Kölner InnenstadtGroßer Ärger um viele Falschparker in Ladezonen
Köln – Er sagt es mit geballter Faust: „Das System ist gescheitert. Es ist am Ende“, platzt es aus Andreas Hupke (Grüne), Bezirksbürgermeister in der Innenstadt, heraus. Nein, der Grünenpolitiker, der gerne auch mal für revolutionäre Ansätze zu haben ist, mein nicht das große Ganze, er meint die Ladezonen. Eine, am Rathenauplatz, hat er täglich vor Augen. „Zugeparkt. Die ist immer zugeparkt.“ Selbst härteste Restriktionen würden nicht helfen. „Der Abschleppwagen ist noch nicht um die Ecke, da steht der Nächste schon dort.“ Hupke fordert nicht weniger als einen Systemwechsel. Weg von der alleinigen Bestreifung durch Politessen, hin zu einer smarten App für ein Anmeldesystem.
Der Bezirksbürgermeister hat nicht am Rande des Rathenauplatzes Halt gemacht. Wo immer er in der Kölner Innenstadt die Ladezonen in den Blick nahm, auf Verstöße musste er nicht lange warten. „Möbellieferanten oder Umzugsunternehmen müssen sich in die zweite Reihe stellen, weil die Ladezonen als Parkplatz missbraucht werden.“
Kein neues Problem in Köln
Das Problem ist nicht neu. Anfang 2018 stellte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln eine von ihr beauftragte Studie vor. Das Ergebnis: Mehr als 80 Prozent der Ladevorgänge fanden in zweiter Reihe statt. In 60 Prozent dieser Fälle war der Grund, dass Ladezonen von Pkw widerrechtlich zugestellt wurden. Ladezonen müssten klarer geregelt und Verstöße strenger geahndet werden, forderte damals Dr. Ulrich Soénius, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK. Doch laut Hupke hat sich seitdem nichts gebessert. Im Gegenteil: „Es ist immer schlimmer geworden.“
Ein Problem sind die komplizierten Kontrollen. In der Innenstadt gibt es 1613 Ladezonen. Drei Minuten kann jedermann in ihnen parken und laden. Die Kontrolleure des Ordnungsamtes müssen also mindestens zweimal vorbeikommen, und die Lage sondieren.
Einige Ladezonen werden dauerhaft benutzt
Hupke weiß zudem von Tricks: „Es gibt Handwerksbetriebe, die nutzen die Ladezonen als Firmenparkplätze.“ Handwerker dürfen für eine Dienstleistung längerfristig in der Ladezone stehen. Kontrolle schier unmöglich: Der Bezirksbürgermeister hat Betriebe ausgemacht, die Ladezonen in ihrem Viertel dauerhaft nutzten.
Nun könnte dem Grünen-Politiker entgegengehalten werden, gerade seine Partei setzt durch, dass immer mehr Stellplätze in der Innenstadt wegfallen. Bei weiterhin steigenden Zulassungszahlen – im Jahr 2020 erneut ein Plus von 2198 Pkw in Köln – nimmt der Parkdruck so exponentiell zu. Und das ist von den Grünen durchaus gewollt. Autofahren in der Innenstadt soll zur Last, Autofahrer zum Umsteigen auf Rad und ÖPNV umerzogen werden.
Pilotprojekt Stuttgart
Gemeinsam mit der Universität Stuttgart und dem Plattformanbieter Parkunload hat Stuttgart das digitale Lieferzonen-Management im vergangenen August gestartet.
Es funktioniert über eine Smartphone-App in Kombination mit sensorbasierten Verkehrsschildern. Durch die Nutzung der App können Fahrer in Echtzeit prüfen, wo es freie Ladezonen gibt. Beim Erreichen der Zone wird diese als belegt gemeldet. Ergebnisse zum Projekt liegen noch nicht vor.
Laut Stadt Köln laufen diese Projekte jedoch nicht reibungslos. Auch gebe es rechtliche Hürden. Es werde beobachtet, ob solche Lösungen für Köln in Frage kommen. In 2020 wurden in Kölner Ladezonen 74 326 Verstöße geahndet. (ngo)
Nun ist Hupke zu lange in Amt und Würden, als dass er sich mit politischer Spiegelfechterei aufhält. „Ist so“, sagt er knapp zu dem Gegenargument – und konkretisiert seine Forderung: „Es braucht eine intelligente Lösung für die Ladezonen. Nutzer sollten sich über eine App anmelden müssen, die Stadt den Zugang kontrollieren. „So etwas gibt es schon“, hat er gehört.
Stimmt. Stuttgart führt bundesweit ein erstes Pilotprojekt mit einem Anbieter aus Spanien durch (siehe Infotext). Über das Smartphone können Nutzer freie Ladezonen ausmachen und buchen. Das Ordnungsamt kann über die Daten auf einen Blick erkennen, ob ein Falschparker oder ein angemeldeter Nutzer in der Ladezone steht.
„Wenn das funktioniert, gerne, dann bin ich dabei“, sagt Soénius. Von Kontrollen würde das selbstverständlich nicht befreien. Die fordert er nach wie vor in erhöhtem Maß. Er regt auch an über ein System mit versenkbaren Pollern nachzudenken. Der ADAC-Nordrhein fordert gebetsmühlenartig „smarte Lösungen“ zu nutzen. „Der Parkdruck in Köln ist zu hoch, als das beim parken alles so weiter laufen kann wie bisher“, sagt ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold.
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Die Domstadt würde auch heute noch zu wenige der Möglichkeiten in diesem Bereich nutzen.