AboAbonnieren

Entwicklung der UniklinikNeue Therapie gegen das Coronavirus aus Köln

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Oft hilft derzeit nur die Beatmung: Mit einer Antikörper-Therapie hoffen die Forscher der Kölner Uniklinik, in Zukunft die Behandlung  von Corona-Patienten zu erleichtern.

Köln – Alle Welt spricht vom Impfen gegen Corona. Aber was ist eigentlich mit Medikamenten und Therapien, die gegen das Virus und die von ihm ausgelösten Erkrankungen helfen? Forschern der Uniklinik Köln ist es jetzt gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern gelungen, einen neuen Antikörper zu entwickeln, der das Sars-Coronavirus-2 unschädlich machen kann. Wir beantworten die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was unterscheidet die Therapie von Impfungen?

Während Impfstoffe den Körper dazu anregen sollen, selbst Antikörper gegen das Coronavirus zu produzieren, werden den Patienten bei diesem neuen Ansatz die Antikörper gegen das Virus direkt verabreicht. Die Wirkung setzt dadurch unmittelbar ein. Man wolle „eine Möglichkeit schaffen, Covid-19 besser behandeln und verhindern zu können“, sagt Prof. Dr. Florian Klein, Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Köln.

Welches Ziel verfolgt der neue Ansatz?

Die Hoffnung der Forscher ist, dass maßgeschneiderte Antikörper künftig sowohl zum Schutz vor einer Corona-Infektion als auch zur Therapie leichter und schwerer Krankheitsfälle dienen können. Betroffene können gezielt behandelt werden.

Was haben die Forscher entdeckt?

Klein und seine Kollegen an der Kölner Uniklinik haben aus dem Blut von Patienten, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, Antikörper isoliert. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung wurden diese natürlichen Antikörper an der Philipps-Universität Marburg auf ihre Aktivität gegen das Coronavirus untersucht und gemeinsam mit dem Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim (BI) weiterentwickelt. Herausgekommen ist ein Antikörper mit der Bezeichnung BI 767551, der einem menschlichen Antikörper entspricht und nun per gentechnischem Verfahren für klinische Tests hergestellt wird.

Wie wirksam ist der neue Antikörper?

Im Reagenzglas und in Tierversuchen wurde laut Uniklinik nachgewiesen, dass der Antikörper BI 767551 das SARS-Coronavirus 2 „bereits bei sehr geringen Konzentrationen unschädlich macht“. Der Antikörper bindet an ein Protein an der Oberfläche des Virus und verhindert so, dass das Virus in Zellen eindringen und sich vermehren kann. Vor zwei Wochen gaben die Behörden grünes Licht für den Start der klinischen Studien. Getestet wird nun in Köln und an anderen Standorten, wie effektiv BI 767551 im Menschen wirkt.

Uniklinik testet Impfstoff von CureVac

Mediziner der Kölner Uniklinik haben am Montag begonnen, den Corona-Impfstoff des Herstellers CureVac aus Tübingen zu testen. Ein Team um Prof. Dr. Clara Lehmann, Leiterin des Infektionsschutzzentrums, impfte die ersten Probanden.

Mit Hochdruck habe man „organisiert und Personal zusammengezogen, damit wir uns an dieser wichtigen Zulassungsstudie beteiligen können“, so Lehmann. Angesichts absehbarer Engpässe bei der Auslieferung des Biontech-Vakzins hoffen viele auf eine baldige Zulassung des CureVac-Impfstoffs, der ebenfalls nach dem mRNA-Prinzip funktioniert. Die Uniklinik betont ausdrücklich, „dass die mRNA-Impfungen nicht das menschliche Erbgut verändern können“.

Wer an einer Impfstudie teilnehmen möchte, kann sich im Netz registrieren. (fu)

Wie läuft die klinische Erprobung ab?

Den ersten Probanden wurde der Antikörper BI 767551 bereits verabreicht. Die Gabe erfolgt intravenös per Infusion oder als Inhalation, bei der die Patienten den Wirkstoff direkt in die Lunge einatmen. Durch die Gabe in die Lunge habe BI 767551 das Potenzial, seine Schutzwirkung gegen eine Virusinfektion schneller zu entfalten, so die Forscher. In den Tests wird zuerst die Sicherheit und Verträglichkeit des Antikörpers in verschiedenen Dosierungen untersucht. Danach wird gezielt die Aktivität des Antikörpers gegen das Virus geprüft.

Wer nimmt an der Studie teil?

Am Anfang nur gesunde Probanden. Wenn sich bei ihnen eine gute Verträglichkeit zeigt, wird die Studie in Personen fortgeführt, die sich kürzlich mit Corona infiziert haben. Teilnehmen können Menschen, die erst seit wenigen Tagen Covid-Symptome haben und bei denen diese noch nicht sehr stark ausgeprägt sind. Es wird vermutet, dass Antikörper vor allem in der frühen Phase von Covid-19 eine positive Wirkung entfalten können.

Wann gibt es die Antikörper-Therapie für alle?

Das hängt vom weiteren Verlauf der klinischen Erprobung ab. In den USA gibt es bereits erste Antikörper-Präparate, die eine Notfallzulassung erhalten haben. Die Uniklinik Köln hält eine Zulassung in 2021 für denkbar.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ist Antikörper-Therapie auch für Ältere geeignet?

„Gerade für ältere und vorerkrankte Personen könnten Antikörper eine besonders wirksame Option darstellen“, erklärte die Uniklinik. Da sie grundsätzlich ein höheres Risiko für schwerere Verläufe von Covid-19 haben, könne „eine frühzeitige und effektive Behandlung mit Antikörpern eine Verschlechterung der Erkrankung verhindern“.

Geht der Therapie-Ansatz über Corona hinaus?

Ja. Sollte die Studie positive Ergebnisse liefern, hoffen die Forscher, dass sich die Antikörper-Therapie auch erfolgreich gegen andere Viren-Arten einsetzen lässt. Menschliche Antikörper könnten „in der jetzigen sowie bei zukünftigen Epidemien und Pandemien hilfreich sein“, sagt Prof. Dr. Stephan Becker, Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Marburg.