Modulbauten statt ContainernKöln plant riesiges Sanierungsprogramm an Schulen
- Die Container auf Kölner Schulhöfen sind mittlerweile zur Normalität geworden.
- Nun aber sollen sie durch Modulbauten ersetzt werden. Das kostet die Stadt Köln eine Summe im höheren dreistelligen Millionenbereich.
- Die Rundschau gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen zu dem Vorhaben der Stadt.
Köln – Als die Stadt vor rund drei Wochen die wichtigsten Schulbauprojekte vorstellte, machte der PR-Tross auch am Humboldt-Gymnasium Halt. Der nach 20 Jahren Planungs- und Bauzeit fertig gestellte Erweiterungsbau mit schmuckem Kammermusiksaal ist der ganze Stolz der Stadt im Schulbau.
Was denn nun mit den alten Containerbauten sei, die schon seit zehn Jahren dort stehen, wurde ganz am Ende noch gefragt. „Die bleiben“, lautet die Antwort aus der Gebäudewirtschaft der Stadt. „Auch diese Plätze brauchen wir dringend.“
Container sind längst unverzichtbar geworden auf den Schulhöfen der Stadt. Doch in den nächsten Jahren will die Stadt die Provisorien allesamt entfernen und durch Modulbauten ersetzt, noch ein gigantisches Sanierungsprogramm im Schulbau. Kann die Stadt das stemmen? Die wichtigsten Fragen dazu im Überblick.
Warum sollen die Container weg?
Sie müssen. Aufgrund der dramatisch schlechten Bausituation an den Schulen hat die Stadt immer mehr Interimsbauten auf den Schulhöfen errichtet. Das Problem: Sie waren nur für den Übergang gedacht, nie für den Dauerbetrieb. Und darauf sind sie baulich nicht ausgelegt.
Laut Baudezernent Markus Greitemann beträgt die Genehmigungszeit in der Regel fünf Jahre bis zehn Jahre. Diese Genehmigung lässt sich nicht ewig weiter verlängern. In der Regel ist mit einem Containerbau ein System aus mehreren Modulen gemeint. Die Schulen nutzen sie nicht nur als Klassenräume, sondern auch für die Ganztagsbetreuung als WC oder Technikräume. Wenn ein Container frei wird, lässt der sich nicht einfach an eine andere Schule versetzen.
Wie ist der Zustand der Container?
Schlecht. An vielen Schulen sind die Container ein Dauerthema. Durch Feuchtigkeit kommt es immer wieder zu Stromausfällen oder auch Schimmelbildung. Auch am Humboldt-Gymnasium drang Wasser durch die Dächer ein, bei Hitze war das Raumklima in den heißen Phasen unerträglich. „Es ist eigentlich katastrophal“, sagt Stefanie Ruffen, Vorsitzende der Schulpflegschaft. Vehement hatte sich das Team für neue Dächer über den Containerbauten eingesetzt, die kamen im vergangenen Jahr und sorgten dafür, dass es zumindest trocken ist und die Hitze nicht voll durchschlagen kann.
Dazu kommen die scharfen Bestimmungen des Brandschutzes. Die Bauaufsicht kontrolliert die Anlagen nach Angaben der Stadt regelmäßig. Bei doppelstöckigen Containern wird der Betrieb der oberen Ebene aufgrund der Fluchtsituation nur noch bedingt genehmigt. Bei ebenerdigen Containern werden vereinzelt zusätzliche Fluchttüren eingebaut.
Wie sieht der Zeitplan für den Austausch aus?
Bei der Gebäudewirtschaft gibt es ein Planerteam, das sich eigens mit Modulbauten beschäftigt. Für die nächsten Jahre sind zunächst Investitionen von 33 Millionen Euro vorgesehen.
In den Ausschreibungen sollen Subunternehmerleistungen wie Tiefbau oder Fachraumausstattung ausgegliedert werden. Gesucht wird dann ein Totalunternehmer, der von der Erschließung über den Bau, der Möblierung bis zur Inbetriebnahme die Arbeiten ausführt. Vorgesehen in der Ausschreibung ist die Bildung eines Unternehmerpools, zunächst unabhängig vom Standort.
Ausgewählt werden sollen fünf Bieter, die dann im zweiten Schritt ein konkretes Angebot für den Standort vorlegen müssen. Drei Jahre mindestens von der Bedarfsermittlung bis zur Schlüsselübergabe rechnet die Verwaltung – pro Anlage. Greitemann will die Container Schritt für Schritt austauschen. Das Programm wird „sicher mehr als zehn Jahre“ in Anspruch nehmen, sagt er.
Welche Modulbauten gibt es schon an Schulen?
In den vergangenen Jahren sind an verschiedenen Schulen Erweiterungsbauten in Modulbauweise in Betrieb genommen worden: etwa an der Katholischen Grundschule Fußfallstraße in Merheim, am Gymnasium Nachtigallenstraße in Wahn oder an der Grundschule Nußbaumerstraße in Neuehrenfeld. Spektakulär gescheitert ist der Modulneubau einer Grundschule an der Friedrich-Karl-Straße in Nippes (altes Nippesbad). Während des Baus erwies sich das Gefälle des Geländes als zu groß, drei Jahre Planungszeit waren vergebens. Bis 2023 soll die Schule nun in konventioneller Weise neu gebaut werden.
Kann das Vorhaben gelingen?
Es ist zumindest ein sehr ambitioniertes Programm. Modul- oder Systembauten werden auf dem Markt stark nachgefragt, was dazu führt, dass Firmen die Preise heben und attraktive Aufträge auswählen können. „Die angespannte Lage im Bausektor sowie der Fachkräftemangel im Hochbau“ seien für die Kommunen „eine immer größere Herausforderung“, räumt die Stadt ein.
Dazu kommt, dass sich nur ebenerdige Flächen mit entsprechenden Anschlussmöglichkeiten (Strom, Wasser, Internet) für die Bauten eignen. Im Rathaus sagen manche: „Wir können immer neue Programme zum Schulbau auflegen, wir müssen sie aber auch eines Tages umsetzen.“ Klar ist, dass der Bedarf nicht nachlassen wird: Durch die Rückkehr zum G9-Abitur brauchen die Schulen noch mehr Ausweichquartiere.
Stichwort Modulbauten
Umgangssprachlich geht es zwischen Containerbauten und Modulbauwerken schon mal durcheinander. Bei den aus dem Kölner Schulalltag bekannten Containern handelt es sich um starre Baukörper, die zumindest in der Außenansicht durchaus schon mal an eine Hafenfracht erinnern. An die triste Optik haben sich viele Eltern längst gewöhnt. Auch in Sachen Schallschutz und energetische Standards schneiden Containerbauten nicht gut ab, was den Unterricht vor allem an heißen Sommertagen schwierig macht.
In der Architektur gewinnen Modulbauten immer mehr Bedeutung, da sie relativ zügig zu errichten sind, aber gleichzeitig alle baurechtlichen Standards erfüllen. Das gilt für Brandschutz, Wärmedämmung und Schallisolierung. Im Ergebnis sind Modulbauten damit konventionell errichteten Gebäuden gleichzusetzen. Genehmigung sind auch zeitlich unbefristet möglich.
2015 setzte die Stadt Köln auf Modulbauten, um dauerhaften Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Die Migranten waren nach ihrer Ankunft in der Stadt zunächst vor allem in Turnhallen und anderen Notunterkünften untergebracht worden. Häuser in Fertigbauweise wurden etwa am Lindweilerweg in Longerich gebaut. Der Preis für zwölf Wohneinheiten: 1,6 Millionen Euro. Auch im Schulbau gibt es bereits Systembauten, im vergangenen Jahr wurde ein Neubau der Grundschule Fußfallstraße in Merheim (Foto) in Betrieb genommen.
Anbieter von Modul- oder auch Systembauten schwärmen von der Flexibilität, mit der auf sich wandelnde Anforderungen reagiert werden könne. Die einzelnen Module ließen auch Erweiterungen und sogar komplette Verlegungen zu. Zudem sei in Fassadengestaltung alles möglich, was auch herkömmlich Bauten ziert: großflächige Verglasungen, Putz auf Dämmsystemen oder hinterlüftete Fassadenelemente in Holz oder Metall.
Kritik entzündet sich vor allem an der drohenden Ödnis, sollte das serielle Bauen auch in der Wohnungsbau großflächig Verbreitung finden. Für gewerbliche Nutzung und eben auch dringend benötigte Erweiterungsbauten an Kindergärten oder Schulen erfährt die Modulbauweise große Zustimmung. Zumal etwa mit vorgefertigten Holzelementen auch nachhaltiges Bauen möglich ist.
„Es ist nur ein Behelf“
Das sagt Lutz Tempel, Vorsitzender der Kölner Stadtschulpflegschaft, zu den Plänen.
Herr Tempel, haben sich die Eltern und Schüler an die Container gewöhnt?
Lutz Tempel: Die Eltern kennen die Gesamtsituation, aber gewöhnt haben sie sich nicht daran. Niemand möchte sich daran gewöhnen. Wenn also nach und nach moderne Modulbauten kommen, die mehr Komfort bieten, ist das nur zu begrüßen. Noch schöner wäre es allerdings, wenn wir fertige Neubauten hätten. Wir brauchen zusätzliche Schulen.Dazu sagt die Stadt: Wir werden noch lange diese Ersatzbauten brauchen.
Was ist denn das Schlimmste am Lernen im Container?
Das lässt sich nicht generell sagen. Aber wenn Container wegen Schimmelbefall gar nicht mehr zu nutzen sind, ist das schon ein gravierender Vorgang. Das betrifft eine ganze Reihe von Anlagen wie etwa die Mensa an der Grundschule Porzer Hauptstraße. Und natürlich werden die Container mit der Zeit nicht besser, es ist nur ein Behelf.
Ist der bauliche Zustand die größte Sorge der Eltern?
Die Eltern haben den Eindruck, man kümmert sich zu wenig um Schulen, auch um die Ausstattung. Es mangelt auch an Lehrkräften. Im Zweifel ist ein fehlender Lehrer schlimmer als ein schlecht ausgestatteter Raum.
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