Im Kölner Stadtrat herrscht Uneinigkeit über die umstrittene Bezahlkarte für Geflüchtete. Sie wurde bisher abgelehnt. Doch ein Passus im Koalitionsvertrag könnte das hinfällig machen.
KoalitionsvertragBezahlkarte für Geflüchtete könnte in Köln bald zwangsweise kommen

Bezahlkarten für Geflüchtete wurden vom Stadtrat abgelehnt.
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Im Rathaus herrscht Verwirrung über einen Passus zur Bezahlkarte für Geflüchtete im Entwurf für den Koalitionsvertrag zwischen Unions-Parteien und SPD auf Bundesebene. „Wir wollen, dass die Bezahlkarte deutschlandweit zum Einsatz kommt, und werden ihre Umgehung beenden“, heißt es in dem Papier. Interessanterweise ist die Formulierung nicht etwa im Kapitel zu Migration zu finden, sondern in dem zur Arbeitsmarktpolitik. Auch gibt es keinen weiteren Kontext zu diesem umstrittenen Thema.
Entsprechend zugeknöpft geben sich Verantwortliche in Verwaltung und Politik. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann die Stadtverwaltung diese Pläne nicht bewerten“, heißt es auf Anfrage von einer Sprecherin im Rathaus. Die Ratsfraktion der Grünen weist unterdessen mit nur einem knappen Statement darauf hin, dass sie die Bezahlkarte weiterhin ablehne.
Köln: Mehrheit im Rat votierte gegen die Bezahlkarte
Martin Erkelenz, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Rat, begrüßt dagegen ausdrücklich, „dass der Entwurf des Koalitionsvertrags auf Bundesebene ein klares Bekenntnis zur Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete enthält“. Die Bezahlkarte sei nicht nur ein wirksames Mittel zur Digitalisierung und Vereinfachung von Verwaltungsprozessen, sondern schaffe auch Transparenz und trage dazu bei, den Missbrauch von Sozialleistungen zu unterbinden.
Im Stadtrat war über diese Punkte bereits ausführlich gestritten worden. Die Union hatte sich vergeblich für die Bezahlkarte starkgemacht, eine Mehrheit stimmte dafür, sie in Köln nicht einzuführen. Die Verwaltung hatte zuvor auf den hohen bürokratischen Aufwand und offene rechtliche Fragen aufmerksam gemacht. Ähnlich äußert sich jetzt auch Lena Teschlade, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion: „Wir warten in Köln ab, was die Gespräche einer künftigen Bundesregierung mit den Ländern zur Bezahlkarte für Geflüchtete ergeben werden.“
In Köln würden bereits 85 Prozent der Geldzahlungen an Geflüchtete bargeldlos über Girokonten abgewickelt, erklärt Teschlade. Das sei für die Verwaltung einfacher und fördere auch nach Ansicht von Flüchtlingsorganisationen die Integration. Über den in der politischen Debatte behaupteten Missbrauch gebe es für die Stadt keine gesicherten Erkenntnisse.
Das Land NRW hatte gemeinsam mit weiteren 13 Bundesländern zwar die bundesweit einheitliche Bezahlkarte eingeführt, den Kommunen aber gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt, darauf zu verzichten. Der Stadtrat hatte das Anfang April entsprechend beschlossen.
Die Formulierung im möglicherweise künftigen Koalitionsvertrag würde in einem ersten Schritt ohnehin bedeuten, dass sich die neue Bundesregierung mit den Ländern abstimmen muss. Eine „Umgehung“ zu verhindern, wie es in dem Papier als Ziel formuliert ist, erscheint nur dann als realistische Option, wenn die Bundesländer politisch mitziehen. Zwar können vom Bund allgemeine Vorgaben gemacht werden, für die konkrete Ausgestaltung von Verwaltungsleistungen wie einer Bezahlkarte sind aber die Länder zuständig.