Für 460.000 Euro hat die Stadt einen großen Kasten aus Edelstahl auf dem Rheinboulevard aufstellen lassen. Seine Funktion erschließt sich den wenigsten auf Anhieb.
Kontroverse um KlotzSo denken Passanten über den Stahlkubus auf dem Rheinboulevard

Wuchtige Erscheinung: So sieht die Einhausung aus Edelstahl auf dem Rheinboulevard aus, unter der sich römische Mauerreste befinden.
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Rätselraten auf dem Rheinboulevard: „Was ist das?“, fragen sich Touristen und Einheimische, die an dem Kubus aus Edelstahl in Höhe der Kirche Alt St. Heribert vorbeischlendern. „Sieht aus wie ein Bunker mit Schießscharten“, sagt Sigrun Kniewel aus Cottbus. Ihr Mann Ulrich hält das Werk zunächst für ein Baustellenobjekt. „Mein erster Eindruck ist: Das holt noch jemand ab.“
Dass es sich hier um eine dauerhafte Einhausung handelt, die „dem Schutz, der Erhaltung und Präsentation der baulichen Überreste des römischen Westtores von Kastell Divitia“ dient, wie die Stadt auf Nachfrage erläutert, erschließt sich den Passanten auf Anhieb nicht.

Rita und Jens Hofmann aus Ostfriesland vor der neuen Stahleinhausung für römische Mauerreste auf dem Rheinboulevard.
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„Könnte auch eine Fahrradgarage sein“, meint Jens Hofmann aus Ostfriesland. „Nicht wirklich gelungen“ findet seine Frau Rita die Präsentation der Mauerreste nach einem Blick durch die Sehschlitze ins Innere des Kubus. Andere drücken es weniger dezent aus, sprechen von einem „Altglascontainer“, „Edelstahl-Monstrum“, „Archäobunker“ oder „Nirosta-Sarkophag“.
Fundstätte in Köln-Deutz gehört zum UNESCO-Welterbe
Dabei geht es hier um archäologische Funde von hoher Bedeutung. Das Kastell Divitia, das die Römer zwischen 308 und 315 n. Chr. als Brückenkopf ins Rechtsrheinische errichteten, gehört zu jenen römischen Zeugnissen, die 2021 als UNESCO-Welterbestätte Niedergermanischer Limes ausgezeichnet wurden. Unter dem Stahlkubus befinden sich die Reste des nordwestlichen Torturms des Westtores von Kastell Divitia.
Er habe nicht gedacht, dass der Bau schon fertig sei, meint Julius (29) aus Bayern. „So, wie man das gestaltet hat, werden die Funde ja eher versteckt als präsentiert.“
Wobei – ganz fertig ist die knapp fünf mal sieben Meter große und 2,80 Meter hohe Einhausung aus Edelstahlblech, die sich die Stadt Köln rund 460 000 Euro hat kosten lassen, tatsächlich noch nicht. Unter anderem fehlt noch die Beleuchtung im Inneren. An der Rückseite hat man die Sehschlitze provisorisch mit Holzplatten verschließen lassen.
Stadt Köln muss wegen Nagerbefall nachbessern
Grund: Nach der Aufstellung der Einhausung im Juni haben es sich offenbar Ratten oder Mäuse darin gemütlich gemacht. Darauf weisen Kotspuren im Inneren hin. Deshalb prüft die Stadt Köln nach Rundschau-Informationen jetzt, wie die Sehschlitze mit Drahtgittern oder Metallnetzen verschlossen werden können, damit keine Tiere mehr hineingelangen. Es muss also nachgebessert werden.

Sascha Ringling, Vorsitzender des Fördervereins Historischer Park Deutz, an der neuen Stahleinhausung für römische Mauerreste auf dem Rheinboulevard.
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Mit den Gittern soll auch die Vermüllung der Einhausung gestoppt werden, die unmittelbar nach dem Abbau des Bauzauns eingesetzt hat. Am Dienstag lagen mehrere Glas- und Plastikflaschen, ein Feuerzeug und anderer Abfall im Innern.
Für Sascha Ringling, den Vorsitzenden des Fördervereins Historischer Park Deutz (FHPD), ist der Bau eine Enttäuschung. „In Schulnoten ausgedrückt würde ich sagen: vier minus bis mangelhaft.“ Grundsätzlich finde es der Verein natürlich gut, dass die Stadt das Erbe der Römer in Deutz schützen und zeigen wolle. „Besser schlecht präsentiert als gar nicht.“
Förderverein hatte Pavillon aus Glas statt Edelstahl gefordert
Aber hier sei die Inszenierung der Funde „maximal unglücklich“, so Ringling. „Der Bau ist kalt und abweisend und das Gegenteil von transparent. Die meisten Sehschlitze sind an den denkbar ungünstigsten Stellen platziert – man muss sich bücken oder knien, um überhaupt etwas sehen zu können.“ Und an der Ostseite stehe die Einhausung so nah an dem historischen Mauerrest, dass man davon fast nichts mehr sehen könne.
Entworfen hat den Stahlkubus wie auch den gesamten Rheinboulevard das Berliner Büro „Planorama Landschaftsarchitektur“. Als die Pläne 2018 vorgestellt wurden, habe der Förderverein Alternativvorschläge gemacht, so Ringling. „Wir haben die Stadt aufgefordert, den archäologischen Fund mit einem eleganten Glaspavillon zu umbauen, wie man ihn zum Beispiel im Elisengarten in Aachen oder beim Limes-Tor in Rainau-Dalkingen findet. Das wurde abgelehnt.“
Merkwürdig findet Ringling auch, dass vom originalen römischen Mauerwerk in dem Kubus fast nichts zu sehen sei. „Was Sie hier sehen, ist vor allem Mauerwerk aus dem Mittelalter. Um das römische Mauerwerk zu zeigen, hätte man ein wenig mehr in die Tiefe gehen müssen, statt die Ausgrabung wieder zuzuschütten. Das wäre eigentlich kein Problem gewesen.“