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E-Scooter in Köln„Stadt fehlt eine Gesamtstrategie“ - Positivbeispiel Düsseldorf

Lesezeit 7 Minuten
So soll es nicht sein: Am Rande der Parkverbotszone in der Kölner Altstadt blockieren viele E-Scooter einen Zebrastreifen.

So soll es nicht sein: Am Rande der Parkverbotszone in der Kölner Altstadt blockieren viele E-Scooter einen Zebrastreifen.

Im Interview spricht der Vorsitzende des E-Scooter-Branchenverbands Plattform Shared Mobility über die schwierige Situation in Köln und hohe Gebühren.

Martin Becker ist Vorsitzender des Branchenverbands Plattform Shared Mobility, der sich für die Interessen der E-Scooter-Verleihfirmen einsetzt. Simon Westphal sprach mit ihm.

Herr Becker, wie geht es der E-Scooter-Branche?

In den vergangenen zwölf bis 24 Monaten ist die Situation durch einen hohen Konsolidierungsdruck gekennzeichnet gewesen. Anbieter haben sich aus einzelnen Städten oder sogar komplett aus Deutschland zurückgezogen. Andere Unternehmen haben sich zusammengeschlossen, es gab Übernahmen, auf der anderen Seite aber auch Unternehmen, die in vereinzelten Städten neu gestartet sind.

So soll es sein: Eine der Parkzonen in der Kölner Innenstadt.

So soll es sein: Eine der Parkzonen in der Kölner Innenstadt.

Wie läuft es in Köln?

Köln ist vom Verkehrsnetz und den üblichen Wegstrecken her eigentlich eine ideale Stadt für Fahrräder, E-Bikes und E-Scooter. Die Nachfrage ist nicht das Problem, das sehen wir auch an unseren Ausleihzahlen. Die E-Scooter sind in Köln zu einem echten Verkehrsmittel geworden, das den öffentlichen Nahverkehr als wichtiger Zubringer ergänzt.

Als Problem sehen die Anbieter vor allem die hohen Gebühren. Die Stadt Köln verlangt bis zu 130 Euro pro Roller und Jahr. Im Vergleich mit anderen Städten ist das sehr viel.

Das ist eine Abwehrregulierung. Die Stadt versucht damit, das Geschäft für die Anbieter wirtschaftlich unattraktiv zu machen. Und es funktioniert. Die Firma Dott hat sich aus diesem Grund aus Köln zurückgezogen. Andere Unternehmen haben gesagt: Wir bleiben trotz der hohen Gebühren, weil Köln eine wichtige Stadt ist, die hohes Potenzial besitzt. Viele tausende Kölnerinnen und Kölner verlassen sich tagtäglich auf E-Scooter als Mobilitätsform ihrer Wahl.

Die Firma Dott hat sich aus diesem Grund aus Köln zurückgezogen. Andere Unternehmen haben gesagt: Wir bleiben trotz der hohen Gebühren, weil Köln eine wichtige Stadt ist, die hohes Potenzial besitzt.
Martin Becker über die hohen Gebühren.

Gefallen lassen haben die Anbieter sich die Gebühren aber nicht. Sie haben geklagt.

Und wir haben Recht bekommen. Zumindest erst einmal insoweit, dass die Umsetzung falsch war. Die Stadt musste die Satzung ändern, von einer Jahresgebühr auf eine Monatsgebühr.

Die Höhe der Gebühren ist geblieben. Wie geht es jetzt weiter?

Die Normenkontrollklage beim Oberverwaltungsgericht in Münster ist eingereicht. Da geht es jetzt um die Gebührenhöhe. Den Zeitplan muss das Gericht jetzt bestimmen.

Was wäre aus Ihrer Sicht eine angemessene Gebührenhöhe?

Grundsätzlich ist eine Gebühr völlig okay. Vor allem, wenn dadurch die Infrastruktur ausgebaut wird. Was die Höhe angeht, sehen wir rund 36 Euro pro Scooter pro Jahr als eine gute Variante. Richtig und fair wäre eigentlich die gleiche Gebührenhöhe, die für Leih-Fahrräder gezahlt wird. Das sind 10 Euro pro Fahrzeug pro Jahr.

E-Scooter in Köln: Ausschreibungen werden immer weiter verschoben

Regulierungen wären auch über Ausschreibungen möglich. In Deutschland hat es so etwas in größerer Form noch nicht gegeben. Auch Köln hat die Pläne dafür vorerst verworfen. Warum?

Die Pläne werden immer weiter verschoben, die Städte wollen den hohen Aufwand für den Prozess nicht eingehen. Die Städte warten ab, ob die Konsolidierung voranschreitet und noch mehr Unternehmen die Stadt verlassen. Wenn nur noch zwei oder drei übrig bleiben, würde sich die Lage in einer Stadt wie Köln entspannen. Weniger Anbieter bedeuten auch weniger Scooter. Auf der anderen Seite dieser Denkweise steht aber das Fehlen einer Gesamtstrategie. Man verpasst es damit, die Vorteile der geteilten Mikromobilität für die Stadt nutzbar zu machen.

„Gibt es Städte, die es besser machen?“

Auch, wenn einige Kölnerinnen und Kölner es vielleicht nicht hören mögen: Düsseldorf ist ein gutes Beispiel. Dort hat die Stadt ein Gesamtkonzept für das Thema der Shared Mobility erstellt, auch der Carsharing-Bereich ist Teil des Ganzen. Wir haben der Stadt dafür alle unsere Daten zur Verfügung gestellt. Entstanden ist ein Vorgehen, das sowohl stadtverträglich ist, für den Nutzer Vorteile bietet, als auch für uns wirtschaftlich funktioniert. Es gibt dort ein sehr gut ausgebautes Netz an Parkstationen. Und es gibt eine Firma, die das gesamte Management der Shared Mobility im Namen der Stadt betreibt. Sowas würden wir uns auch für Köln wünschen.

Im April hat der Verkehrsausschuss die Verwaltung damit beauftragt, ein Konzept für Parkflächen zu entwickeln. Ein guter Anfang?

Der erste Schritt ist getan, jetzt könnte man sich zum Beispiel mal mit den Anbietern zusammensetzen, oder mit den Düsseldorfern. Auch wir stellen unsere Mobilitätsdaten gerne zur Verfügung, um Bedarfe zu identifizieren und Lösungen zu finden.

Gibt es dafür bereits Gespräche mit der Stadt?

Ja, anlassbezogen sind wir mit der Stadt in Gesprächen.

In der Altstadt hat die Stadt bereits Parkflächen eingerichtet. Dort hat sich die Situation deutlich verbessert. Je dichter das Netz der Parkflächen ist, desto besser wird geparkt.
Martin Becker

Viele Kritiker schimpfen auch Jahre nach der Einführung über Roller, die im Weg stehen. Wie kann man das Problem lösen?

In der Altstadt hat die Stadt bereits Parkflächen eingerichtet. Dort hat sich die Situation deutlich verbessert. Je dichter das Netz der Parkflächen ist, desto besser wird geparkt. Wenn diese Netze eingerichtet sind, dann lassen auch die Beschwerden über Fahrzeuge nach, die im Weg stehen. Erkenntnisse aus Städten, wo in diese Richtung viel passiert, zeigen das. Beispiele neben Düsseldorf sind Berlin oder München. International gibt es in Oslo und Stockholm Vorzeigemodelle. Geholfen hat auch die Einführung der verpflichtenden Parkfotos. Jeder abgeschlossene Parkvorgang muss inzwischen mit einem Foto in der App dokumentiert werden und wird durch unser System überprüft.

Macht eine Ausweitung der Parkzonen auf die ganze Stadt Sinn?

Wenn das System dicht ist, kann das funktionieren. Negativbeispiel ist Leipzig. Die wollten mal über 200 Parkplätze einrichten, sind jetzt aber nur bei knapp 80. Weitere 50 Stationen sind in Planung, verzögern sich seit zwei Jahren aber in der Umsetzung. Da ist ein wirtschaftlicher Betrieb für die Anbieter kaum möglich. Die Nachfrage der Nutzer ist dadurch wirklich schlecht, weil die Wege zum nächsten Fahrzeug zu groß sind, da verpufft der Mehrwert.

E-Scooter in Köln: Mischung aus Parkzonen und Freefloating-System

Es geht also um eine gesunde Mischung zwischen Parkzonen und dem Freefloating-System?

Genau. Auch das Freefloating-System hat Vorteile. Dadurch sehen wir, wo die Nutzer herkommen, wo sie nach einem Scooter schauen und auch wo sie hinwollen. Daraus kann man auch wieder Erkenntnisse ableiten, die der Stadt in der Mobilitätsplanung helfen. E-Scooter-Sharing kann auch deshalb ein echter Mehrwert. Das sind Daten, an die die Städte ohne E-Scooter gar nicht rankämen.

Wo muss Köln weiterhin ansetzen?

Leih-E-Scooter, Leih-Fahrräder und andere Angebote dürfen nicht losgelöst voneinander geplant werden. Ideal wäre es, öffentliche Radstellanlagen in die Planung für geteilte Mobilität direkt mit einzubeziehen. Alles muss zusammengedacht werden. Nur so kann ein großflächiges Angebot an Parkflächen geschaffen werden. Viele Fahrzeuge an vielen Orten. Positiv muss man erwähnen, dass Köln einen guten Weg gefunden hat, Parkplätze für Autos rechtssicher und schnell in Flächen für E-Scooter und Fahrräder umzuwandeln. Und dann geht es darum, was die Stadt in welchen Veedeln für Pläne hat. Durch Kommunikation können wir dann passende Lösungen finden.


„Raumbuch Mobilstationen“ in Planung – Düsseldorf hat schon fünf mal mehr Parkflächen

Im April hat die Politik die Verwaltung beauftragt, ein Konzept für Parkflächen zu erarbeiten. „Die politische Beratung hierzu läuft aktuell“, teilt die Stadt auf Anfrage mit.

Entstehen soll das sogenannte „Raumbuch Mobilstationen“, das 1000 Stationen für E-Scooter, Lastenrad, Carsharing und Taxis beinhalten soll. Das übergeordnete Ziel: Es soll leichter werden, zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln zu wechseln und sich umweltfreundlicher fortzubewegen. „In der Zwischenzeit wird die Verwaltung bereits proaktiv zusätzliche Rückgabebereiche für E-Scooter und Leihräder verstärkt im Innenstadtbereich einrichten, um die dort vorhandene Abstellverbotszonen sukzessive zu erweitern“, teilt die Verwaltung mit.

Aktuell gibt es 34 eingerichtete Parkzonen für E-Scooter, vor allem in der Altstadt. Dort ist eine Rückgabe der Fahrzeuge nur auf diesen Flächen möglich. Das Problem sind vor allem die Randbereiche außerhalb der Verbotszonen, wo Roller verstärkt abgestellt werden. In diesen Randbereichen plane die Stadt weitere Rückgabebereiche.

174 Parkflächen für E-Scooter gibt es zum Vergleich bereits in Düsseldorf, teilt ein Sprecher der Landeshauptstadt auf Anfrage mit. Bereits 2021 entstand in Düsseldorf die „Scooter-Strategie für den Umgang mit E-Scooter-Sharing“. Im Innenstadt-Bereich setzt die Stadt auf feste Parkflächen, im restlichen Stadtgebiet gilt das Freefloating-Prinzip ohne feste Parkzonen. Erkenntnisse für die Errichtung der Parkzonen zog die Stadt auch aus den Mobilitätsdaten der Anbieter. Die Sondernutzungsgebühr beträgt für die Anbieter 50 Euro pro Fahrzeug und Jahr. Zum Vergleich: In Köln sind es bis zu 130 Euro, die pro Fahrzeug anfallen. Das Management der Gesamt-Strategie übernimmt die Connected Mobility Düsseldorf GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Stadt.