Wie haben Sie die vergangenen vier Jahre erlebt, und wie hat das das neue Album beeinflusst?
Stefanie Kloß: Für uns hat sich sicherlich viel getan, aber auch die gesellschaftlichen Veränderungen habe ich als sehr krass wahrgenommen. Da ist wirklich viel im Wandel, die Stimmung im Land und wie wir Menschen miteinander reden. Leider ist viel einfach emotional aufgeheizt. Zum anderen gibt es viele neue emotionale Entwicklungen bei uns. Wir sind jetzt Mitte 30 und sehen die Welt mit anderen Augen. Natürlich hat sich auch dadurch, dass ich Mutter geworden bin, meine Sicht auf viele Dinge verändert. Die Platte ist in diesem Spannungsfeld, zwischen dem, was von außen an uns herangetragen wird, und dem intensiven Emotionalen, das in uns drin passiert, entstanden.
Wie hat die Geburt Ihres Sohnes das Bandgefüge durcheinandergeworfen?
Johannes Stolle: Ich bin dadurch ja Onkel geworden, und natürlich tangiert das Kind auch die ganze Band. Ich würde sagen, es ist dadurch sehr viel mehr Struktur hineingekommen. Jetzt ist nichts mehr mit: Komm wir trinken mal noch einen Wein und arbeiten an der Idee so lange, wie wir wollen.
Kloß: Das Schöne ist ja, dass diese Situation auch kreativ wahnsinnig viel Einfluss auf uns genommen hat. Zum einen sicherlich inhaltlich. Auf Themen wie Fridays for Future und Umwelt hatte ich vor zwei Jahren noch überhaupt nicht den Fokus, da war ich noch viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Ein Lied wie „Silbermond“, das sich damit auseinandersetzt, hätte es früher wohl nicht gegeben. Zum anderen holt so eine Geburt auch Erinnerungen an die eigene Kindheit und die Eltern hervor. Dadurch ist die Platte einerseits so intensiv persönlich geworden wie noch nie, gleichzeitig aber spiegelt sie auch unsere Beschäftigung mit dem, wo wir als Gesellschaft stehen.
Das erste musikalische Lebenszeichen von Ihnen war die Single „Mein Osten“ – eine Liebeserklärung, aber auch kritische Auseinandersetzung mit Ihrer Heimat. Warum hat es das Lied nicht aufs Album geschafft?
Stolle: Uns war sofort klar, dass der Song frei von einem jeglichen Albumthema stehen soll. Es ist also bewusst ein Song, der für sich steht, damit seine Wichtigkeit hervorgehoben wird.
Kloß: Das Lied hat im Vorfeld schon viele Runden gedreht und wurde größtenteils positiv aufgenommen. Wir haben uns auch viel mit Menschen, die uns nahestehen, darüber ausgetauscht, weil wir sichergehen wollten, dass man das, was wir sagen wollen, auch versteht. Für die einen waren wir die heimattümelnden DDR-Liebhaber und für die anderen die Linksversifften. Ich glaube, das zeigt auch wunderbar die immer stärker zunehmende Polarisierung der Gesellschaft.
Um mal ein schöneres Thema zu besprechen: Fällt Ihnen eine lustige Anekdote zu Köln ein?
Kloß: Wir hatten hier auf jeden Fall unsere promillereichste Erfahrung (lacht). Einer unserer beiden Produzenten, der hier wohnt, hatte uns vor etwa zehn Jahren zum Kölner Karneval eingeladen. Und dann standen da vier Sachsen in Köln – das kann ja nur schiefgehen. Ich glaube, so nach etwa einer Stunde konnten wir auch die Lieder mitsingen und wussten, was eine jeile Zick ist. Eine Woche danach war ich komplett krank.
Stolle: Das war wirklich eine sehr kurzfristige Entscheidung, deshalb war gar nicht die Zeit da, sich ein eigenes, super-kreatives Kostüm zu nähen. Bei mir war es ein Häftlingskostüm, und eigentlich dachte ich, dass das doch bestimmt ausgefallen ist. Und dann: Jeder dritte – von ganz klein bis zum Erwachsenen. Ich war also doch nicht wirklich originell (lacht).
Können Sie ein wenig zur Tour, die Sie am 30. Januar in die Lanxess-Arena führen wird, verraten?
Kloß: Wer das Artwork der Platte gesehen hat, weiß ja, dass es sehr bunt ist. Darauf können sich die Menschen schon einmal einstellen, dass es vielleicht, ich sage mal, floraler wird. Zudem haben wir die Platte im Studio zusammen live eingespielt, da ist nichts hinterher am Computer entstanden. Das hatte den Vorteil, dass wir sofort wussten, dass das live auch alles so unter uns vieren funktioniert. Ich denke, das werden die Fans merken.