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Grabungshelfer der Stadt KölnAm Sozialstaat vorbei gebuddelt

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Grabungshelfer an der Baustelle Domhotel.

  1. Die Stadt Köln hat jahrelang illegal Praktikanten als Grabungshelfer in der archäologischen Bodendenkmalpflege beschäftigt, ohne dafür Sozialversicherungsbeiträge an die Rentenversicherung abzuführen.
  2. Die illegale Praxis fiel im Jahre 2017 durch eine Prüfung des Rechnungsprüfungsamtes auf.
  3. Hier gibt es alle Informationen dazu.

Köln – Die Stadt Köln hat jahrelang illegal Praktikanten als Grabungshelfer in der archäologischen Bodendenkmalpflege beschäftigt, ohne dafür Sozialversicherungsbeiträge an die Rentenversicherung abzuführen. Die Staatsanwaltschaft Köln prüft den Fall. Der Rundschau liegen Unterlagen der Stadtverwaltung vor, wonach vom 1. Januar 2014 bis zum 28. Februar 2018 insgesamt 164 Personen auf diese Weise an den Sozialkassen vorbei beschäftigt wurden. Die in dieser Zeit gezahlten Honorare beliefen sich auf insgesamt 960.249 Euro.

Nachforderung von 368.084,58 Euro

Die illegale Praxis fiel im Jahre 2017 durch eine Prüfung des Rechnungsprüfungsamtes auf. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurde diese Form der Beschäftigung „zur Gänze zum 28. Februar 2018 abgestellt“. Seitdem seien die Grabungshelfer „ausnahmslos über städtische Arbeitsverträge beschäftigt“. Praktika würden jetzt nur noch vergeben, wenn es sich um Pflichtpraktika für Studenten handele. Diese seien nicht sozialversicherungspflichtig.

Laut Stadtverwaltung wurde die Rentenversicherung über die Unregelmäßigkeiten bei der Abführung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung informiert. Ergebnis: Die Rentenversicherung stellte eine Nachforderung an die Stadt Köln für die Jahre 2014 bis 2017 in Höhe von insgesamt 368.084,58 Euro.

Illegale Praxis schon viele Jahre lang üblich

Diese Forderung bezieht sich im Wesentlichen auf die Beschäftigung von Grabungshelfern in Praktikantenverhältnissen. Die Rentenversicherung nahm aber auch Werkverträge unter die Lupe, mit denen in der Bodendenkmalpflege zum Beispiel wissenschaftliche Mitarbeiter für die Digitalisierung und Dokumentation von Grabungsfunden beschäftigt werden. Auch diese seien sozialversicherungspflichtig, so die Rentenkasse.

Nach Rundschau-Informationen soll die illegale Praxis schon vor 2014 viele Jahre lang in der Bodendenkmalpflege üblich gewesen sein. Es soll Fälle gegeben haben, bei denen Langzeitstudenten über zehn Jahre für die städtischen Archäologen gearbeitet haben, ohne dass die Stadt Sozialabgaben zahlte.

Der Leiter der Bodendenkmalpflege und Direktor des Römisch-Germanischen Museums (RGM), Marcus Trier, musste sich im Rechnungsprüfungsausschuss vielen kritischen Nachfragen stellen. Das sei kein Kavaliersdelikt, sagt ein Mitglied des Stadtrats. Es könne nicht angehen, dass eine städtische Einrichtung als öffentlicher Arbeitgeber derart außerhalb jeglicher Regeln agiere.

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Laut Stadtverwaltung sollen inzwischen „weitere Fehlbearbeitungen in diesem Zusammenhang ausgeschlossen“ sein. Die Einhaltung korrekter Beschäftigungsverhältnisse werde „bis auf weiteres vom Kulturdezernat überwacht“. Es solle auch untersucht werden, „ob ein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten vorliegt“ und Verantwortliche in Regress genommen werden können.

Auf umfangreiche Nachfragen der Rundschau am Montag an Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach und RGM-Direktor Marcus Trier teilte die Stadtverwaltung am selben Tag lediglich mit: „Die Staatsanwaltschaft prüft, ob hier ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt.“ Das Vergabeamt der Stadt will nun Schulungen für die Mitarbeiter in den betroffenen Ämtern anbieten. Und damit so etwas in anderen Ämtern nicht mehr vorkommt, hat die Stadtverwaltung in ihrem Intranet ein Merkblatt veröffentlicht, das die Unterschiede zwischen Dienst-, Werk- und Arbeitsverträgen erklärt. Außerdem will man am RGM weiterhin die Ausbildung von Studierenden der Archäologie und fachnahen Studiengänge unterstützen – durch eine „befristete Beschäftigung von Studentinnen und Studenten der entsprechenden Fachrichtungen unter Einhaltung der erforderlichen Regularien“.