Serie „Mein Jahr mit Corona“Wie das Nippeser Tanzpaar die Corona-Zeit erlebt hat
Köln – Dieses Mal hätte alles anders werden sollen. Größer und feierlicher als sonst. Ende Januar hat Christina Pohl Geburtstag, was angesichts ihres Hobbys ein Problem darstellt. Als Tanzmarie der Nippeser Bürgerwehr hat Karneval Vorrang, so ist das in Köln. Und zwar jedes Jahr. Denn für die Marie gibt es keinen Ersatz. „Aber den 30. Geburtstag wollte ich dann doch mal richtig feiern“, sagt sie. Ende März sollte die große Party steigen, ihre Uniform hängt da längst im Schrank. Genau an diesem Wochenende begann der Lockdown. Nun ist sie bis heute ungefeiert geblieben.
Nach Ende des ersten Lockdowns im Sommer hatte Christina Pohl mit ihrem Tanzpartner Niklas Wilske mit dem Hallentraining begonnen. Vor allem bei Wilske war die Vorfreude riesig, denn er hatte sich gerade erst beim Casting der Bürgerwehr durchgesetzt und war als neuer Tanzoffizier ausgewählt worden. „Erst hat sich ein lang ersehnter Traum erfüllt. Dann kam der Dämpfer, weil klar war, dass die Session ausfällt“, erinnert sich der Offizier. So konnte er sich ganz auf sein duales Studium als Wirtschaftsinformatiker konzentrieren.
Karneval bedeutet oft proppenvolle Säle und Kneipen, stickige Luft und ausgelassene Stimmung. „Mir fehlt vor allem die Geselligkeit. Ich vermisse das Lebensgefühl“, gesteht Christina Pohl. Ihr Tanzpartner hatte bislang kaum Gelegenheit, das Leben in einem Gardekorps kennenzulernen. „Da ist viel auf der Strecke geblieben“, resümiert er. Er hofft nach Ende des Lockdowns noch immer „auf irgendeine Art von Session“. Und zumindest auf die kleine Bühne.
Draußen ist der Boden zu rutschig
Sein Training kann das Tanzpaar nicht einfach aus der Halle ins Freie verlegen. „Der Boden ist draußen zu hart, zu uneben oder zu rutschig. Und wir wollen keine Verletzungen riskieren“, erzählt Pohl, die von ihrem Partner mitunter auf Händen getragen und kontrolliert durch die Luft gewirbelt wird. Jetzt musste sich Pohl mit Jogging und gelegentlichen Besuchen im Fitnessstudio begnügen. „Mir fehlt vor allem die Bewegung. Lange kann ich nicht untätig zu Hause sitzen“, gesteht sie. Das letzte gemeinsame Training hat Ende Oktober stattgefunden.
Zu den Nebenwirkungen des intensiven Karnevalslebens gehört ein voller Terminkalender mit Training und Auftritten. „Freunde mussten oft zurückstecken. Jetzt genieße ich es, mehr Zeit für sie zu haben“, sagt Pohl. Aber sie weiß genau: „Sobald es wieder losgeht, wird es sein wie früher“, ist sie sich sicher. Niklas Wilske weiß noch gar nicht, was alles auf ihn zukommen wird. Er befindet sich im karnevalistischen Standby-Modus: Bereit zu tanzen, wenn er aufgefordert wird.
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Aber wird es wieder so sein wie früher? 1300 Feiernde im Gürzenich? Bützen und Schunkeln mit Menschen aus fremden Haushalten? „Ich hoffe es“, sagt Wilske. Vielleicht habe dann jeder eine Tube mit Desinfektionsmittel oder Flüssigseife in der Tasche. „Subjektiv habe ich das Gefühl, die Menschen sind weniger oft krank. Man achtet mehr darauf, was man anfasst und wäscht sich die Hände“, sagt er.
Ein Trainingslager hat dieses Jahr nicht stattgefunden, um neue Choreographien zu üben. Erst gab es eine Verschiebung, dann die Absage. Im Grunde dürfte das Tanzpaar zu Hause trainieren. Zwei Personen aus zwei Haushalten sind erlaubt. Doch die Hebefiguren würden an der Zimmerdecke enden.
Auftritte werden sie dennoch haben. Denn die Nippeser Bürgerwehr plant digitale Formate.