Stadtkämmerin Dörte Diemert ließ im Finanzausschuss des Stadtrats keinen Zweifel daran, was sie für die bessere Alternative zur Zukunft der hochdefizitären Kliniken der Stadt Köln hält.
Konzentration in Köln-MerheimMögliche Neuordnung der städtischen Kliniken würde hunderte Millionen Euro kosten
„Wer den Status Quo beibehalten will, muss bereit sein, jährlich mindestens 75 Millionen Euro aufzuwenden, ohne dass die medizinische Versorgung besser wird.“ Stadtkämmerin Dörte Diemert ließ am Montag im Finanzausschuss des Stadtrats keinen Zweifel daran, was sie für die bessere Alternative zur Zukunft der hochdefizitären Kliniken der Stadt Köln hält.
Werde die bisherige Struktur mit den drei Klinik-Standorten Merheim, Holweide und Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße fortgeführt, müsse die Stadt bis 2031 für die Kliniken 1,281 Milliarden Euro ausgeben, rechnete Diemert vor. Darin enthalten seien 635 Millionen Euro zur Abdeckung der laufenden Verluste sowie 646 Millionen Euro für notwendige Investitionen zum Erhalt der drei Standorte. Die von den Klinik-Chefs Sylvia Langer und Prof. Axel Goßmann geplante Verlagerung der Kinderklinik Riehl und der Klinik Holweide nach Merheim („1+0-Konzept“), wäre laut Diemert mit 818,6 Millionen Euro deutlich günstiger.
In diesem Szenario würden 590 Millionen Euro in Neubauten, Sanierungen und Medizintechnik investiert. Dabei werden geringere Verluste sowie ein Erlös in Höhe von 124 Millionen Euro durch den Verkauf der Grundstücke in Riehl und Holweide unterstellt. Es ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten, aber die Tendenz ist eindeutig: Drei Standorte zu halten, wäre weitaus teurer. Und das ohne die medizinischen Vorteile, die eine Konzentration in Merheim bringen würde.
Eindringlich schilderte Axel Goßmann dem Ausschuss am Beispiel von Frühgeborenen, die zur Behandlung teils von Holweide nach Merheim oder Riehl per Baby-Intensivtransport verlegt werden müssen, die Probleme der bisherigen Struktur. „Es ist medizinisch nicht sinnvoll, mit drei Standorten zu arbeiten.“ Wenn man Riehl als Kinderklinik-Standort aufgebe, sei das für die Menschen vor Ort natürlich ein Nachteil, räumte Goßmann ein. Aber hier sei die Kinderklinik der Uniklinik nicht weit entfernt. Im Rechtsrheinischen gebe es dagegen bisher kein entsprechendes Angebot.
Sylvia Langer appellierte an die Politiker, den Mut zu haben, sich für Merheim zu entscheiden. Es werde Veränderungen in der deutschen Kliniklandschaft geben. „Wer jetzt ganz vorne dabei ist, wird zu den Gewinnern gehören.“ Sandra Schneeloch (Grüne) und Christian Joisten (SPD) machten beide deutlich, dass sie einen Verkauf der Klinikgrundstücke generell ablehnen.
Joisten wollte wissen, auf welcher Grundlage man hier Berechnungen bis ins Jahr 2031 anstelle, wo doch Bund und Land in Kürze die gesamte Klinikfinanzierung reformieren wollen. Langer gab zu, dass man etwa in der Frage der geplanten Vorhaltepauschalen derzeit „null Orientierung“ habe, da es bisher keinen Gesetzentwurf gebe. Diemert betonte, man gehe nicht davon aus, dass durch die künftige Klinikfinanzierung „Ineffizienzen honoriert werden“. Daher sei das Konzept 1+0 sinnvoll. Die Frage sei, ob man das viele Geld nutze, um die Löcher im System zu stopfen, oder ob man es bloß verbrenne.
Die vorgelegten Zahlen seien Modellrechnungen und keine Wirtschaftsplanung, stellte Diemert klar. Kostensteigerungen seien nicht eingepreist, es gehe um eine Grundsatzentscheidung. Im nichtöffentlichen Teil beschloss der Ausschuss einstimmig, den Kliniken ein weiteres Darlehen von 131,6 Millionen Euro zu gewähren. Damit stehen sie bei der Stadt mit 533,2 Millionen Euro in der Kreide. Das koste bei 3 Prozent Zinsen rund 16 Millionen Euro pro Jahr, sagte Diemert. Weitere Darlehen seien nicht möglich. Der Zuschussbedarf der Kliniken werde künftig unmittelbar auf den städtischen Haushalt durchschlagen.
Streit in der SPD um die Zukunft der Kliniken
In der Kölner SPD tobt ein Richtungsstreit um die Zukunft der städtischen Kliniken. Die SPD-Ratsfraktion hatte angekündigt, dass sie die Pläne der Geschäftsführung für eine Zentralisierung am Standort Merheim erst prüfen und dann entscheiden will, „was der beste Weg für Köln ist“. Doch vor zehn Tagen waren die SPD-Landtagsabgeordneten Carolin Kirsch (Mülheim), Lena Teschlade (Chorweiler) und Jochen Ott (Nippes) mit scharfer Kritik vorgeprescht. Das Konzept sei „von vorne bis hinten betriebswirtschaftlich gedacht, die Versorgung der Kölnerinnen und Kölner spielt keine Rolle“, ließ sich Ott, Chef der SPD Mittelrhein, vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ zitieren. Und weiter: „Wir raten unserer Ratsfraktion dringend von einer Zustimmung ab.“
Die Beschlussvorlage, über die der Stadtrat am 16. Mai entscheiden soll, sei „in ihrer jetzigen Form nicht zustimmungsfähig“. Christian Joisten, Chef der SPD-Ratsfraktion, reagierte mit deutlichen Worten: „Es ist völlig inakzeptabel, wenn einzelne Akteure, die kein von der Partei gewähltes Gremium darstellen, gewählten Strukturen beziehungsweise ganzen Gruppen von Mandatsträgern, in diesem Fall der gesamten Ratsfraktion, öffentliche Ratschläge erteilen“, schrieb er in einer SPD-internen E-Mail vom 12. März, die der Rundschau vorliegt. Joisten weiter: „Ein solches Verhalten bezeichne ich als unkollegial, unangemessen und schädigend! Wenn dies der neue Stil der Zusammenarbeit ist, müssen wir diese grundlegend überdenken.“ Er verbitte sich im Namen der SPD-Fraktion öffentliche Ratschläge – „von wem auch immer“ – und weise die getätigten klar und deutlich zurück.
Die Kölner SPD-Vorsitzenden Claudia Walther und Florian Schuster erklärten auf Anfrage der Rundschau: „Einer Volkspartei angemessen, gibt es quer durch Partei und Fraktion unterschiedliche Haltungen und Schwerpunkte. Wir sehen es als unser Ziel und unsere Aufgabe an, eine gemeinsame Positionierung der KölnSPD und all ihrer Akteure zu erreichen.“ Nach vielen innerparteilichen Diskussionen stimme man „derzeit final unsere gemeinsame Position ab“. Ziel sei die beste Gesundheitsversorgung für alle Kölner. (fu).