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Ehrenstraße als FußgängerzoneIdee eines generellen Pkw-Verbots sorgt für Kontroversen

Lesezeit 5 Minuten
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Eine Blechkarawane wälzt sich durch die  Ehrenstraße, für Fußgänger und Radler bleibt  wenig Platz.

  1. Auf der Kölner Ehrenstraße treffen Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer auf engstem Raum aufeinander.
  2. Um die Corona-Schutzmaßnahmen zu gewährleisten, hat die Stadt samstags von 10 bis 20 Uhr ein Halteverbot verhängt.
  3. Nun wird diskutiert, ob die Straße grundsätzlich für den Autoverkehr gesperrt werden sollte.

Köln – Sie ist eine der Top-Einkaufsstraßen in Köln, lädt mit vielen kleinen und großen Geschäften zum Bummeln ein. Doch die Ehrenstraße ist auch ein Verkehrsraum, in dem Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer auf engstem Raum aufeinanderprallen. Oft ist das Gedränge groß, Corona-Schutzabstände lassen sich kaum einhalten. Samstags hat die Stadt daher von 10 bis 20 Uhr ein Halteverbot verhängt. Und in letzter Zeit sperrte die Polizei die Ehrenstraße samstags mehrfach vorübergehend für Autos, weil der Andrang zu groß wurde.

Vor diesem Hintergrund hat die Spitzenkandidatin der Grünen, Christiane Martin, gefordert, die Straße grundsätzlich für den Autoverkehr zu sperren, um Fußgängern und Radlern mehr Platz zu geben (wir berichteten). Konkret geht es um den Bereich Apostelstraße bis Friesenwall, dahinter gibt es bereits ein kleines Stück Fußgängerzone bis zum Ring. Die Sperrung für Autos solle „so schnell wie möglich umgesetzt werden, am besten sofort“, bekräftigt Martin gegenüber der Rundschau. Es sei absurd, wie viel Autoverkehr sich hier durchzwänge. „Ein Verzicht auf Autos würde die Aufenthaltsqualität in der Ehrenstraße enorm steigern“, ist die Grüne überzeugt. „Davon würde auch der Handel profitieren.“

Vorteil für Gastronomen

Dennis Lieske (38), Betriebsleiter des „Café de Paris“, ist der Idee nicht abgeneigt. „Wenn wir durch die Einrichtung einer Fußgängerzone mehr Platz für Gäste auf unserer Terrasse bekommen würden, wäre das ein Vorteil.“ Im Januar 2020 eröffnete das französische Bistro in den Räumen des früheren „Quattro Cani“, es bietet im Außenbereich zwischen Pfeilstraße und Benesisstraße 80 Sitzplätze.

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Dennis Lieske vom „Café de Paris“ kann sich eine Fußgängerzone vorstellen.

Über beide Straßen rollt ständig der Verkehr, häufig fahren teure Sportwagen und Cabrios vorbei. Lieske spricht von der „Monaco-Kurve“. Die Gäste störe die Nähe zu den Autos nicht, das sei Teil des Flairs, manche kämen sogar extra deswegen. „Es geht ums Sehen und Gesehen-Werden. Wir sind ein Magnet für die Leute.“ Da er selbst in der Straße wohnt, weiß er, wie voll es manchmal wird. Eine probeweise Sperrung an Samstagen halte er daher „für eine gute Idee“, so Lieske.

Ariane Brendel-Möltgen (40) ist Inhaberin der Parfümerie Möltgen, die seit 1932 an der Ehrenstraße sitzt, sie sieht das Thema mit gemischten Gefühlen. „Über eine Fußgängerzone wird schon lange diskutiert, die Meinungen der Händler dazu gehen komplett auseinander.“ Sie fürchtet, dass Kunden, die lieber das Auto nutzen, wegbleiben könnten. „Vor allem wochentags nutzen viele die Möglichkeit, kurz anzuhalten, um etwas zu kaufen.“ Schon jetzt seien fehlende Parkhäuser ein Problem. Sperre man Autos ganz aus, schade das dem Geschäft. „Was nützt uns eine belebte Fußgängerzone, wenn viele dort nur laufen statt kaufen?“, bringt Brendel-Möltgen es auf den Punkt. Sie sei jedoch offen für eine Sperrung an Samstagen, „um auszuprobieren, ob es funktioniert“.

„Totaler Mumpitz“

Armin Vogel, Chef von „Optik Oberländer“, ist seit den 80er-Jahren auf der Ehrenstraße im Geschäft. Die Idee eines generellen Pkw-Verbots im Viertel hält er für „totalen Mumpitz“. Das zeige, „dass die Politiker die Situation in der Stadt in keiner Weise erfasst haben“. Wenn man die Ehrenstraße autofrei machen wolle, müsse man dafür ein vernünftiges Konzept vorlegen und viel Geld in die Hand nehmen. „Entweder richtig oder gar nicht.“ Helmut Schmidt, Chef des Vereins Stadtmarketing Köln, sagt, man begrüße es sehr, die Ehrenstraße „im Rahmen einer strategischen Weiterentwicklung“ autofrei zu gestalten. Es brauche aber „einen ganzheitlichen innerstädtischen Gestaltungsansatz für eine hohe Aufenthaltsqualität, in dem der Mobilität und Erreichbarkeit ein wichtiger Aspekt zukommt“.

Interview mit Boris Hedde, Geschäftsführer Kölner Institut für Handelsforschung (IFH)

Ist es sinnvoll, die Ehrenstraße dauerhaft für Autos zu sperren?

Boris Hedde: Bei so einer Frage sollte man unterscheiden zwischen kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Zielen. Langfristig hilft eine Verkehrsberuhigung, die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Davon profitieren in der Regel Gastronomie und Handel, das zeigen viele Beispiele. Kurzfristig sollten jetzt aber andere Ziele im Vordergrund stehen. In einer Zeit, in der viele Geschäfte ums Überleben kämpfen, muss es vor alle darum gehen, die lokale Wirtschaft zu stärken. Da können größere Veränderungen in der Erreichbarkeit, die sich auf das Geschäftsmodell auswirken, kontraproduktiv sein.

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Boris Hedde, Geschäftsführer Kölner Institut für Handelsforschung (IFH)

Welche Gefahr sehen Sie?

Wenn man mit dem Auto nicht mehr in Teile der die Innenstadt fahren darf, werden einige Kunden wegbleiben. Das ist gerade jetzt, wo viele Käufer Corona-bedingt zum Online-Handel gewechselt sind, für viele Einzelhändler ein Problem. In unseren Untersuchungen sagen viele Menschen, das Online-Bestellen funktioniere so gut, dass sie auch in Zukunft darauf setzen. Das erhöht den Druck auf den lokalen Einzelhandel, der unter Kaufzurückhaltung leidet, weiter. Es ist der falsche Zeitpunkt, gerade jetzt so etwas auszuprobieren.

Sind Sie gegen eine Fußgängerzone in der Ehrenstraße?

Keineswegs. Langfristig halte ich eine Verkehrsberuhigung an dieser Stelle für zielführend, auch im Sinne der Verbraucher. Aber das darf man nicht übers Knie brechen. Die Straße vorübergehend zu sperren, um Corona-Auflagen einzuhalten, ist richtig. Aber für eine dauerhafte Sperrung braucht es ein vernünftiges Verkehrskonzept. Wer Mobilität einschränkt, muss den Menschen Alternativen anbieten.

Alteingesessene Läden gibt es kaum noch, Kult-Shops wie „Studio 59“ sind weg: Welche Bedeutung hat die Ehrenstraße heute noch?

Eine gewisse Gentrifizierung hat stattgefunden, wie es sie häufig gibt. Coole Läden ziehen ein junges Szenepublikum an, das spricht sich rum. Dann wollen die großen Ketten dort vertreten sein, in der Folge steigen die Mieten.

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Die Ehrenstraße ist aber weiterhin hochattraktiv, auch wenn man dort dieselben Marken wie überall findet. Sie ist ein Zubringer ins Belgische Viertel mit seinen neuen kreativen Formen des Handels. Und sie könnte ein Zukunftsmodell sein, wie man Wohnen, Arbeiten und Einkaufen verbindet.