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Kölns Volksbühne muss leiser werdenLärmgeplagter Nachbar siegt vor Gericht

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Die Volksbühne wurde 2015 umfangreich saniert. 

Köln – Im Streit um den Konzertbetrieb in der Volksbühne am Rudolfplatz hat die Stadt Köln am Donnerstag eine deutliche Niederlage vor dem Verwaltungsgericht erlitten. Denn die Richter haben die im Jahr 2018 erteilte Baugenehmigung zur Nutzung des Theatersaals als „rechtswidrig“ eingestuft. Die Stadt habe in der Genehmigung die „Orientierungswerte der Freizeitlärmrichtlinie NRW“ nicht ausreichend berücksichtigt, so die Begründung. Es fehle an „Rücksichtnahme“ für die Nachbarn.

Erheblicher Rückschlag für den Verein

Für den Verein Freie Volksbühne bedeutet das Urteil einen erheblichen Rückschlag beim Versuch, die Spielstätte des einstigen Millowitsch-Theaters kostendeckend bespielen zu können. „Diese Entscheidung kratzt an der Existenz des Hauses. Ohne Konzerte würde die Volksbühne den Kern ihrer Identität verlieren“, mahnt Professor Hans-Georg Bögner, Vorstandsmitglied des Vereins. Gemeinsam mit der Stadt werde nun beraten, ob Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt werden. Dann müsste sich das Oberverwaltungsgericht Münster mit dem Fall befassen.

Kölns ältestes noch erhaltenes Theatergebäude

Beste Stimmung beim Kasalla-Konzert im Februar dieses Jahres in der Volksbühne am Rudolfplatz.

1936 zog das Millowitsch-Ensemble in das Jugendstil-Gebäude in der Aachener Straße 5. Das Haus aus dem Jahr 1905 war schon davor als Spielstätte und Ballsaal genutzt wurden. Unter dem Namen Millowitsch-Theater blieb die Spielstätte bis ins Jahr 2015 erhalten.

2015 übernahm die Betreibergesellschaft Volksbühne am Rudolfplatz Kölns ältestes noch erhaltenes Theatergebäude als Veranstaltungsstätte. Der neue Name: Volksbühne am Rudolfplatz. Fortan wurde die Bühne nur noch zur Hälfte des Jahres vom Millowitsch-Ensemble bespielt. In der restlichen Zeit standen Gastspiele, Events und Konzerte auf dem Programm.

2018 löste Peter Millowitsch sein Volkstheater-Ensemble nach sieben Generationen auf. Begründung: Die wirtschaftliche Situation und sein Alter. Seitdem wird das Programm ganzjährig von der neuen Geschäftsleitung gestaltet. (dha)

Unmittelbare Auswirkungen auf den Theaterbetrieb hat das Urteil zunächst nicht. Sollten keine Rechtsmittel eingelegt werden, wäre das Urteil ohnehin erst nach einem Monat rechtskräftig. Im Klartext heißt der Richterspruch jedoch, dass die Stadt nun eine neue Baugenehmigung erteilen muss. Mit höheren Lärmschutzauflagen. „Wir sind konsterniert. Denn wir hatten ohnehin schon die Beschallungsanlage erneuert, Lärmschutzmessungen durchgeführt und den Betrieb um 22 Uhr beendet“, sagt Axel Molinski, Chef der Betreibergesellschaft der Volksbühne.

Die Gemengelage rund um die Volksbühne ist komplex. Nach Informationen der Rundschau hatten gleich mehrere Anwohnerinnen und Anwohner gegen den Lärm der Volksbühne geklagt. Doch nur die Klage des direkten Nachbarn hatte Erfolg. Und: Das Verwaltungsgericht hat gleichzeitig die Klage der Volksbühne gegen die Baugenehmigung des Nachbarn abgewiesen. Die Stadt hatte dem Bürger den Umbau einer alten Gewerbeimmobilie zu Wohnraum gestattet – und zwar vor der Erteilung der neuen Baugenehmigung an die Volksbühne. Nachdem das Theater im Jahr 2015 von dem Verein übernommen worden war, fanden deutlich mehr Konzerte statt als zuvor. Diese „neue Nutzung“ war laut Gericht „weder von einer Baugenehmigung gedeckt noch bestandsgeschützt oder genehmigungsfähig“, heißt es in der Begründung.

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In der jetzt beanstandeten Baugenehmigung hatte die Stadt jedoch bereits eine Verbesserung der Lärmschutzmaßnahmen vorgeschrieben. Binnen drei Jahren sollten technische Veränderungen herbeigeführt werden, erst im Jahr 2019 hatte der Finanzausschuss der Stadt hierfür einen Zuschuss von 21 000 Euro genehmigt. Die Volksbühne hatte nach eigenen Angaben rund 50 000 Euro investiert. Zu den Auflagen gehört derzeit auch, dass die durchschnittliche Dezibel-Marke von 86 dB pro Stunde nicht überschritten werden darf. Eingebaute Messgeräte überwachen dies nun.

Dem Gericht war das alles nun jedoch zu wenig.