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Karneval in KölnUmzug, App und Veranstaltungen - Arbeitsgruppen präsentieren Ideen für den Elften Elften

Lesezeit 4 Minuten
Bunt verkleidete Menschen feiern Karneval auf der Zülpicher Straße in Köln.

An Weiberfastnacht feierten in diesem Jahr tausende junge Menschen im Kölner Studentenviertel, hier auf der Zülpicher Straße.

Autofreie Karnevalszonen und andere Angebote könnten die Menschenmassen entzerren. Auch größere Bühnen sind für die Karnevalstage in Köln im Gespräch.

Bis zum Elften Elften sind es noch gut viereinhalb Monate. Es ist ein Sessionsauftakt, der vielen Sorgen bereitet. Im Hinterkopf sind die Bilder vom närrischen Treiben 2022 – große Menschenmassen, die nicht nur das Kwartier Latäng belasteten, sondern im Laufe des Tages auch den Stadtbahnverkehr lahmlegten. Und dann ist da die Gewissheit, dass der karnevalistische Sessionsauftakt in diesem Jahr auf einen Samstag fällt.

Die damit verbundene Sorge: Noch mehr Karnevalisten, die den Weg nach Köln antreten. Am Runden Tisch Karneval präsentierten drei von der Stadt gebildete Arbeitsgruppen nun die erste Ideen, die kurzfristig helfen, aber vor allem langfristige Entwicklungen anstoßen sollen.

Entlastungszone auf der Uniwiese

Auch am Elften Elften wird es wohl eine Feierzone auf der Uniwiese geben. Die Stadt betont zwar, dass langfristig eine andere Lösung her muss, doch bis zum Elften Elften und auch bis zu Weiberfastnacht wird das eher nichts.

Die Massen per App steuern

Eine Arbeitsgruppe um die Gastronomin Anna Heller (Brauhaus Heller) beschäftigte sich speziell mit der jungen Zielgruppe im Kwartier Latäng. „In der Vergangenheit wurde diese Gruppe oft vergessen“, sagt Heller. Teil der Arbeitsgruppe sind deshalb auch zwei Mitglieder der Bezirksschülervertretung und ein Vertreter des Astas der Sporthochschule.

Eine Idee: eine App, um die Massen im Studentenviertel und darüber hinaus zu steuern. Mit Hilfe der App könnte die Stadt Nachrichten direkt auf die Smartphones der Feiernden schicken. Die Stadt könnte so etwa darauf hinweisen, dass die Zülpicher Straße voll ist und auf Alternativen aufmerksam machen. „Nur über Facebook und Instagram erreichen wir die Zielgruppe nicht“, sagt Heller. Auch in Schulen und an Universitäten müsse vermittelt werden, dass diese App nötig sei, um gut durch den Karneval zu kommen.

Aufräumaktionen mit den Feiernden

Die jungen Menschen, die auf der Zülpicher Straße und drumherum feiern, könnten mit in die Aufräumarbeiten einbezogen werden. Von allein werden sich wohl die wenigsten für eine solche Aktion melden. Abhilfe soll ein Belohnungssystem schaffen. Gastronomen könnten Gutscheine verteilen oder zu einer Helfer-Party einladen.

Auf der Entlastungsfläche auf der Uniwiese wurde an Weiberfastnacht auf weißen Bodenplatten gefeiert.

Auf der Entlastungsfläche auf der Uniwiese wurde an Weiberfastnacht auf weißen Bodenplatten gefeiert.

Alternativangebote an anderen Orten

Eine Arbeitsgruppe um den Karnevalisten Jan Krauthäuser (Humba e.V.) erarbeitete Vorschläge für dezentrale Veranstaltungsformen. „Der Karneval ist nicht das Problem, sondern strotzt vor Lösungen“, ist Krauthäuser überzeugt. „Den Trend, draußen zu feiern, können wir nicht aufhalten. Durch verschiedene Angebote können wir ihn aber mitgestalten, ihn aus der Sackgasse führen und aufwerten.“ Teil der Arbeitsgruppe sind unter anderem Stephan Brings sowie Vertreter der Immisitzung, von „Loss mer singe“, der KG Ponyhof, der Klubkomm, des Festkomitees und der Dehoga.

Um die großen Menschenmassen zu entzerren, könnten verschiedene autofreie Karnevalszonen in der Stadt eingerichtet werden. Diese Bereiche könnten dann karnevalistisch bespielt werden. „Das kann eine Mitsing-Veranstaltung sein oder Samba-Truppen“, sagt Krauthäuser. Die ganze Breite der Szene sei gefragt. „Wenn eine Kneipe Lust hat, soll sie draußen ein paar Tische hinstellen und dann könnte dort ein Krätzchensänger, ein DJ oder eine Band auftreten.“ Der große Teil der Jugendlichen sei schließlich offen für die kölsche Karnevalsatmosphäre. Auch mehrere größere Bühnen – zum Beispiel auf dem Neumarkt – kann sich Krauthäuser vorstellen. Außerdem könnten Marching-Bands auftreten, auch internationale karnevalistische Beiträge wären willkommen. „Es geht darum, eine lebendige Kulturlandschaft zu inszenieren.“

Ein Umzug am Elften Elften

Schon im vergangenen Jahr hatte des Festkomitees mit der Idee eines kleinen Umzugs am Elften Elften überrascht. Nun greift diese auch die Arbeitsgruppe um Jan Krauthäuser auf. „Ich finde die Idee charmant, vor allem zum Abschluss des Jubiläumsjahres des Festkomitees“, meint er. Durch oder zwischen den Karnevalszonen könnten Musikwagen und musikalische Fußgruppen ziehen, aufgeteilt oder in mehreren Phasen. Am Runden Tisch stieß die Idee nur auf wenig Zustimmung. Die Befürchtung: die neue Sensation könnte noch mehr Leute anlocken. „Es liegen nun viele Chancen auf dem Tisch. Verwaltung und Politik müssen nun schauen, was sie versuchen wollen.“

Altersgerechte Kommunikation

Auch die dritte Arbeitsgruppe unter der Leitung des Presseamtes der Stadt entwickelte Ideen, wie sie die jungen Leute besser erreichen kann. Diese müssten dort erreicht werden, wo sie sich aufhalten, etwa in den sozialen Medien. Auch von wem die Ansprache kommt, spielt eine wichtige Rolle. Deshalb plant die Stadt, auch Influencer in die Kampagnen einzubeziehen.


Kritik an Arbeitsgruppen

An der Zusammenstellung der Arbeitsgruppen gibt es auch Kritik. Die Stadt habe sich gezielt Leute herausgepickt, die die passende Meinung vertreten, sagt Markus Vogt, Vorsitzender der Interessensgemeinschaft Gastro Kwartier Latäng, der unter anderem schon länger die Entlastungszone auf der Uniwiese kritisiert. Auch die Bürgerinitiativen seien nicht berücksichtigt worden. „Die Kritiker wurden nicht eingeladen“, schimpft Vogt. „Und dann präsentiert die Stadt die Ergebnisse und tut so, als sei das ein breit abgestimmter Konsens.“