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Hilfe für die UkraineDnipro ist neue Kölner Projektpartnerstadt

Lesezeit 4 Minuten

Vor dem Hauptbahnhof von Dnipro warteten Anfang März tausende Menschen auf Züge, um die Stadt zu verlassen.

Dnipro – Bis vor kurzem dürften die wenigsten Kölner diese ukrainische Stadt gekannt haben. Seitdem der Rat im Juni entschieden hat, Dnipro erst einmal zur Projektpartnerstadt zu machen und langfristig zur Partnerstadt, hat sich das geändert. Doch auch wenn der Name nun geläufiger wird, bleiben die Vorstellungen von der Stadt bei den meisten vage.

„Es war eine sehr lebendige, moderne und schöne Stadt. Man konnte viel machen wie ins Kino oder Theater gehen, schwimmen, sich bewegen“, schwärmt Elina Kirchesch. Die 31-Jährige ist in der Stadt am Fluss Dnepr geboren. Vor rund zehn Jahren ist sie nach Düsseldorf gekommen. „Gerade in den letzten Jahren ist Dnipro viel schöner geworden“, erzählt Kirchesch. Auch wenn noch Zeugnisse der Bauten aus der Zeit der Sowjetunion sichtbar seien, seien schöne neue Gebäude hinzugekommen. „Es gibt viel Grün, Kinderspielplätze und einen Streichelzoo“, hebt sie hervor.

200 Jahre alte Stadt am 1 km breiten Fluss

Gut eine Million Menschen wohnten vor dem Krieg in Dnipro. Viele von ihnen sind jetzt ins Ausland geflüchtet. Aber es sind auch viele aus dem Inland hierhin geflohen. „Rund 220000 Ukrainerinnen und Ukrainer, die innerhalb ihres eigenen Landes auf der Flucht sind, halten sich gerade in der Millionenstadt auf“, teilte das Kölner Presseamt Ende Juni mit.

Heute morgen war der erste Hilfstransport aus Köln geplant. Denn während des russischen Angriffskriegs ist Dnipro zu einem wichtigen Drehkreuz für Binnengeflüchtete geworden. „Um die Stadt herum gibt es keine größeren Orte, wer weg will, muss dort zum Hauptbahnhof“, sagt Kirchesch. 400 Kilometer sind es von Dnipro bis in die Hauptstadt Kiew.

Genau wie Köln ist die Millionenmetropole Dnipro die viertgrößte Stadt des Landes. Die freie Kultur war vor dem Krieg ein wichtiger Treiber im städtischen Leben. Das Zentrum für zeitgenössische Kultur (Dnipro Center for Contemporary Culture, DCCC) wurde 2018 zum neuen Mittelpunkt des künstlerischen Lebens der Stadt. Im Zentrum gab es Festivals, Ausstellungen und Konzerte.

Wohl längste Fluss-Promenade Europas am Dnepr

Zur Zeit der Sowjetunion hingegen war Dnipro eines der wichtigsten Zentren der Kernenergie-, Waffen- und Raumfahrtindustrie. „Hier wurden die Raketen für das Raumfahrtprogamm gefertigt“, sagt Kirchesch. Dnipro ist immer noch ein wichtiger Finanz- und Industriestandort der modernen Ukraine. Zudem ist dort das Operative Armeekommando Ost, das die Stadt zu einem bedeutenden Standort der ukrainischen Armee machte.

Partnerschaften

24 Partnerstädte hat Köln. Darunter sind Peking, Tel Aviv, Bethlehem, Barcelona, Cork, Kyoto, Turin, Turku und Rio de Janeiro. Die Partnerschaft mit Wolgograd liegt auf Eis.

Die erste Partnerschaft ging Köln mit Liverpool sieben Jahre nach Kriegsende im Mai 1952 ein. (dha)

Im Vergleich zu Köln mit seiner über 2000 Jahre langen Geschichte, ist Dnipro geradezu lächerlich jung − gerade mal 200 Jahre. Dass die Stadt es in dieser kurzen Zeit geschafft hat, auf Millionengröße anzuwachsen, liegt sowohl an der Industrie als auch an der Geografie. Das Umland ist größtenteils flach und einfach zu besiedeln. Die meisten Wohnsiedlungen, Gewerbe- und Industriegebiete sowie der Stadtkern sind am rechten Dneprufer. Dabei ist der Fluss dort wesentlich breiter als der Rhein in Köln. Der Dnepr kommt auf eine enorme Breite von weit über einem Kilometer. Auch die Promenade am Fluss ist beachtlich. „Angeblich ist sie mit 16 Kilometern die längste Promenade Europas“, glaubt Kirchesch sich zu erinnern.

Während ihre Mutter geflüchtet ist, leben ihr Vater und ihr Bruder noch in der Stadt. „Mein Vater schickt immer wieder Aufnahmen von Angriffen“, sagt die Ukrainerin. Sie gehören jetzt zum Alltag. Genauso wie wesentlich leerere Regale in den Supermärkten. Der Krieg ist gegenwärtig in der Stadt, auch wenn sie nicht an der Front liegt. „Die Krankenhäuser in Dnipro sind jetzt besonders wichtig geworden und voll“, weiß Kirchesch. Umso willkommener dürften die medizinischen Hilfsgüter im Wert von 25000 Euro sein, die heute von Köln aus losgeschickt werden.

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Der Hilfstransport ist die erste Aktion, die nach dem Ratsbeschluss erfolgt. Laut Beschluss soll zuerst einmal humanitäre Hilfe für Dnipro geleistet werden. Neben der akuten Nothilfe soll Dnipro bei der Energie- und Wasserversorgung sowie beim Umwelt- und Gesundheitsschutz unterstützt werden. Längerfristig soll die Partnerschaft in den internationalen Beziehungen Kölns verankert und die Stadt beim Wiederaufbau unterstützt werden.