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Interview zum Stadtmuseum„Dann eröffnen wir eben virtuell“

Lesezeit 5 Minuten
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Das frühere Modehaus ist noch immer nicht eröffnet. 

  1. Das Stadtmuseum ist seit fünf Jahren ein Haus ohne Immobilie – der Freundesverein will das Interim nun digital zugänglich machen.

KölnHerr Zarinfar, die Türen des Zeughauses sind verrammelt, im Modehaus Sauer werden sie vor dem dritten Quartal 2023 nicht aufgehen. Sind Sie verzweifelt?

Verzweifelt nicht, aber ich bin schon enttäuscht. Ich habe vor fünf Jahren diesen ehrenamtlichen Job übernommen und war voller Tatendrang. Damals habe ich gesagt: Wir haben kein Museum. Wir haben kein Konzept. Das geht so nicht. Wir müssen jetzt was dagegen setzen.

Das ist jetzt fünf Jahre her. Solange gibt es das Stadtmuseum nicht mehr als Haus.

So ist es, und das ist enttäuschend und schlimm. Aber jetzt kann man den Kopf in den Sand stecken oder man kann es anpacken. Wir haben ein Marken- und ein Kommunikationskonzept entwickelt, das Sie heute auf der Webseite sehen. Das Interim ist der Weg zur Historischen Mitte, wo wir uns langfristig sehen. Das Modehaus Sauer soll ein Experimentierort werden. Allerdings können wir es leider noch nicht öffnen.

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Blick in die neue Ausstellung: Die Vitrinen sind noch nicht gebaut.

Woran liegt das konkret?

Die bauliche Situation spielte eine große Rolle. Der Vermieter hatte die bekannten Lieferkettenproblematik – das ist mittlerweile erledigt. Gleichzeitig hat man angefangen, über die Inhalte nachzudenken. Nun steht das Konzept, aber dafür müssen Vitrinen angeschafft und Dienstleister beauftragt werden.

Und die fehlen jetzt?

Genau. Ohne Handwerker bauen wir keine Ausstellung. Die müssen wir finden, wie immer über eine öffentliche Ausschreibung. Über das Vergaberecht kann man lange diskutieren, aber damit müssen wir klar kommen.

Das Modehaus ist aber auch keine Dauerlösung.

Wir müssen uns jetzt emanzipieren von der Immobilienstrategie. Aktuell ist ja eine Entscheidungsliste für die Politik großes Thema. Ich erwarte aber, dass die Stadt da eine eigene Meinung entwickelt. Für mich haben Verwaltung und Politik für die Historische Mitte entschieden, damit haben wir einen langfristigen Standort.

Zur Person

2017 übernahm Prof. Turadj Zarinfar den Vorsitz des Vereins Freunde des Kölnischen Stadtmuseums. Der Verein wurde im 1968 gegründet und unterstützt das Museum bei der Erforschung und Ausstellung der Stadtgeschichte. Der Verein hat 300 Mitglieder. Das „Herrenessen“ findet einmal im Jahr statt. Da das Stadtmuseum geschlossen ist, am Freitag im Rathaus. Geladen wird Prominenz aus Politik, Kultur und Wirtschaft.

Zarinfar (50) führt ein Ingenieurbüro im Bauwesen. 40 Mitarbeiter sind für das Haus tätig. Er hat eine Professur für Projektmanagement & Digitalisierung an der FH Kärnten inne.

Die Diskussion ist ja einfach: Schulbau können wir nicht stoppen, Instandsetzung der Kulturbauten können wir nicht stoppen. Also stoppen wir am ehesten das, was wir mal vorhaben. Haben Sie Sorge, dass die Historische Mitte gekippt werden könnte?

Aus meiner Sicht sind es Notwendigkeiten, die wir haben. Es sind Versäumnisse, dass Häuser nicht saniert oder modernisiert worden sind. Wenn sie ein Auto fahren und mehrmals den Inspektionstermin verpassen, bleibt es auch mal stehen oder der Motor geht ganz kaputt und dann wird es unterm Strich noch viel teurer. Oder das Auto kann nur noch auf den Schrott.

Und was sagen sie den Leuten, die eine Sanierung des Zeughauses für die bessere Alternative halten?

Ich halte das für den völlig falschen Weg und bei mir verursacht das, ehrlich gesagt, auch Kopfschütteln. Es wurde bereits viel investiert und nun sollte man den eingeschlagenen Kurs weitergehen, sonst wird es nur teurer. Die Stadt befindet sich in der Planung und es macht keinen Sinn, das Rad jetzt neu zu erfinden, weil die Baupreise teurer werden. Seit 1955 werden Baupreise statistisch erfasst und es gibt nur einen Weg: nach oben. Das heißt, es wird nie mehr so günstig wie heute.

Es hakte in der Vergangenheit aber auch unabhängig von der Immobilienstrategie, oder?

Mich enttäuscht, was die letzten Jahre mit dem Museum gemacht wurde – zum Beispiel die geringe Personalausstattung. Es ist kein Geheimnis, dass unter Dezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach es nicht so vorangegangen ist, wie es erforderlich gewesen wäre. Ich bin froh, dass Stefan Charles da ist, der Lust hat, etwas zu bewegen.

Das Haus braucht auch einen neuen Direktor. Was muss er mitbringen?

Führungsfähigkeit. Das Stadtmuseum, das RGM und das NS-Dok sind die Museen, die die Stadt und ihre Geschichte am besten darstellen. An die Spitze des Stadtmuseums gehört jemand, der im Verbund denkt, die jungen Leute mitnimmt und mit ihnen gestaltet. Fest steht, dass er oder sie einen motivierten Verein an der Seite haben wird.

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Das Foyer soll offen sein, ein Raum auch für Debatten. 

Womit locken Sie die Menschen dann?

Eine digitale Zeitreise haben wir schon. Ich finde, das Stadtmuseum muss der moderne Geschichtenerzähler sein. Es kann auch ein Netzwerk sein. Nehmen sie das Herrenessen, das wir veranstalten. Dort kommen alle Sparten der Stadtgesellschaft zusammen.

Sie haben schon vor drei Jahren angeregt, es in Stadtessen umzubenennen.

Ja, es gibt viele Traditionalisten in dieser Stadt. Ich hab 2017 zur Debatte gestellt, wie es heißen soll, aber Stadtessen war nur auf Platz zwei, Herrenessen auf Platz eins. Der Begriff ist meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß.

Zurück zur Ausstellung. Wie geht es denn nun weiter?

Wir werden beim Herrenessen eine virtuelle Museumseröffnung machen! Wir zeigen die Ausstellung virtuell, erst beim Herrenessen und anschließend gibt es einen Link für alle Kölnerinnen und Kölner.

Also gibt es beim Herrenessen VR-Brillen für alle?

Na ja, keine geschenkten VR-Brillen, aber wir bauen eine VR-Station auf und dann kann jeder einmal durchs Museum gucken. Und über den Link kann sich jeder das zu Hause auf dem Handy oder mit der eigenen VR-Brille anschauen. Als mir vor ein paar Wochen klar wurde, – ich war selbst überrascht – dass es mit der Eröffnung nichts wird, war klar, dass wir als Freunde und Förderer so etwas machen. Wir können ja nicht noch ein Jahr unsere Arbeit nicht präsentieren.

Ein digitaler Rundgang. Das klingt nach Zukunftsmusik.

Für die klassischen Museumsmacher ist das natürlich schwierig. Aber das ist Zeitgeist, den man mitgehen muss, um die junge Generation ans Museum heranzuführen. Wir wollen eine Plattform liefern, auf der sich Kölner austauschen können, auch über die Stadtgrenzen hinaus.

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Wir haben auch ein virtuelles Stadtmodell, auf dem sich auch Kölner Unternehmen digital im Stadtbild präsentieren können. Das gehört genauso zu einem Stadtmuseum.

Das Gespräch führten Moritz A. Rohlinger und Jens Meifert