Das Wallraf-Richartz-Museum muss wegen umfangreicher Mängel von 2026 bis 2028 schließen. Die Sanierung kostet 29 Millionen Euro.
Sanierung in KölnWallraf-Richartz-Museum muss für anderthalb Jahre schließen – Kosten steigen
Mit Reden war wohl nichts mehr zu retten. Eigentlich wollte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Schließung des Wallraf-Richartz-Museums in einem Gespräch mit allen Beteiligten noch abwenden. Doch die Liste der Mängel in dem Bau nach den Plänen des Architekten Oswald Mathias Ungers ist so lang, dass sich Kölns Baudezernent Markus Greitemann und Projektmanager Jürgen Volm beim besten Willen nicht vorstellen können, wie sie im laufenden Betrieb abgearbeitet werden könnte. Der Zeitplan sieht eine Schließung von September 2026 bis zum April 2028 vor. Eine Interimslösung soll es für diese 18 Monate nicht geben. Und um den Reigen der schlechten Nachrichten zu komplettieren: Statt der einst geschätzten 18 Millionen Euro soll die Sanierung nun 29 Millionen Euro kosten.
2001 wurde der Ungers-Bau eröffnet. Nun, 24 Jahre später, sind es nicht weniger als 40 Mängel, die Volm nach seiner Bestandsaufnahme aufgelistet hat. Der dickste Posten auf dieser Liste: Die Trinkwasserleitungen. Die gelöteten Kupferrohre wurden vom kalkhaltigen Kölner Wasser schier zerfressen. Wasserschäden in den vergangenen Jahren deuteten diesen Befund schon an.
Kaum besser steht es um das Abwassersystem des Hauses. Dicht gefolgt von der Kälteanlage. An dieser Anlage macht sich zudem fest, dass die Versorgungsschächte des Hauses nicht ausreichend dimensioniert wurden. „Um die Kälteanlage zu demontieren, müssen wir die Lüftungsanlage zurückbauen“, erklärt Volm. Das alles sei „recht aufwendig“ und habe direkte Auswirkungen auf den Betrieb, erklärt der Projektmanager, der sowohl für die Sanierung des Ungers-Baus wie auch für die Neuerrichtung des geplanten Erweiterungsbaus zuständig ist.
Der Erweiterungsbau soll den Raum bieten, um die Werke aus der Schenkung des Unternehmers Gérard J. Corboud präsentieren zu können. Vor rund 25 Jahren wurde das der Familie des passionierten Kunstsammlers versprochen. Nach vielen Verzögerungen, Krisengesprächen und der Androhung der Erbengemeinschaft, die Schenkung zurückzuziehen, soll nun im Herbst 2025 der Grundstein für den Erweiterungsbau gelegt werden. Und das hat direkt Auswirkung auf die Sanierung des Bestandsgebäudes. Denn beides, Neubau und Sanierung müssen Hand in Hand gehen. Im ersten Quartal 2028 sollen die beiden Gebäude technisch wie baulich miteinander verbunden sein und der Stadt übergeben werden.
Doch schon jetzt, noch vor der Grundsteinlegung, kann Baudezernent Greitemann auch für den Erweiterungsbau eine schlechte Nachricht verkünden. Auf die dafür kalkulierten Baukosten in Höhe von 95 Millionen Euro muss nun noch ein Kostensteigerungsfaktor von 30 Prozent aufgeschlagen werden. Der Neubau wird also nach jetzigem Stand 123,5 Millionen Euro kosten. Zuzüglich der Kosten für die Sanierung des Bestandsgebäudes präsentiert also das Baudezernat eine Rechnung für das Wallraf-Richartz-Museum von 152,5 Millionen Euro.
Museum Wallraf in Köln: Nach 25 Jahren bereits voller Schäden
Dass ein Gebäude 25 Jahre nach der Schlüsselübergabe in einem so schlechtem Zustand ist wie nun der Ungers-Bau, bezeichnen Greitemann wie Volm als nicht adäquat. Der Sicherheitstechnik wie auch den Aufzügen hält Greitemann noch zugute, einfach „am Ende ihres Lebenszyklus“ zu sein. Doch das Abwasser- wie Trinkwassernetz des Hauses weise so „erhebliche Schäden“ auf, die schlicht auf Baufehlern beruhten. „Wir müssen in die Substanz des Gebäudes rein“, beschreibt der Baudezernent die Konsequenzen. Große Teile der Wand- und Deckenverkleidung müssten runter. Greitemann versucht, die lange Strecke der nun anstehenden Arbeiten mit einem Blick aufs Ziel erträglich zu machen: „Am Ende werden wir mit dem sanierten Bestandsbau und dem Erweiterungsbau ,ein' Gebäude haben, bei dem wir 20 bis 25 Jahre Ruhe haben.“
Angesicht der langen Liste voller kapitaler Schäden erscheint eine Schließung über „nur“ 18 Monate fast schon kurz. Es wäre nicht der erste Sanierungsfall in Köln, der solche Zeitpläne ad absurdum führt. Projektmanager Volm gibt an diesem Punkt Anlass zu Zuversicht und Sorge zugleich. Der Schließungsphase geht bereits ab April 2026 eine Phase mit vorgezogenen Bauleistungen im Betrieb voraus.
Würden sich dabei Aufgaben ergeben, die im Betrieb nicht zu leisten seien, müssten die in das Zeitfenster der Schließung gelegt werden. Das sei so ausreichend bemessen, um auch noch Unwägbarkeiten aufnehmen zu können. Greitemann und Volm sprechen unisono von einem „maximalen Zeitfenster“ und wollen damit Hoffnung machen, es könnte auch zu einer kürzeren Schließungsphase kommen. Jedoch, so gründlich auch die Bestandsaufnahme gewesen sei, die ganze Wahrheit sehe man erst, wenn die Wände offen seien, räumt Volm ein. In einer Stadt mit einer apokalyptisch verlaufenden Opernsanierung, in der es ungewiss ist, wann das Stadtmuseum jemals rauskommt aus dem Interim und in dem das Römisch-Germanische Museum schon seit rund sechs Jahren geschlossen ist, ohne, dass die Sanierung überhaupt mal begonnen hätte, wirken solche Worte wie ein Blick in den Abgrund.
Ein Abgrund, vor dem sich Peter Jungen aufbaut, Vorsitzender des Stifterrates Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud. Seinen hartnäckigen Engagament ist es nicht unwesentlich zu verdanken, dass nunmehr die Grundsteinlegung für den Erweiterungsbau in Sicht ist. Er wirft der Stadt bei der Erstellung des Sanierungsplans für den Ungers-Bau eine „ziemlich schlechte Kommunikation“ vor. Erfuhr die Öffentlichkeit doch durch eine Ausschreibung der Sanierungsarbeiten von der vorgesehenen Schließung des Museums, anstatt durch eine städtische Mitteilung. Und die lange Liste der Baumängel am Ungers-Bau beweise die „völlige Abwesenheit einer Instandsetzungsstrategie“. Nicht minder deutlich mahnt Jungen „Es wäre ein Aberwitz, wenn der Erweiterungsbau bereits fertig wäre, bevor die Sanierung des Bestandsbaus abgeschlossen ist.“ Um das zu verhindern, müssten Prioritäten gesetzt werden. Aus seiner Sicht dürfe der Bau einer neuen Garderobe auf keinen Fall den Zeitplan kippen.