Köln – Im Winter haben es Baumfreunde schwer. Nicht, weil das frische, schattenspendende Grün der Laubbäume fehlt. Sondern weil sie vielerorts den Anblick von kahlen Stümpfen ertragen müssen, wo vor kurzem noch stattliche Bäume standen. Das betrifft nicht nur das Kölner Umland, wo Nadelbäume in großer Zahl Trockenheit und Schädlingen zum Opfer gefallen sind und deshalb ganze Wälder gerodet wurden. Auch in Köln stapelten sich in diesem Winter wieder unzählige Baumstämme an Gleisen und Straßen. Wie an der A57 zwischen Ehrenfeld und Kreuz Köln-Nord. Früher schirmte ein dichter Gehölzstreifen die Autobahn von den dahinterliegenden Parks, Schrebergärten und Häusern ab. Jetzt ist kaum noch etwas davon übrig.
Straßenbehörden und Bahn betonen stets, die Fällungen seien nötig, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Auch von zu dichten Beständen und Verjüngung ist die Rede, doch nach der „Gehölzpflege“ – so der offizielle Begriff – ist vom Altbestand oft nicht mehr viel übrig.
Häufig wird großflächig „auf den Stock gesetzt“
In einer Infobroschüre bekennt sich der Landesbetrieb Straßen NRW zwar zum Ziel der „Förderung von Dauerbäumen in einer mehrschichtigen, stabilen Bestandsstruktur“, weshalb „standsichere und erhaltenswerte Einzelbäume, Sträucher und Gehölzgruppen innerhalb der Pflegeabschnitte verbleiben“ sollen. In der Praxis wird jedoch häufig großflächig „auf den Stock gesetzt“, also 20-30 Zentimeter über dem Boden abgesägt. Damit werde „gezielt eine Verbuschung der Flächen herbeigeführt“, was „eine viel größere Artenvielfalt“ anziehe, erklärte auf Anfrage „Die Autobahn GmbH“, die Anfang Januar von Straßen NRW die Zuständigkeit für die Autobahnen übernommen hat.
10,2 Hektar Wald hat die Stadt bereits mit Unterstützung von Bürgern, Vereinen und Unternehmen aufgeforstet. Start war 2010 in Junkersdorf, dort wurden 14 700 Bäume gepflanzt. Danach folgte der Mielenforst in Merheim mit 12 900 Bäumen. Eine Fläche in Lindweiler sollte vorigen Herbst bepflanzt werden, dies wurde wegen Corona auf Ende 2021 vertagt. Dann soll auch die Aufforstung in Raderthal (siehe Grafik) beginnen.
5 Euro pro Quadratmeter kostet es, sich als Spender an dem Projekt „Ein Wald für Köln“ zu beteiligen. Wer interessiert ist, überweist seine Spende an die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln e. V.
Alle Spender erhalten eine Urkunde. Ab 100 Euro gibt es eine Spendenquittung, ab 150 Euro kann man ein Schild bekommen, auf dem der Name des Spenders, der Anlass etc. eingraviert werden. Diese Schilder stellt die Stadt an Holzstelen im neuen Wald auf. Am 20. November 2021 ist in Raderthal eine Pflanzaktion geplant, bei der die Spender selbst zum Spaten greifen und junge Bäume einpflanzen können. Geliefert werden diese vom Forstamt.
Infos bei der Schutzgemeinschaft Wald, Tel. 02203 39987
Harald von der Stein vom Netzwerk „Bürger für Bäume“ widerspricht. „Was Straßenbehörden und Bahn als Gehölzpflege bezeichnen, ist oft nichts anderes als eine maßlose Übertreibung der Verkehrssicherungspflicht. Die Belange des Naturschutzes werden dabei außer Acht gelassen.“
Das Problem sei, dass die Fällungen gegenüber der unteren Naturschutzbehörde (UNB) der Stadt Köln nur anzeigepflichtig sind. „Wenn sie genehmigungspflichtig wären, könnte die UNB in vielen Fällen dafür sorgen, dass ökologische Kriterien bei der Gehölzpflege und der Sicherstellung der Verkehrssicherheit eine viel stärkere Rolle spielen müssten. In Zeiten von Klimanotstand und Hitzesommern sollte es Straßenbehörde, Bahn und Kommune ein Anliegen sein, dass mit gesunden Baumbeständen sorgsamer umgegangen wird“, so von der Stein.
Stadt Köln will Waldflächen vergrößern
Nachdem in den zu viel zu trockenen Jahren seit 2018 viele Stadtbäume erkrankten und abgeholzt wurden, will die Stadt Köln die Waldfläche des Äußeren Grüngürtels vergrößern. Im Rahmen des Aufforstungsprojekts „Ein Wald für Köln“ wird dieses Jahr ein 2,7 Hektar großer Acker an der A 4 in Raderthal mit Bäumen bepflanzt – finanziert über Spenden von Bürgern und Unternehmen. Es ist der vierte Spenderwald dieser Art (siehe Infotext).
Gepflanzt werden heimische Baumarten wie Buche, Eiche, Spitzahorn, Feldahorn, Linde, Hainbuche und Vogelkirsche, die Trockenheit vertragen und somit für den Klimawandel gewappnet sind. Das Projekt soll zeigen, welche Sorten sich gut für Stadtwälder eignen, wenn es wärmer und trockener wird. Am Rand des neuen Wäldchens werden heimische Sträucher, seltene Wildobstarten, Esskastanien und Walnüsse gesetzt. So soll sich das Areal rasch zu einem Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere entwickeln. „Diese zuvor landwirtschaftlich genutzte Fläche im städtischen Besitz wird durch die Aufforstung ökologisch stark aufgewertet“, erläutert Dr. Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Grünflächenamts. Es sei „erklärtes Ziel der Stadtverwaltung, die Waldfläche in Köln zu vergrößern“.
Aktuell bewirtschaftet die Stadt rund 4000 Hektar Wald, davon sind rund 500 Hektar im Besitz der Rheinenergie. Weitere 2000 Hektar Wald gehören dem Bund (Wahner Heide) und dem Land NRW (Königsforst).
Bei Bürgern und Unternehmen stoße das 2010 begonnene Projekt „Ein Wald für Köln“ auf großes Interesse, betont Bauer. „Der Zufluss an Spenden ist enorm.“ Wenn die Fläche in Raderthal bepflanzt sei, werde die Stadt weitere Grundstücke zur Verfügung stellen.
Dafür kommt in erster Linie Ackerland in Frage, das die Stadt an Landwirte verpachtet hat. Einfach viele Bäume in die Wiesen des Äußeren Grüngürtels zu pflanzen, um das Stadtklima zu verbessern, wie es ein Bürger der Verwaltung vorgeschlagen hat, kommt für Bauer nicht in Frage. Eine Aufforstung sei nicht möglich und auch nicht gewollt, da der Grüngürtel unter Landschafts- und Denkmalschutz stehe. Zudem seien die offenen Wiesenflächen wertvolle Refugien, vor allem für Insekten.
Die Stadt werde weiterhin geeignete Flächen suchen, wo Wald angepflanzt werden kann, so Bauer. „Außerdem starten wir gemeinsam mit dem BUND ein neues Projekt: Urbane Hecken und Säume.“ Ziel sei es, vorhandene Heckenstandorte in Köln zu schützen, neue Heckenstrukturen mit ökologisch wertvollen Pflanzen anzulegen und diese Biotope stärker untereinander zu vernetzen.