublich viel Kraft gegeben. Unsere Fans haben uns quasi an die Hand genommen. Das fand ich sehr schön.
Die Veröffentlichung ist in eine schwierige Zeit für Künstler und Musiker gefallen. Ist der Titel eine Kampfansage?
Kerstgens: Das ist tatsächlich reiner Zufall (lacht). Den Titel hatten wir bereits vor Corona und der ist eher auf unsere persönliche Geschichte gemünzt, dass wir nicht aufgegeben haben und am Ball geblieben sind. Es ist kein widerspenstiges „Trotzalledem“, sondern eher ein nach vorne und in die Zukunft gerichtetes. Das Album sollte ursprünglich bereits im vergangenen Jahr herauskommen, wurde aber wegen der Pandemie verschoben. Jetzt wollten wir aber nicht mehr länger warten.
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Wie geht es jetzt weiter dieses Jahr? Ein Album zu promoten ist gerade sehr schwierig.
Kerstgens: Das fühlt sich tatsächlich sehr komisch an – ein wenig wie Schule ohne Ferien oder Ferien ohne Schule. Ich weiß gar nicht, welchen Vergleich ich da ziehen könnte. Das müssen wir jetzt einfach aushalten und spontan und flexibel sein. Wenn es Möglichkeiten gibt, live zu spielen, dann sind wir am Start. Aber wir wissen natürlich, dass es eine riesen Warteliste gibt bei den Hallen und Veranstaltern, die hoffentlich überleben können.