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44-Jährige steht vor GerichtWeiterer Prozess um Lynchmob in Köln-Höhenberg gestartet

Lesezeit 3 Minuten
Ermittler am Tatort auf der Bamberger Straße

Ermittler am Tatort auf der Bamberger Straße

Eine Frau steht wegen gemeinschaftlichen Mordes vor Gericht. Die Beweislage basiert auf einer Überwachungskamera, die die gesamte Tat aufzeichnete.

Es ist ein ganz normaler Donnerstagnachmittag in Höhenberg. Leute stehen vor Cafés und Büdchen, Passanten tragen Einkäufe in Taschen, andere unterhalten sich, Autos fahren vorbei. Um kurz vor halb vier bleibt ein Smart beim Einbiegen von der Bamberger Straße in die Miltenberger Straße stehen. Der Fahrer scheint sich mit ein paar Männern am Straßenrand zu unterhalten. Dass sich von der anderen Seite des Fahrzeugs weitere Männer nähern, bleibt von dem Fahrer des Smart unbemerkt. „Einen etwaigen Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit vermutete der Geschädigte auch dann noch nicht, als es immer mehr wurden“, sagte der Staatsanwalt bei der Anklageverlesung. Einer dieser Männer greift plötzlich durch das geöffnete Beifahrerfenster ins Innere des Fahrzeugs, zieht den Zündschlüssel und der Fahrer des Smart sitzt in der Falle. Anschließend fallen zahlreiche Täter über das Auto und den 37 Jahre alten Fahrer her, schlagen und treten ihn, stechen ihn insgesamt 17 Mal mit mindestens einem Messer; ein Täter schlägt mit einem Hammer zu.

Erstmals steht nun eine Frau vor Gericht

Nur wenige Wochen später erliegt der 37-Jährige seinen schweren Verletzungen in einem Krankenhaus. Seit Dienstag beschäftigt der Fall des sogenannten Lynchmobs von Höhenberg erneut das Landgericht. Vor der 20. Großen Strafkammer findet der mittlerweile vierte Prozess in dem Komplex statt. Erstmals steht mit der 44 Jahre alten Angeklagten aber eine Frau vor einer Schwurgerichtskammer. Die Anklage lautet auf gemeinschaftlichen, heimtückischen Mord aus niedrigen Motiven. Die Frau soll mit Sohn und Schwiegersohn an den Tatort gelangt sein und dort die Tat beobachtet haben.

Laut Staatsanwaltschaft habe die 44-Jährige aus Bosnien-Herzegowina so „Präsenz am Tatort“ gezeigt und dabei geholfen, eine numerische Überzahl dem Opfer gegenüber herzustellen. Eine konkrete Gewalthandlung gegen den 37-Jährigen wird der Frau hingegen nicht zur Last gelegt. Die Verteidiger der Frau kündigten für einen der kommenden Verhandlungstage eine Einlassung der 44-Jährigen an. Hauptbeweis in dem Verfahren ist die Videoaufnahme einer Überwachungskamera an einem Café am Tatort, die die gesamte Tat aufzeichnete.

Video zeigte die Tat

Anlass für die Tat ist ein Video, das der Bruder des Opfers in der Nacht zuvor erstellte und über soziale Medien öffentlich machte. Darin beschimpft, beleidigt und schmäht der Mann die Großfamilie der Angeklagten. Für die Beleidigungen und Schmähungen soll dann laut Anklage das Familienoberhaupt der Täter-Großfamilie eine „angemessene Reaktion“ verlangt haben. Die geforderte „Rache und Machtdemonstration“ führen die Täter dann aber nicht gegen den sich damals mutmaßlich in Serbien aufhältigen Beleidiger, sondern gegen dessen in Köln lebenden Bruder. „Sie beschlossen ihn nur aufgrund seiner Familienzugehörigkeit zu töten“, sagte der Staatsanwalt bei der Anklageverlesung.Bislang wurden in dem Komplex zwei Männer wegen Mordes zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

Der Prozess wird fortgesetzt.