Angreifer wollte keine BetreuungNeue Details im Verfahren um Clemens K.
Köln – Mehrmals hatte man geklopft, geklingelt und gerufen. Doch die Tür blieb versperrt. „Dann wies ich den Mitarbeiter vom Sicherheitsdienst an, die Tür zu öffnen“, sagt am Donnerstag eine Mitarbeiterin (39) der Stadt vor dem Landgericht. Und weiter: „Dann wird die Tür aufgerissen. Es stürmt direkt jemand auf mich zu.“
Geistesgegenwärtig reißt sie eine Ledermappe vors Gesicht. „Ich merkte, wie ein paar Hiebe mit einem spitzen Gegenstand ausgeführt wurden.“ Die Frau wird leicht an Lippe und Nase verletzt. Zwei sie begleitende Polizisten überwältigen den Angreifer schließlich und nehmen ihn fest.
Nur knapp dem Tod entkommen
Auch wenn die 39-Jährige beim Betreten des Saals angespannt wirkt, bei ihrer Aussage über die dramatischen Ereignisse vom 6. März 2019 vor der Dünnwalder Wohnung von Clemens K. (60) zeigt sie keine Emotionen. Sie spricht ruhig, sachlich, abgeklärt. Dabei ist sie nur knapp schwersten Gesichts- und Kopfverletzungen, womöglich dem Tode, entkommen.
Nach der Attacke kommt K. einstweilig in die LVR Klinik in Merheim, wo er wieder gewalttätig wird und eine Pflegerin und einen Pfleger angreift. Nach dem Angriff sieht sein damaliger Betreuer (29) K. zum zweiten Mal. Den Fall des 60-Jährigen hatte er im Oktober 2017 übernommen. Er ist sein erster Fall in seinem Anerkennungsjahr als Berufsbetreuer nach dem Sozialpädagogikstudium. Auf Briefe des 29-Jährigen und Besuche reagiert K. nicht.
K. hatte Gefährdungspotenzial
Einmal habe er mit dem 60-Jährigen ein Gespräch führen können, „von Fenster zu Bürgersteig“, wie der heute in Braunschweig lebende Betreuer berichtet. „Das Gespräch war friedlich“, sagt er weiter. K. habe ihm unmissverständlich klar gemacht, „dass er eine Betreuung nicht möchte“. In einem Bericht an das Betreuungsgericht beim Amtsgericht habe er dennoch auch das „Gefährdungspotenzial“ K.s geschildert.
Nach dem Fenstergespräch sieht der Betreuer K. erst wieder in der Klinik. Auch da habe es von Krankheitseinsicht bei dem 60-Jährigen keine Spur gegeben. Dennoch sei K. am 18. April 2019 entlassen worden: „Aufgrund der ärztlichen Beurteilung.“ Und weiter: „Was hätte ich auch machen sollen? Ich bin kein Arzt.“
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Als er sich an den Sozialpsychiatrischen Dienst gewandt habe, habe der abgewunken: „Was sollen wir machen, wenn der keine Krankheitseinsicht zeigt?“, habe man gesagt. Dann gingen acht Monate ins Land, bis zur Tat im Dezember 2019. Kurt B. wollte mit seiner Kollegin Schulden eintreiben – an der Haustür soll K. zugestochen haben.