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Polizei-StatistikJedes zweite Unfallopfer in Köln ist ein Radfahrer

Lesezeit 3 Minuten
Fahrrad Unfall dpa

Von April bis Juni 2020 verunglückten mehr als 570 Radfahrende in Köln. (Symbolbild)

  1. Der Anteil der Fahrradfahrer an den im Straßenverkehr verunglückten Personen in Köln ist im zweiten Quartal 2020 enorm gestiegen.
  2. Von April bis Juni machten Radfahrer erstmals mehr als die Hälfte aller Unfallopfer in Köln aus.

Köln – Die Polizei-Bilanz vom vergangenen Wochenende war wieder mal erschreckend. 26 Radfahrer verunglückten von Freitag bis Sonntag auf Kölner Stadtgebiet, dabei erlitten drei von ihnen schwere Verletzungen: Am Sülzgürtel wurde ein Radfahrer (32) auf der Kreuzung Berrenrather Straße von einem Autofahrer (52) angefahren, der das Rotlicht missachtet haben soll. Beim Überqueren der Vogelsanger Straße wurde ein 25-Jähriger auf dem Rad vom Auto erfasst. In Libur stürzte eine Radfahrerin (55) ohne Fremdeinwirkung.

Ein Blick in die Polizei-Statistik zeigt: Während die Unfallzahlen in den vergangenen Monaten insgesamt deutlich zurückgegangen sind, haben Radfahrende von dieser erfreulichen Entwicklung kaum profitiert. Im zweiten Quartal 2020 (April bis Juni) machten Radfahrer erstmals mehr als die Hälfte aller im Straßenverkehr in Köln verunglückten Personen aus (siehe Grafik).

Von 1091 Verunglückten waren 574 mit dem Rad unterwegs – das entspricht einem Anteil von 52,6 Prozent. Das waren zwar 14 weniger als von April bis Juni 2019, als 588 Radfahrer verunglückten. Doch damals machten Radfahrende nur knapp ein Drittel (28,6 Prozent) aller Unfallopfer aus.

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Im zweiten Quartal 2020 machten Radfahrer mehr als die Hälfte aller im Straßenverkehr in Köln verunglückten Personen aus.

Dagegen nahm die Zahl der verunglückten motorisierten Verkehrsteilnehmer im Frühjahr 2020 stark ab. Laut Polizei Köln ging sie von April bis Juni 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 44 Prozent von 748 auf 419 Fälle zurück – eine direkte Folge des stark reduzierten Autoverkehrs während des Corona-Lockdowns.

Weniger Autos heißt nicht gleich mehr Sicherheit für Radfahrende

„Die Sicherheit der Radfahrer hat sich durch diesen Rückgang des Kfz-Verkehrs aber nicht automatisch erhöht“, sagt Christian Hölzel vom Kreisverband Köln des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC). Er hat Unfalldaten der Polizei ausgewertet, seine Ergebnisse wurden von der Polizei auf Nachfrage im Wesentlichen bestätigt.

Auch im zweiten Quartal 2020 seien mit Abstand die meisten Radfahrer bei Unfällen mit Kfz verunglückt, nämlich 287, so Hölzel. Die Hauptursachen lägen unverändert bei den Kfz-Führern, er nennt Fehler beim Abbiegen, Missachten der Vorfahrt oder Fehlverhalten beim Parken, wie unachtsames Öffnen der Fahrertür oder Fehler beim Einfädeln in den fließenden Verkehr. Laut einer im Juli veröffentlichten Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) steht jeder fünfte Fahrradunfall in Deutschland im Zusammenhang mit dem Parken. Auffällig sei: Der Radverkehr profitiere nicht vom allgemeinen Rückgang der Unfallzahlen.

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Die Polizei erklärte, in der Unfallstatistik des ersten Halbjahrs 2020 seien bei 593 Unfällen mit Verletzten zwischen Rad und Auto oder Rad und Fußgänger in 290 Fällen Fehler seitens der Kfz-Führer registriert: 166 Mal „Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren“, 62 mal „Vorfahrt“ und 62 Mal „ruhender Verkehr“, damit sind meist Fehler beim Ein- und Aussteigen gemeint.

Viele Alleinunfälle von Radfahrenden

Ein weiterer Trend, den Polizei und ADFC ausgemacht haben: Im zweiten Quartal 2020 haben sowohl Alleinunfälle von Radfahrern als auch Unfälle von Radlern untereinander stark zugenommen. Das liege daran, dass in der Corona-Krise mehr Menschen aufs Rad gestiegen sind, die Infrastruktur aber nicht mit der Entwicklung Schritt halte, so der ADFC. Tatsächlich nahm die Zahl der Radfahrten an den Dauerzählstellen der Stadt im ersten Halbjahr 2020 teils stark zu. An der Venloer Straße stieg sie im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,2 Prozent auf 936 252 Fahrten, an der Deutzer Brücke um 8,7 Prozent auf 754 384 und am Niederländer Ufer um 37,9 Prozent auf 486 803. Den höchsten Anstieg verzeichnete mit plus 68,6 Prozent die beliebte Freizeitstrecke Alfred-Schütte-Allee am Deutzer Rheinufer.

Der ADFC sieht sich durch die jüngsten Zahlen in seinen Forderungen bestätigt, die Stadt Köln müsse viel mehr als bisher für eine sichere Radverkehrsführung tun – insbesondere an Kreuzungen, Parkbuchten und Baustellen. „Wir hätten weniger Unfälle mit Radfahrern in Köln, wenn die Infrastruktur für den Radverkehr in der Stadt besser wäre“, betont der Kölner ADFC-Vorsitzende Christoph Schmidt.