WeiberfastnachtWenige Jecke und viele Ordnungshüter
Köln – Eine kleine Wolke Konfetti fliegt durch die Luft am Alter Markt und glitzert im Sonnenschein. Ein paar Kostümierte reißen ihre Arme hoch. Björn Heuser intoniert sein neues Lied: „Kölle singt“. An seiner Seite Marita Köllner. Zur Musik dreht sich eine Frau mit Kuscheltier-Schwein unterm Arm im Kreis. Ein weltentrücktes Lächen auf ihren Lippen. Es ist 11.11 Uhr. Weiberfastnacht. Ein bisschen. Nur ganz kurz. Fast so schnell, wie das Konfetti zu Boden sinkt, ist die Stimmung auf dem Nullpunkt. Corona-Karneval.
Was die Stimmung drückt: Um den kleinen jecken Haufen kreisen in Mannschaftsstärke Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Polizisten. Wachsam beobachten sie die Ansammlung. Nicht, dass der kleine Auftritt von Köllner und Heuser zum großen Gelage wird. Die Ordner diskutieren, ob alles regelkonform ist. Ist es nicht. Die Organisatoren, die die beiden Sänger eingeladen und gefilmt haben, bekommen eine mündliche Verwarnung.
Fotografen werden an die Abstandsregeln erinnert. Doch die Sorge ist unbegründet: Noch bevor der Countdown zum Beginn des Straßenkarnevals runtergezählt ist, hat „Et fussich Julche“ den Alter Markt schon wieder verlassen. Die Jecke gehen auseinander.
Nur Online-Auftritte für Björn Heuser
Damit ist auch für Björn Heuser Weiberfastnacht vorbei: „Ich werde jetzt nach Hause fahren, meinen Jogginganzug anziehen und erstmal zwei Stunden den Frust weglaufen.“ An den nächsten Karnevalstagen tritt der Musiker nur Online auf, denn er nehme das mit Corona sehr ernst, sagt er unter den Blicken der Ordnungshüter.
Ach ja, das Coronavirus. Das sitzt auf dem Heumarkt. In Form von Cornelia und Petra. „Virus Alaaf“, rufen die beiden Frauen. Eingewickelt in eine Weltkarte. Aggressive Stacheln auf dem Kopf. „Wir dachten, es wäre mehr los“, ist Cornelia enttäuscht. Die beiden sind überzeugt, trotz Corona wäre da ein bisschen was gegangen. Sie jedenfalls hätten sich gewünscht, dass der Karneval auch in diesem Jahr stattfindet. „Dann eben mit Alkoholverbot und Abstand“, winken sie trotzig ab.
Partys aufgelöst
Polizei und Ordnungsamt sind mit dem Verlauf des Weiberfastnachttages sehr zufrieden. Doch ganz ohne Party ging es bei manchen Jecken doch nicht. Das Ordnungsamt löste eine Fete in Ehrenfeld auf. Bereits am Mittwoch waren die Einsatzkräfte am Mediapark bei einer Firmenparty eingeschritten und hatten die Veranstaltung aufgelöst.
Zehn Personen erhielten Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Corona-Vorschriften. 22 Mal wurde die Maskenpflicht nicht eingehalten, sechs Mal ging es um Prostitution in Privatwohnungen, fünf Mal wurde das Kontaktverbot missachtet. (ta)
Dass die Auflagen eingehalten werden, dafür hatte sich Köln gerüstet. An allen Eingängen zu Heumarkt, Alter Markt und der Feiermeile Zülpicher Straße stehen Ordner. Normalerweise müssten die Feiernden hier ihre Glasflaschen abgeben. Doch wo keine Feiernden, da keine Schnapsflaschen: Einer der Männer mit Warnweste an der Zülpicher gähnt gelangweilt und führt ein Selbstgespräch. Ohne Corona wäre die Straße besiedelt von Tausenden jungen Menschen, die mit Alkoholexzessen für Schlagzeilen sorgen.
Sophia und Tim sind froh, dass es in diesem Jahr anders ist. Vor zwei Jahren sind die beiden an die „Zülpi“ gezogen. Auch wenn sie aus Hannover kamen, dass diese Straße eine Feiermeile ist, hatte sich bis nach Norddeutschland rumgesprochen. Doch von dem Ausmaß machten sie sich keine Vorstellung. Zwei Jahre haben die beiden tapfer mitgefeiert. „Wenn es dieses Jahr wieder stattgefunden hätte, wären wir abgehauen“, sagt Tim.
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Zu Karneval läuft die Kasse bei Ferkulum-Mitarbeiter Jannis eigentlich über. Aber es ist kein leicht verdientes Geld: „Zu viel Stress, zu viele Besoffene.“ Mit sieben Kollegen versuchte er in den Vorjahren den Hunger der Feiernden zu stillen. In diesem Jahr steht er alleine am Gyros-Spieß.
Zumindest eine kann heute feiern: Janine Keim. Die BWL-Studentin hat pünktlich um 11.11 Uhr ihre Masterarbeit abgegeben. Im rot-weißen Kostüm. „Für den Zusammenhalt. Weil wir alle Kölner sind und in diesem Jahr im Herzen feiern“, sagt die 26-Jährige. Beschwingt tritt sie den Heimweg an – über die leere „Zülpi“.