AboAbonnieren

Härtere StrafenStadt will gegen illegale Wohnungsvermietung vorgehen

Lesezeit 5 Minuten

Symbolbild.

Köln – Aktuell haben die Rollkoffer oft Pause. Durch die Corona-Pandemie kommen weniger Touristen in die Stadt, weniger Junggesellenabschiede, weniger Partyhungrige. Doch das wird sich ziemlich sicher wieder ändern. Und die Gäste nutzten in den vergangenen Jahren häufig Ferienwohnungen statt Hotels. Die Vermieter bieten ihre Wohnungen über Online-Plattformen wie beispielsweise Airbnb an. Die Rollkoffer gelten als Symbol dafür. Unter bestimmten Bedingungen ist das erlaubt, doch einige Vermieter scheren sich nicht darum, vermieten Wohnungen illegal. Die Stadt verhängt deshalb höhere Bußgelder gegen die Vermieter, will so die Abschreckung erhöhen – doch vor Gericht scheitert sie häufig mit den Summen. Im Fokus steht dabei die Frage, ob die Vermieter vorsätzlich gehandelt haben, wie die Stadt es häufig annimmt, oder doch fahrlässig? Die Rundschau hat Fälle analysiert und gibt Antworten.

Worum geht es überhaupt?

Unter anderem um Touristen, die in die Stadt kommen, aber keine Hotel-Preise zahlen wollen. Also suchen sie über Vermittlungsplattformen Vermieter, die ihre Wohnung tageweise für vergleichsweise kleines Geld vermieten. Vor Juli 2014 brauchten die Vermieter dafür keine Genehmigung durch die Stadt. Doch dann verabschiedete der Stadtrat eine Satzung. Das Ziel: Dass in diesen Wohnungen Menschen dauerhaft wohnen und nicht Touristen, weil sie sonst auf dem engen Wohnungsmarkt den Einwohnern Kölns fehlten.

Was ist erlaubt und was nicht?

Die verbotene Zweckentfremdung von Wohnungen liegt im Wesentlichen in drei Fällen vor. Erstens: Wenn ein Vermieter mehr als die Hälfte einer Wohnung dauerhaft gewerblich als Ferienwohnung vermietet. Das sind unter anderem die Vermietungen über Airbnb. Zweitens: Die Wohnung steht länger als drei Monate leer. Oder drittens: Sie wird gar nicht zum Wohnen genutzt, sondern für Gewerbe, ein Beispiel ist Prostitution.

Wie viele Verfahren hat die Stadt verfolgt?

Von Juli 2014 bis Ende 2019 hat die Stadt 267 Bußgeldverfahren eingeleitet, in 64 Fällen hat sie letztlich ein Bußgeld verhängt. Das entspricht 24 Prozent, also knapp einem Viertel. Das hat folgenden Grund: Zunächst leitet die Stadt formal das Verfahren ein, dann äußern sich die Betroffnen und erst danach entscheidet die Stadt, ob sie tatsächlich ein Bußgeld verhängt. Die Bußgeldsumme aller 64 Verfahren liegt bei 720 000 Euro, das sind 11 250 Euro durchschnittlich je Verfahren. Und seit 2014 hat die Stadt in der Wohnaufsicht aufgerüstet, und zwar von 8,5 auf 18 Stellen.

Welche Möglichkeiten haben Besitzer/Vermieter?

Sie können Einspruch einlegen und vor Gericht gehen, um die Bußgelder zu senken oder auszuräumen – und tun das auch. Das zeigt das Jahr 2019: Von 31 Bußgeldverfahren wurde gegen 23 Einspruch eingelegt.

Wie viel musste tatsächlich bezahlt werden?

Stand jetzt mussten die Vermieter erst 281 500 von 720 000 Euro zahlen, das entspricht 39,1 Prozent. Heißt: Von den verhängten Bußgeldern mussten die Besitzer oder Vermieter der Wohnungen über alle Verfahren gesehen nur 40 Prozent zahlen. Allerdings: Noch sind einige Verfahren vor Gericht, der Bußgeldwert liegt in diesen Verfahren bei 293 000 Euro. Im besten Fall für die Stadt kann die Bußgeldsumme noch auf 574 000 Euro steigen. Das wären rund 80 Prozent von den ursprünglich ausgesprochen Strafen. Das gilt aber als unwahrscheinlich.

Was passiert mit den Strafen vor Gericht?

Die Rundschau hat sich zwölf abgeschlossene Gerichtsverfahren angeschaut, sieben davon behandeln die verbotene Nutzung als Ferienwohnung. Das Ergebnis: Die Stadt hat in diesen sieben Verfahren Bußgelder in Höhe von insgesamt 110 000 Euro ausgesprochen – nach den Urteilen der Richter blieben 18 000 Euro übrig. Das sind 16,4 Prozent – der Abschreckungseffekt dürfte dahin sein. Die Stadt geht ja davon aus, dass der Gewinn das Fünf- bis Sechsfache gegenüber der klassischen Miete beträgt. Wie sehr schmerzt also die Strafe von 5000 Euro, wenn das nur ein Monatsgewinn ist?

Warum fallen die Strafen milder aus?

Wenn die Gerichte die Geldbußen teils reduzieren, könnte die Stadt möglicherweise die Strafen nicht genug begründen. Sie hatte angekündigt, sich öfter der Höchststrafe von 50 000 Euro je Wohnung anzunähern. Vor allem, wenn sie vom Vorsatz ausgeht. Doch den muss sie auch nachweisen können. Sozialdezernent Harald Rau sagte: „Ich glaube nicht, dass wir unsere Geldbußen schlecht begründen. In meinen Augen testen Stadtverwaltung und Gericht, was gesetzlich möglich ist. Wir als Stadt wollen natürlich, dass die Bußgelder eine möglichst große Abschreckung erzielen. Was die gerichtliche Maxime ist, kann ich nicht sagen. Aber die Gerichte scheinen sich in einigen Fällen nicht der Geldbußenhöhe anzuschließen, die wir aussprechen. Das halte ich für bedauerlich.“ Und: „Bislang sind die tatsächlich am Ende vom Gericht ausgesprochenen Bußgelder zu wenig wirksam.“

Wie sieht das Gericht die Sache?

Das Gericht hat die Verfahren angeschaut und teilt über einen Sprecher mit: „Diese wenigen Verfahren (...) können aber kaum als Maßstab dafür herangezogen werden, ob Bußgelder generell zu hoch oder niedrig angesetzt werden. Dies bleibt eine Frage des Einzelfalles.“ Konkret reduzierte das Gericht zwei Mal die Strafen, weil es dem Vermieter Fahrlässigkeit bescheinigte – die Stadt war von Vorsatz ausgegangen. Und einmal berücksichtigte es die wirtschaftliche Lage, um die Strafe abzusenken.

Gibt es einen besonderen Fall?

Ja, und zwar im „Ferkulum 16“ in der Südstadt (wir berichteten). Aus 50 000 Euro Strafe für zehn illegal vermietete Wohnungen (also 5000 Euro je Wohnung) machte das Gericht 5000 Euro, nur zehn Prozent. Das Gericht teilt mit: „Das Gericht hat auch hier Fahrlässigkeit angenommen, da der Betroffene nach seiner Angabe davon ausgegangen ist, dass eine Genehmigung zur Vermietung als Ferienwohnung vorhanden war.“ Bei der Stadt sorgte das für Unverständnis, sie sieht keine Fahrlässigkeit.

Was hat das Land jetzt konkret vor?

Die NRW-Landesregierung will flächendeckend Wohnraumschutzsatzungen einführen, so wie sieben Städte sie schon haben, darunter Köln. Vor allem zwei Komponenten wären ab Mitte 2021 für Köln interessant. Erstens: Die erlaubte Bußgeldsumme pro illegal vermieteter Wohnung will das Land von 50 000 auf 500 000 Euro erhöhen. Und zweitens: Um Wohnungen kurzzeitig vermieten zu können, brauchen Vermieter eine Identitätsnummer, in Hamburg gibt es diese Registrierung schon. Sie soll es den Städten erleichtern, leichter an Übeltäter heranzukommen, weil die Nummer mit Daten hinterlegt ist.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wer vermietet überhaupt illegal Wohnungen?

Wohnungsamtsleiter Josef Ludwig sagt: „Es gibt fast alles: Vom einzelnen Glücksritter, der es eben mal versucht mit einer Ferienwohnung, um Geld zu verdienen. Der lässt es häufig aber wieder, wenn wir ihn erwischt haben. Es gibt aber auch den Luxemburger Immobilienfonds als größten Anbieter von zweckentfremdeten Wohnraum. Das ist betriebswirtschaftliches Kalkül, da brauchen sie auf Einsicht nicht zu hoffen, da wird bis zur letzten Patrone gekämpft.“