Zehntausende kamen zur traditionellen Eröffnung am Elften Elften am Kölner Heumarkt. Es war zugleich auch der erste Auftritt des Kölner Dreigestirns. Wir fassen den Tag zusammen.
Kölscher NationalfeiertagSo lief der Sessionsauftakt am Kölner Heumarkt
Offstein ist ein schönes Fleckchen Erde, es liegt im südlichen Rheinhessen, der Eisbach fließt durchs Dorf und an 364 Tagen im Jahr lässt es sich hier vermutlich sehr schön leben. „Aber der 11.11. ist ein Ding, das muss man in Köln machen“, sagt Jan, ein Mann um die 30 in Kampfmontur und Tarnfarben im Gesicht. Mit seinen beiden Arbeitskollegen hat er sich Karten für den Heumarkt gesichert, direkt vor der Bühne, wo sich der beste Blick auf die Präsentation von Brauchtum und kölscher Musik werfen lässt.
Noch vor einigen Jahren war die Altstadt am Elften im Elften und an den Tollen Tagen ein schwieriges Pflaster, die Bläck Fööss hatten 2015 mit einem Auftrittsverzicht reagiert und die Sessionseröffnung boykottiert. Doch diese Zeiten sind vorbei, die Altstadt ist großräumig abgeriegelt, die Willi-Ostermann-Gesellschaft verkauft personalisierte Tickets, die Polizei zeigt starke Präsenz. „Ihr wollt doch da jetzt nicht hinpinkeln“, erklingt unterhalb der Deutzer Brücke plötzlich die kratzige Lautsprecherstimme aus einem Mannschaftswagen der Polizei. Ein Leopard und ein wandelndes Kölschglas entschließen sich, ihre Notdurft doch nicht an einer Mauer zu verrichten und verschwinden. „Gute Entscheidung“, lobt die Lautsprecherstimme.
Knapp 15 000 Menschen feiern auf dem Heumarkt, viele kommen nicht aus Köln, die Stadt ist an diesem Tag Bühne, auf der die Feierwilligen der Republik Freude, Ausgelassenheit und zuweilen auch die Folgen eines übermäßigen Alkoholkonsums zur Aufführung bringen. Die Sehnsucht nach unbeschwerter Partylust scheint nach zwei Jahren mit Pandemie, Krieg und Krise besonders groß zu sein. „Wir haben beste Voraussetzungen. Tolles Wetter und Entzugserscheinungen, die wir zwei Jahre lang erduldet haben“, ruft Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Jecken zu. Konfettikanonen knallen, rot-weiße Papierschnipsel rieseln durch die Luft. Der Auftakt für die volle Dröhnung Karneval.
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Auch der „Faschingsclub Wehringen“ nahe Augsburg hat sich entschlossen, den Sessionsauftakt in Köln zu verbringen. „Zwei Jahre lang ist bei uns alles ausgefallen. Jetzt wollen wir g’scheiten Fasching feiern“, sagt eine Frau im Dialekt. Am Heumarkt und in Köln wird zugleich der Auftakt zum Jubiläum 200 Jahre Kölner Karneval gefeiert. „Der Heumarkt ist ausverkauft, der Tanzbrunnen und auch die Saalveranstaltungen. Die Menschen haben Zuversicht und Mut. Sie hören dat Trömmelche“, sagt Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn bestens gelaunt und schwärmt: „Ist das schön, wieder bunte Menschen vor sich zu sehen“. Ralf Schlegelmilch, Präsident der ausrichtenden Willi-Ostermann-Gesellschaft, sagt es so: „Endlich wieder Fastelovend“.
Über dem Heumarkt und der Altstadt kreist an diesem sonnigen Freitag der Zeppelin der Roten Funken, auf dem in roten Buchstaben die Botschaft „Kölle Alaaf“ steht. Ein passendes Symbol für den Höhenflug des Traditionskorps, das nicht nur 200-jähriges Bestehen feiert, sondern auch das Dreigestirn stellt. „Mir künne endlich wieder Fastelovend fiere. Mer freue uns wie jeck“, ruft der designierte Prinz Boris I. der Menge zu.
Am Morgen hatte das Dreigestirn im Rathaus den Sessionsvertrag unterzeichnet und anschließend mit der Oberbürgermeisterin ein Glas Sekt geleert. „Jede Zeit verlangt eigene Antworten. Wie begeistern wir neue Generationen für karnevalistisches Engagement, das über den Tag hinaus reicht. Und wie können wir erreichen, dass der Karneval als Fest des Zusammenhalts statt des Exzesses wahrgenommen und gelebt wird“, sagt Henriette Reker nachdenklich angesichts des Karnevalsjubiläums. Das Festkomitee hat das Motto „Ov krüzz oder quer“ ausgerufen, die Zeile basiert auf einem Liedtext von Emil Jülich aus dem Jahr 1905.
Drunter und drüber wäre auch ein passendes Motto gewesen. Am Heumarkt ahnt zu dieser Zeit noch niemand, dass für den Heimweg keine Straßenbahnen zur Verfügung stehen werden. Auch nicht die Oberbürgermeisterin, die mit ehrlicher Freude feststellt: „Wir gehen in eine ganz besondere Session, die Vorfreude, die Erwartungen sind riesig.“