AgnesviertelAntrag zur Sperrung der Neusser Straße treibt Keil zwischen Anwohner
Köln – Es soll ein Einschnitt werden für die Neusser Straße. Im wahrsten Sinne des Wortes. Vom Neusser Wall bis zur Weißenburgstraße kein Durchgangsverkehr mehr. Autos raus. Ganz im Sinne der Verkehrswende. So wollen es die Grünen in der Bezirksvertretung (BV) Innenstadt beantragen. Was die Neusser Straße entzweien würde, entzweit auch die Anwohner. Die geplante Verkehrsberuhigung sorgt für Unruhe im Agnesviertel. Die Debatte wird teils emotional geführt.
Agnesviertel: Straßensperrung für die Verkehrswende?
„Eine Verkehrswende erreiche ich nicht dadurch, dass ich einfach ein paar Straßen sperre“, sagt Reinald Korte. Geht es um die Sperrung der Neusser Straße sprudelt es aus dem stellvertretenden Vorsitzenden der Interessensgemeinschaft Neustadt-Nord nur so heraus. Er ist tief drin im Thema. Im vergangenen August veranstaltete die IG dazu eine Diskussionsveranstaltung. „Niemand war da für die Sperrung“, berichtet Korte. Seine Bedenken: „Wir bekommen in einem Maße Schleichverkehre, das wir heute noch gar nicht absehen können.“ Und: „ Der Neusser Platz droht zum Partyhotspot zu werden, wie der Brüssler oder gar der Zülpicher Platz.“
Schon jetzt gebe es die Tendenz dazu. Und werde der Platz durch die Sperrung größer, sei zum feiern mehr Raum. Auch Korten ist nicht immer zufrieden mit der Neusser Straße, so wie sie jetzt ist „Mit dem Rad dort zu fahren, das ist nicht immer schön.“ Werde in der zweiten Reihe geparkt, „dann wird es schon mal bunt“. Sein Vorschlag : „Erst einmal mit Tempo 30 anfangen.“ Und dann ein richtiges Verkehrskonzept, „von Profis, gemeinsam mit den Bürgern, und nicht nur von einer Community“, sagt er in Richtung der Grünen in der BV.
Bei Sperrung der Neusser Straße: Händler fürchten negative Auswirkungen
Mit seinen Sorgen ist Korte nicht allein. „Ich habe viele Kunden, die auf der Durchfahrt sind, hier morgens ein Medikament bestellen und es abends auf der Rückfahrt abholen, oder eben wissen, bei mir gibt es das vorrätig“, sagt Stefanie Tiggelbeck, Inhaberin der Ewaldi-Apotheke, im Schatten der Agneskirche.
Die Sperrung schade ihrem Geschäft, da ist sich die Apothekerin sicher, denn sie befinde sich in der Flugschneise der Zoobrücke. „Auch ich fahre hier gerne Fahrrad und gehe abends gerne mal raus, aber dafür einfach eine Durchfahrtsstraße sperren, das ist zu heftig“, sagt die Agnesviertelbewohnerin. Da wäre es doch besser, das noch löchrige Radwegenetz in den Seitenstraßen auszubauen, fordert sie.
Partyhotspot? Tiggelbeck sieht die Gefahr: „Im Lockdown war auf dem Neusser Platz abends die Hölle los.“ Uli Ormanns, Inhaber der Agnes-Buchhandlung, ringt noch um seinem Standpunkt. „Schön fände ich einen großen Platz ohne Verkehr schon, aber ich bin unsicher, wie sich das auf meine Buchhandlung auswirkt.“ Sorge, dass der Neusser ein zweiter Brüssler Platz werden könnte, „die kann ich schon verstehen“.
„Manche ballern mit 70 über die Neusser Straße“
Tim Huesmann ist sich seiner Sache sicher: „Kein Durchgangsverkehr mehr, das würden wir total unterstützen“, sagt er für sich und sein Team des Restaurants „Feuer und Flamme“ an der Neusser Straße. Autos und Lieferverkehr, das passe einfach nicht mehr in die Zeit und ins Agnesviertel. „Hier leben viele junge Familien mit ihren Kindern und dennoch ballern manche Autofahrer mit 70 über die Neusser Straße.“
Wenn die Apothekerin Stefanie Tiggelbeck Kundenverlust befürchtet, hofft er vielleicht auf mehr Gäste in der Außengastronomie? „Darum geht es mir nicht. Wir haben uns hier im Viertel etabliert.“ Das Geschäft laufe gut, mit oder ohne Sperrung.
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Sorgen, dass der Neusser Platz ein Partytreffpunkt werden könne, macht er sich nicht. „Wir haben hier im Agnesviertel eine gute Durchmischung von Geschäften und Gastronomie. Es gibt keinen Kneipencharakter.“ Partyvolk werde also nicht angezogen.