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Mal machen versus bloß nichtPro und Contra zu möglicher Sperrung der Neusser Straße

Lesezeit 3 Minuten
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Die Neusser Straße soll umgebaut werden. Doch das Bauvorhaben verzögert sich wohl um weitere Jahre.

Die Grünen wollen einen Antrag stellen, dass Teile der Neusser Straße im Agnesviertel für den Verkehr gesperrt werden. So wie unter den Anwohnern gibt es auch in der Redaktion Befürworter und Gegner dieser Idee. Tobias Wolff und Ingo Schmitz kommentieren das Thema. Einer argumentiert dafür, einer dagegen.

Pro von Tobias Wolff: „Einfach mal machen“

Auf ein Gesamtkonzept warten, das ohnehin nie kommt? Und falls aus Versehen doch, das schon am Tag der Umsetzung hoffnungslos veraltet ist? Solche St. Nimmerleins-Verschiebungen hat sich die Stadt im Wortsinne lange genug geleistet. Köln ist mehr denn je im Wandel, an jeder Ecke und an jedem Platz. Darauf ein wie auch immer geartetes Konzept überstülpen zu wollen, ist Stadtentwicklung aus dem letzten Jahrhundert.

Tobias Wolff.

Wie auch immer man zur Neusser Straße stehen mag: Ein starres Regelwerk, dem sich alles unterzuordnen hat, hilft nicht weiter. Und ein ebenso starres Festhalten an realitätsfernen Konzepten ebenso wenig.

Natürlich braucht es feste Rahmenbedingungen, unter denen sich einschneidende Veränderungen vollziehen können. Nicht überall ist alles möglich. Aber vieles deutlich mehr. Die ganzen Beispiele anderer Städte, auf die man sich so gerne beruft – Kopenhagen, Barcelona, seit Neuestem auch Paris und London – nirgendwo war jemals alles „aus einem Guss“, immer hat es im Kleinen angefangen. Glaubt wirklich ernsthaft jemand daran, das große Ganze (so es denn jemals käme) würde keine Kritik nach sich ziehen? Hätte man sich die Situation vor Ort mal besser angeschaut, werden sie sagen – und recht haben damit.

Es geht nicht darum, die einen hier oder die anderen dort zu piesacken. Es geht auch nicht um ein grünes Disneyland. Sondern darum, endlich mal anzufangen und der Zeit nicht immer und immer wieder hinterherzulaufen. Jede erfolgreiche Firma handelt nach einem einfachen Grundsatz, der manche Risiken, aber ungleich mehr Chancen birgt: Einfach mal machen.

Contra von Ingo Schmitz: „Über die Köpfe hinweg“

Ein Stückchen von der Zülpicher Straße, die Trankgasse, und jetzt vielleicht noch ein Bereich der Neusser Straße: Wenn es um das Zurückdrängen des Autoverkehrs geht, wird in Köln nach der Salamitaktik vorgegangen. Wo immer die Gelegenheit günstig zu sein scheint, wird ein Stückchen Straße „abgeschnitten“. Gesamtkonzept? Fehlanzeige. Das ist weder gut für die Mobilität in einer Großstadt noch für die Akzeptanz in der Bürgerschaft.

Ingo Schmitz.

Mit dem Verkehrsnetz einer Metropole verhält es sich ähnlich wie mit einem lebenden Organismus. Alles hängt mit allem zusammen und muss ganzheitlich betrachtet werden. Wer mal hier, mal da herumdoktert, wendet nichts zum Guten, sondern riskiert den Kollaps.

Dass die Lebensqualität zunehmen kann, wenn der Autoverkehr in beliebten Vierteln nicht mehr die Oberhand hat, wer wollte das bezweifeln? Doch gerade wenn es um Hauptachsen geht, muss der Blick geweitet werden. Verkehr verschwindet nicht über Nacht. Schon gar nicht, wenn es an Alternativen wie einem gut ausgebauten ÖPNV-Netz fehlt. Also werden die Autos einfach nur verdrängt. Aber wer wird dadurch belastet? Wo bilden sich Staus, die wiederum andere Achsen lahmlegen? Welche Geschäfte müssen Ausblutung befürchten?

Wer auf diese Fragen mangels Konzept keine Antworten geben und Lösungen anbieten kann, lässt einen großen Teil der Betroffenen einfach mit ihren Sorgen zurück. Eine so umgesetzte Verkehrswende wird sich unweigerlich gegen die wenden, die sie so durchsetzen wollen. Die Akzeptanz wird schwinden. Nachmessbar an der Wahlurne.

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