In unserer Serie „Mein Veedel" begleiten wir Kölner Prominente durch ihre Lieblingsstadtteile.
Heute zeigt Youtube-Star und Filmkritiker Dominik Porschen seine „places to be“ rund um den Kölner Hansaring.
Porschen hat Hollywoods Filmgrößen interviewt, lag Hugh Jackman in den Armen und moderiert die Berlinale. Aber Köln ist und bleibt der Ort, an dem er zu sich findet. Und bleiben wird.
Köln – Cinema Paradiso – gäbe es diesen Film über die zauberhafte Welt des Kinos nicht, würde man sich fast wünschen, ihn neu drehen zu dürfen: Mit Dominik Proschen in der Hauptrolle. Geht gar nicht anders. Kaum eine zweite Biografie wird so sehr einem Abziehbild der Filmhandlung gleichen, wie die des 34-Jährigen, der aus dem Film gepurzelt scheint – fast unheimlich die Parallelen, auf die der Filmkritiker und Moderator an diesem sonnigen Vormittag beim Spaziergang durch und um die Neustadt-Nord zu sprechen kommt.
Corona wird zum Lebensretter eines Kölners
Wir treffen Porschen dort, wo er seit Ausbruch der Pandemie regelmäßig seinen Tag einläutet: Auf einer Bank im kleinen Park am Kaiser-Wilhelm-Ring, lesend, Kreatives entwickelnd, Energie tankend. Nicht, ohne zuvor – „support your local dealer“ – einen Kaffee bei einer der nahe gelegenen Espresso-Bars zu kaufen. „Ein lieb gewonnenes Ritual“, wie Porschen sagt. Und einer der Gewinne, die Corona einem – von außen betrachtet – Pandemieverlierer gebracht hat.
Innerhalb von 24 Stunden habe ich meinen Job verloren, alle Veranstaltungen wurden abgesagt, keine Kino-Premieren, keine sonstigen Film-Events. Die Kinowelt erstarrte im Gleichschritt mit seiner langjährigen Beziehung. „Knockdown. Der komplette Zusammenbruch“, sagt Porschen. Stockt einen Moment. Und fügt, als seine ansteckende Lebensfreude wieder Oberhand gewinnt, strahlend an: „Heute fühle ich mich wie Phönix, der aus der Asche stieg. Ich bin glücklich wie nie zuvor, die Pandemie hat mir das Leben gerettet.“
Der Kölner Filmkritiker, Moderator und Youtuber Dominik Porschen (1987) ist im Rhein-Erft-Kreis aufgewachsen und hat 2010 sein Studium der Medienökonomie an der Rheinischen FH Köln mit Diplom abgeschlossen. Von 2012 bis 2015 produzierte er für Mediakraft den Filmkanal „die Filmfabrik“. 2015 gründet er den Youtube-Kanal „Filmlounge“, 2016 die Firma „TubeLounge GmbH“. Seit 2013 moderiert er nationale und internationale Filmpremieren, u.a. die Filmmesse Köln und diverse Veranstaltungen der Berlinale. Mit seinem Solo-Bühnenprogramm „Spoil Doch!“ tourt er durch Deutschland. (Foto: Martina Goyert)dominik.porschen@tubelounge.tvww.youtube.com/filmloungewww.instagram.com/dieserdopo
Corona und Trennung haben Porschen, dessen Arbeitswochenstunden bis dato nicht selten dreistellig ausfielen, der von Flieger zu Flieger, von Kinosaal zu Kinosaal sprintete, eine Vollbremsung beschert. In den Rückwärtsgang getrieben. Was kann ich? Was ist mir wichtig? Welche Menschen brauche ich in meinem Leben? Das Ergebnis seiner Innenschau in drei Sätzen: „Die eigene Wertschätzung meiner Arbeit ist gestiegen. Ich weiß jetzt, was ich kann. Es ist okay, der Nette zu sein, aber auch mal Nein zu sagen: Ich möchte nie mehr rund um die Uhr im Einsatz sein.“ Stattdessen: Öfter mal im eigenen Veedel zu sich selbst finden.
Hochwertige und lebensnahe Kölner Gastronomie
Wir schlendern Kölns Kino-Meile entlang – vom Hansaring, wohin Porschen 2018 zog, um nah an seinen Wirkstätten zu sein: Residenz, Filmpalast, Cinedom, Rex am Ring und Filmpalette, alle einen Steinwurf von seinem Zuhause entfernt – über den Kaiser-Wilhem- zum Hohenzollernring. „Hier gibt es außerdem so unfassbar hochwertige und lebensnahe Gastronomie, auch das erhöht die Lebensqualität!“ Am Filmpalast hält Porschen inne und erzählt von den Zeiten, in denen seine Liebe zum Kino aufkeimte. Zack, da ist er, der aus Cinema Paradiso Gepurzelte.
„Ich wuchs in einem Dorf bei Erftstadt auf, war kein Raufbold wie die anderen Jungs, eher der kommunikative Typ, was auf dem Land ähnlich schlecht ankam, wie mein Outing“, sagt Porschen. Also flüchtet er vor rauem Alltag und rigiden Altersgenossen in die Filmwelt, genauer: ins Capitol Kerpen, wo er sich in die Geschichten der Filmfiguren träumt und von den Happy Ends motivieren lässt, fest daran zu glauben, „dass Du alles sein und werden kannst, was Du möchtest.“ Drei Jahre lang besucht er mehrfach in der Woche das kleine Kino, bis er irgendwann den Besitzer Bernd Schmitz fragt, ob er nicht mithelfen könne. Porschen wird Filmvorführer, liebt die Arbeit an den analogen Filmrollen – und die Happy Ends.
In den Armen von Hugh Jackman
„Während mich alle anderen belächelten und sagten: Dominik, träum nicht so groß, hat Bernd von Anfang an daran geglaubt, dass ich mit meiner Kinoliebe einen Platz in der Branche finde.“ Schmitz sollte Recht behalten: Porschen hat sie fast alle interviewt, die Filmdiven und - Größen Hollywoods. Hat zum Beispiel Hugh Jackman („Der netteste Mensch der Welt“) in den Armen gelegen, mit Michael Fassbender Kölsch im Berliner Soho House getrunken, kann sich bis heute
nicht entscheiden können, welche Begegnung die sympathischere war: Mit Game-of-Thrones-Star Peter Dinklage oder Mimin Emilia Clarke? Egal! Viele dieser magischen Begegnungen, die sich Porschen im Kerpener Kino herbeiträumte, hat ihm seine berufliche Laufbahn inzwischen beschert.
Vom Student zum Youtube-Star
Auf dem Weg durchs Belgische Viertel zum Stadtgarten lässt er seinen Werdegang Revue passieren – der sei hier, entsprechend des dabei vorgelegten Tempos („Ich habe Gas gegeben auf dem Weg zum Traumjob), im Zeitraffer zusammengefasst: Sieben Semester Studium an der Rheinischen Fachhochschule Köln, Abschluss: Diplom-Medienwirt; auf Anraten seiner Studienleiterin („Dominik, Du gehörst auf die Bühne, nicht in die Agentur“) 2010 sofortiger Start in die Selbstständigkeit als Filmkritiker und Youtube-Influencer; 2015 Gründung der „Filmlounge“, und der eigenen Firma „TubeLounge GmbH“(2016), mit der er und sein Team unter anderem Film-Premieren und Kino-Events für Studios, Sender und andere große (Medien-)unternehmen organisieren und inszenieren.
„Das Schönste an meinem Job: Wenn es mir gelingt, mein Publikum so zu unterhalten, dass es für zwei, drei Stunden dem Alltag entfliehen kann, was die Lebenszeit liebenswerter macht“, sagt Porschen und streut einen politischen Seitenhieb ein: „Schade, dass das die Politik während der Pandemie nicht zu schätzen wusste und uns ebenso wie Künstler und Gastronomen kaum supportet hat. Klar, wir retten keine Leben, aber wir verbreiten Freude und magische Momente. Wenn alle gesund sind, aber niemandem mehr Lebensfreude geboten wird, hat sich das mit der Gesundheit auch schnell erledigt.“
Der Stadtgarten, ein Synonym für Kölns Event-Kultur
Ein guter Gastgeber zu sein, sei seine Motivation, was ihn mit Kunstschaffenden und Gastronomen verbinde, sagt Porschen, an dem zum Zeitpunkt unseres Treffens noch verschlossenen Tor des Stadtgartens stehend. Wo er jenseits von Corona „irre schöne Freizeitmomente“ im Biergarten, bei Partys und Konzerten erlebt hat. „Der Stadtgarten und sein Club stehen für mich stellvertretend für die vielen Event-Locations in Köln, wo ich Menschen
treffen, Energie tanken und den Moment vergessen kann. Ich vermisse sie, wie die Luft zum Atmen“, sagt Porschen und ist auch schon um die Ecke „gehüpft“ – in den Park. Ein Ort, an dem Porschen, wie auch am ein paar hundert Meter weiter gelegenen Herkulesberg, in den vergangenen 14 Monaten zu sich selbst gefunden hat.
Stammgast in der Suderman-Bar
„Bei den gefühlt 200 Spaziergängen, die ich hierhin gemacht habe, sind die wichtigsten Erkenntnisse des Jahres gereift.“ Einige sind schon erwähnt, aber auch wichtig ist Dominik Porschen, dass er künftig häufiger „den Moment genießen, spannende Menschen und gute Gastgeber erleben“ möchte. Wie in einer seiner Stamm-Locations – „support your local dealer“ – dem Suderman. An der Bar im Herzen des Agnes-Viertels, dem Sudermanplatz, „fühlt es sich an, wie nach Hause zu kommen“, sagt Dominik Porschen.
Wie zum Beweis, fragt Bar-Chefin Katrin Löcher, als sie Dominik Porschen aus ihrer neu gezimmerten „Außen-Bar“ heraus nähern sieht: „Hi, heute wieder ein Mandarin-Smash? Die anderen Drinks sind eher nichts für Dich: zu floral!“ Porschen nimmt gleich eine ganze Flasche mit. Den Service hat die Bar im Lockdown ersponnen. „Soul to soul“ heißt er („eine Seele für die andere“) und ermöglicht den Gästen im Lockdown den Lieblingsdrink, samt Erinnerung an den Bar-Besuch, flaschenweise mit nach Hause zu nehmen.
Apropos nach Hause: Das ist für Dominik Porschen das Suderman – und ganz Köln. „Ich komme viel rum auf dem Globus, aber die Quote der Menschen mit Herzlichkeit ist in dieser Stadt unerreicht. Die gibt es hier im Übermaß“, sagt Porschen, der Menschenfreund. Womit sich auch die Frage nach Berlin erübrigt hätte. Oder Hollywood.