Im diesjährigen Straßenkarneval soll auf der Uniwiese letztmalig gefeiert werden. Das sagen Akteure aus Karneval, Gastronomie, Kultur und Politik dazu.
Feiern im Kwartier LatängDas sind die Alternativen für den Karneval auf der Uniwiese

Die Uniwiese am Elften Elften 2024.
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Für viele Teilnehmende des Runden Tisches Karneval kam der Richtungswechsel der Stadt völlig überraschend. Dass die mit Bodenplatten abgedeckte Uniwiese als Entlastungsfläche für die Zülpicher Straße keine Dauerlösung sein würde – da waren sich so gut wie alle Beteiligten einig. Auch die Stadtverwaltung. Und doch hatte in der vergangenen Woche kaum jemand damit gerechnet, dass die Stadt verkünden würde, im diesjährigen Straßenkarneval ein letztes Mal auf die Uniwiese setzen zu wollen. Ob das Ziel bis zum Elften im Elften tatsächlich erreicht wird, hängt ganz wesentlich davon ab, ob die Stadt bis dahin eine Alternativ-Lösung findet. Eine Lösung, um zehntausenden jungen Feiernden einen sicheres, und im besten Falle auch attraktives Angebot zum Feiern zu unterbreiten. Wie dieses Angebot aussehen kann, dazu äußert sich die Stadt aktuell nicht.
Die Stadt nennt als Grund für die letztmalige Nutzung der Uniwiese den Naturschutz. Doch warum kommt die Wende in der Uniwiesen-Frage genau jetzt? Verändert hat sich in diesem Jahr an der Ausgangslage nichts. Die Uniwiese ist Teil des Landschaftsschutzgebiets, in dem normalerweise keine Veranstaltungen dieser Art stattfinden dürfen. Möglich wird die Feierfläche an den Karnevalstagen durch eine Befreiung von diesem Verbot durch die Untere Naturschutzbehörde. Diese Befreiung wurde in den vergangenen Jahren mit dem Argument der Gefahrenabwehr erteilt. Nach Informationen der Rundschau aber mit der Prämisse, dass die Uniwiese nicht zur Dauerlösung wird.

Voll war die Zülpicher Straße auch am Elften Elften 2024.
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Ein weiterer möglicher Grund: Der Druck auf die Stadt ist von verschiedenen Seiten gestiegen. Die Naturschützer des BUND hatten mehrfach damit gedroht, die Stadt mit Blick auf den Naturschutz zu verklagen. Auch die Bezirksvertretungen Innenstadt und Lindenthal, Teile der Fraktionen im Stadtrat sowie ein Bündnis aus Bürgervereinen und Interessensgemeinschaften der Innenstadt hatten sich immer wieder gegen eine Nutzung der Uniwiese ausgesprochen.
„Seit Jahren haben wir dafür gekämpft“, sagt Helmut Röscheisen, BUND-Vorstandsmitglied der Kreisgruppe Köln. „Freuen können wir uns aber erst, wenn die Stadt eine Alternative auf einer versiegelten Fläche findet.“ Ein „Lichtblick für den stark belasteten Grüngürtel“ sieht Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke im neu eingeschlagenen Weg der Stadt. „Der jahrelange Kampf und die Beharrlichkeit kommen nun zu einem positiven Ergebnis.“
Karneval in Köln: Neuer Ordnungsamtschef als Schlüsselfigur?
Als „Schlüsselfigur“ für eine mögliche Trendwende in der Verwaltung wird bei den Teilnehmenden des Runden Tischs Karneval immer wieder Ordnungsamtschef Ralf Mayer genannt. Seit Mai 2024 ist er der Nachfolger von Athene Hammerich. Beteiligte beschreiben ihn als verbindlichen, handfesten und pragmatischen Gesprächspartner, der offen für alte und neue Ideen sei.

Auch am Aachener Weiher versammelten sich die jungen Feiernden.
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Was bleibt, ist die Frage nach einem Standort für eine Alternativ-Fläche. Ganz grob lassen sich die Möglichkeiten in zwei Kategorien einteilen. Flächen in der Nähe des Kwartier Latäng und Flächen, die weiter entfernt davon sind. Auf Flächen in der Nähe könnte die Stadt die Feiernden von der Zülpicher Straße aus gezielt leiten. Flächen weiter außerhalb hätten in der Theorie noch größeres Potenzial, die Innenstadt zu entlasten, müssten aber so attraktiv sein, damit die jungen Menschen nicht doch in großen Massen ins Kwartier Latäng kommen. Bereits 2022 hatte die Stadt 14 mögliche Standorte aus beiden Kategorien geprüft - ohne Ergebnis.
Wichtig sei es, die Alternative frühestmöglich zu kommunizieren, damit diese auch bei der jungen Zielgruppe ankäme, sagt Maureen Wolf, Wirtin des „Oma Kleinmann“ auf der Zülpicher Straße und Vorstandsmitglied der IG Gastro. „Realistischer als die Suche nach einer neuen Fläche hätte ich es allerdings gefunden, eine vernünftige Veranstaltung auf der Uniwiese zu etablieren, mit der man dann irgendwann umziehen könnte.“ Die Jugendlichen gingen dahin, wo alle anderen Jugendlichen hingehen, ist Wolf überzeugt. Ihre Sorge: Wenn die Alternative zu wenige Menschen anziehe, könnte der Andrang auf die ohnehin schon vollen Zülpicher Straße noch einmal wachsen.
„Ein Lichtblick für den Grüngürtel“
In der Diskussion um den Karneval im Kwartier Latäng kamen in den vergangenen Jahren immer wieder auch die Forderungen auf, der organisierte Karneval könne sich an Angeboten für die junge Zielgruppe beteiligen. Auf Anfrage der Rundschau sagt Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn. „Das Festkomitee unterstützt – wie in der Vergangenheit auch – die Stadt gerne bei Planungen und Inhalten, auch wenn wir kein Veranstalter sein können.“ Klar sei für Kuckelkorn: „Die jungen Menschen werden kommen und feiern wollen, und diesen Menschen muss dann eine passende Alternative geboten werden. Sonst funktioniert es nicht.“ Auch mit dem Festkomitee sei bisher nicht über konkrete Alternativen gesprochen worden.
Bereits als Veranstalter aufgetreten ist im vergangenen Jahr die Karnevalsgesellschaft Die Grosse von 1823. An Weiberfastnacht stellte die Gesellschaft auf dem Hohenstaufenring eine Bühne mit musikalischem Programm auf die Beine, der Stadtrat gab dafür 320.000 Euro frei. Der Versuch fiel wortwörtlich ins Wasser, weil der Andrang im Kwartier Latäng und damit auch vor der Bühne wetterbedingt unter den Erwartungen blieb. Sowohl Stadt als auch die KG zeigten sich nach Weiberfastnacht offen für einen zweiten Versuch. „Die OB hat sich danach bei uns bedankt, doch dann kam im ganzen Jahr niemand mehr auf uns zu“, sagt Professor Joachim Zöller, Präsident der Grossen. Mit Blick auf den Elften Elften und danach, stehe die Karnevalsgesellschaft für Gespräche zur Verfügung. „Wir würden uns freuen, wenn die Stadt die Durchführung eines solchen Angebots ausschreiben würden“, sagt Zöller, der dann erneut seinen Hut in den Ring werfen würde.
Kreative Ideen liegen auf dem Tisch
Karnevalist Jan Krauthäuser (Humba e.V.) spricht sich seit Jahren für kreative Lösungen aus, um einen Richtungswechsel im Kwartier Latäng voranzuführen. „Im Moment hilft es nur, die Entscheider kreativ unter Druck zu setzen“, sagt er. Seine Idee: Mehrere dezentrale Angebote aus der kreativen Szene, um die Feier-Hotspots zu entlasten – von Mitsing-Veranstaltungen über internationale karnevalistische Beiträge bis zu Marching Bands, auch Kooperationen mit Studentengruppen seien vorgesehen. Beim Runden Tisch Karneval habe es geheißen, dass für diese Art von Angeboten in diesem aufgrund der Haushaltskrise keine Mittel verfügbar sein. Es sei ein Skandal, sagt Krauthäuser, dass es nach wie vor kein attraktives Angebot für Jugendliche gebe. Ideen dafür lägen seit Jahren auf dem Tisch.

Mehr Menschen auf als vor der Bühne: Der Versuch auf dem Hohenstaufenring stieß vor einem Jahr vor allem aufgrund des Wetters auf wenig Resonanz bei den Feiernden.
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Wie schon in den beiden Vorjahren wird die Stadt die Uniwiese auch im diesjährigen Straßenkarneval mit Bodenplatten auslegen, um den Rasen zu schützen. Im Vergleich zum Vorjahr ändern sich voraussichtlich wieder nur Details. Rund eine Million Euro kosteten die Maßnahmen zum Schutz der Wiese im vergangenen Jahr. Was passiert nun aber, wenn die Wiese nicht geschützt wird, so wie zuletzt am Elften Elften 2022? Die einzige logische Herangehensweise wäre eine komplette Umzäunung der Wiese. So wurde zuletzt auch der nördliche Teil der Uniwiese und Teile des Hiroshima-Nagasaki-Parks am Aachener Weiher geschützt.
Was sagt die Politik?
Die Grünen-Fraktion begrüßt den Schritt der Stadt, künftig nicht mehr auf die Uniwiese zur Entlastung der Zülpicher Straße zu setzen. „Dieser Schritt war längst überfällig, denn ein Landschaftsschutzgebiet ist kein Ort für Großveranstaltungen“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Manfred Richter. Pläne für eine Alternativveranstaltung müssten zeitnah vorgestellt werden und eng mit der Politik abgestimmt werden.
Christian Joisten, Fraktionsvorsitzender der SPD warnt vor einer vorschnellen Entscheidung gegen die Uniwiese. „Für uns ist wichtig: zuerst einen oder mehrere sichere Alternativstandorte finden und dann die Uniwiese aufgeben.“ Attraktive Angebote müssten „zügig“ mit Partnern aus Karneval, Kultur, Gastronomie und Jugendarbeit entwickelt werden. Isabella Venturini, Mitglied des Runden Tischs und Ratsmitglied von Volt sagt, für die Suche nach einer Alternative müsse man den Jugendlichen zuhören. „Nur so wird das neue Format ein Erfolg.“
Skeptisch zeigt sich mit Blick auf eine nach wie vor fehlende Alternativ-Fläche der FDP-Fraktionsvorsitzende Volker Görzel. „Die Nutzung der Ringe mit der Installation einer Bühne bietet eine gute Möglichkeit, das karnevalistische Treiben zu bereichern, die Sicherheit der Feiernden zu gewährleisten, die Anwohnerinnen und Anwohner des Kwartier Latäng zu entlasten und gleichzeitig die Uniwiese zu schützen.“
Für Güldane Tokyürek, Fraktionssprecherin der Linken im Rat, sei der Schritt der Stadt richtig. „Die Alternative muss gut erreichbar und für viele tausend Jecken gut bespielbar sein“, sagt sie.