Interview mit NRW-Umweltministerin„Vorblättern, wenn es zu spannend wird“
- In der Reihe „Das andere Gespräch“ sprechen prominente Kölner über Themen ihrer Wahl – nur nicht über ihren Beruf.
- NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser ist eine Bücher-Liebhaberin.
- Im Interview erzählt sie, was Lesen für sie bedeutet und welche Bücher sie mit in den Urlaub nimmt.
Köln – In der Rundschau-Reihe „Das andere Gespräch“ sprechen prominente Kölner über Themen ihrer Wahl – nur nicht über ihren Beruf. Mit Ursula Heinen-Esser (53), NRW-Umweltministerin, unterhielt sich Martina Windrath über Geschichten rund um Bücher.
Man sieht auf den ersten Blick in Ihrem Haus, dass Sie Bücher-Liebhaberin sind: Regale voller Bild- und Kunstbände, Belletristik, Krimis. . . Wann hat Sie die Leseleidenschaft gepackt?
Bücher gehören zu mir von klein auf. Ich brauche einfach Bücher. Als Kind habe ich alles gelesen von Enid Blytons „Hanni und Nanni“ bis zu den „Fünf Freunden“, im Studium dann eher unterhaltsame Romane und Ähnliches. Ich habe immer gern und viel gelesen, aber heute habe ich die Zeit dafür nicht mehr. Ich lese mittlerweile vor allem in den Ferien, manchmal am Wochenende, wenn ich für drei, vier Stunden Zeit am Stück habe. Dann will ich auch nicht mehr gestört werden und eintauchen in die Welt des Buches. Das bedeutet für mich vollständige Entspannung.
Welche Lektüre mögen Sie am liebsten?
Ich lese zur Zeit am allerliebsten Krimis, für mein Leben gern zum Beispiel von Marc Elsberg, Jussi Adler Olsen, Nele Neuhaus, Donna Leon, selbstverständlich Frank Schätzing, früher noch mehr Romane. Interessant finde ich außerdem Biografien. Ich schätze die Beratung gut sortierter, schöner Buchhandlungen wie zum Beispiel Bittner, die im Sommer übrigens Leselisten haben, an denen man sich orientieren und Neues entdecken kann. Mein Mann bringt öfter tolle Bücher aus der Kunstbuchhandlung König mit. Auf dem Stapel da hinten (Anm: weist auf einen Bücherturm mit schweren Fotobänden) liegt ein neuer Band über Queen Elizabeth. Entdeckt habe ich gerade den Autor Simon Beckett. „Die Chemie des Todes“ über einen Forensiker ist hochspannend.
Zur Person
Ursula Heinen-Esser (53) lebt mit ihrem Mann, Rechtsanwalt Heinz-Christian Esser, und Tochter (13) in Köln. Seit 1983 ist sie Mitglied der CDU und war in verschiedenen Funktionen für die Partei aktiv. Die diplomierte Volkswirtin, die in Köln auf der Liebfrauenschule Abitur machte und an der Uni Volkswirtschaft studierte, arbeitete von 2007 bis 2013 als parlamentarische Staatssekretärin zunächst im Bundesagrar- und später im Bundesumweltministerium. Im Mai 2018 wurde sie Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW. Von 2016 bis Mai 2018 war sie Teil der Geschäftsführung der Bundesgesellschaft für Endlagerung.
Während des Studiums arbeitete sie von 1987 bis 1990 in der Wirtschaftsredaktion der Kölnischen Rundschau als freie Mitarbeiterin, danach als Redakteurin bei „aktiv“. Von 1994 bis 1998 leitete sie die Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik bei der CDU-Bundesgeschäftsstelle. (MW)
Sind Sie der Typ, der sich auf ein Buch konzentriert oder haben Sie mehrere Werke parallel auf dem Nachttisch?
Ich lese immer nur ein Buch und das in einem durch von Anfang bis Ende. Am liebsten sitze ich dabei zu Hause am großen Tisch im Wohnzimmer oder im Urlaub in unserer Ferienwohnung in einem kleinen Sessel. Da freue ich mich schon drauf, wenn ich nach dem Abendessen ganz in Ruhe ein Buch lesen kann, bis ein, zwei Uhr nachts, und mich hineinvertiefe in die Geschichten. Dabei wird mein Kopf wunderbar frei und ich kann mal etwas ganz anderes denken als im Berufsalltag. Das ist Erholung pur, alleine diese ruhigen Minuten zu haben. Ich gehöre übrigens zu den Lesern, die schon mal ein paar Seiten vorblättern, wenn es zu spannend wird.
Was haben Sie denn an Lesestoff in den Urlaubskoffer gepackt?
Früher habe ich pro Ferientag ein Buch mitgenommen. Bei zwei, drei Wochen kommt da einiges zusammen. Aber ich gestehe: Rein aus Gründen der Praktikabilität habe ich mir vor vier Wochen einen e-Reader zugelegt. Aber ich lese nur im Urlaub damit. Mir fehlt die Haptik. Das ist einfach kein Buch. Mein Mann und ich mögen Print, lesen mehrere Zeitungen, manches lese ich allerdings mittlerweile auch als e-Paper. Im Koffer sind Krimis wie „Ein letzter Sommer in Méjean“ von Cay Rademacher; das Buch fängt mit einer Ministerin an und spielt in Frankreich. Die neue Biografie von Michelle Obama kommt auch mit, eine interessante Persönlichkeit.
Haben Sie ein Lieblingsbuch, in das Sie über die Jahre hinweg immer mal wieder schauen?
Ein Buch, das einen Nerv getroffen hat, ist zum Beispiel „Blackout“ von Marc Elsberg, ein hoch spannender Technik-Thriller über einen Hackerangriff und Sicherheitsthemen, die mich auch beruflich sehr beschäftigt haben und auch noch beschäftigen.
Sie haben viel gelesen, haben Sie alle Werke auch behalten?
Aber ja! Ich behalte alle! Bücher dürfen nicht weggegeben und schon gar nicht weggeworfen werden, finde ich, da bin ich ganz eigen. Gerade haben mein Mann und ich allerdings eine Diskussion. Eines Tages standen hier sechs Kisten, sechs!, im Wohnzimmer für Krimis, die mein Mann herausräumen wollte, um Platz für neue Bücher zu schaffen. Die Diskussion ist noch nicht zu Ende. Vielleicht müssen wir im Keller mehr Raum schaffen. Die Regale in allen Zimmern sind voll. Es gibt keinen Raum ohne Bücher. In der Küche stehen die Kochbücher, da gucken wir nicht so oft rein, aber ich finde sie schön.
Haben Sie auch ein Faible für Literaturklassiker?
Ja, früher habe ich zum Beispiel alle Werke von Dürrenmatt gelesen. Und klar, Thomas Mann – ein herausragender Schriftsteller. Ich hatte vor vielen Jahren die Gelegenheit, mit meinem Kollegen und Freund Peter Hintze in Pacific Palisades in Kalifornien das Exil von Mann zu besuchen. Wir erhielten die Gelegenheit, mit Manns früherem Privatsekretär zu sprechen, das war sehr beeindruckend.
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Sie haben eine 13-jährige Tochter, vermitteln Sie ihr gezielt das Interesse an Literatur?
Sicher, das ist sehr wichtig, schließlich gehört es zur Grundlage unserer Kultur. Wir gehen vor dem Urlaub meist zusammen in eine Buchhandlung und suchen für jede Woche ein Buch aus – aber natürlich ist ihr auch sehr wichtig, ob es in den Ferien WLAN gibt. Digitale Medien haben einen großen Stellenwert, heute wird anders und anderes gelesen als früher. Wir sprechen auch über Bücher, zum Beispiel hat sie gerade im Unterricht Peter Härtlings „Krücke“ gelesen, eine bewegende Familiengeschichte, die ich dann auch gelesen habe.
Haben Sie eigentlich früher mal daran gedacht, Ihr Interesse an spannenden Stories selbst zum Beruf zu machen?
Ja. Auf meiner Schule, der Liebfrauenschule in Köln, besuchte ich den Deutsch-Leistungskurs. Ich wollte eigentlich Deutsch und Geschichte studieren und gern Journalistin werden, mit Sprache umgehen. Dann kam der frühere WDR-Journalist Claus Hinrich Casdorff an unsere Schule zur Berufsberatung rund um Journalismus. Er riet dazu, sich auf ein Fachgebiet zu spezialisieren. Also habe ich mich für das Volkswirtschaftsstudium entschieden, währenddessen als freie Mitarbeiterin bei der Kölnischen Rundschau in der Wirtschaftsredaktion gearbeitet, dann bei „aktiv“ als Redakteurin. Ich war parallel politisch aktiv, bin in die Bundesgeschäftsstelle der CDU gewechselt und habe einen völlig anderen Weg eingeschlagen – aber das ist eine andere Geschichte...