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Gründung eines „Food-Hubs“Gutachten gibt Großmarkt in Köln noch eine Chance

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Großmarkt

Denkmalgeschützt, aber alt und verfallen: Die Halle auf dem Großmarkt-Gelände.

2025 sollen am Standort Raderberg endgültig die Lichter ausgehen. Es sieht so aus, als gäbe es für einen Großmarkt in Köln auch bei einem Umzug nach Marsdorf keine Chance mehr. Doch ein Gutachten zeigt nun neue Perspektiven auf.

Unter bestimmten Voraussetzungen, so das Fazit eines im Wirtschaftsausschuss vorgestellten Gutachtens, könne sich die Gründung eines neuen Frischezentrums oder „Food-Hubs“ in Köln rechnen. Hintergrund war die bevorstehende Schließung des Großmarktes im nächsten Jahr und die damit verbundene Frage, ob und wenn ja in welcher Form Ersatz geschaffen werden kann. Im Rat der Stadt wird Anfang Oktober endgültig über das Aus inklusive Änderung der Marktsatzung entschieden. Der Wirtschaftsausschuss hatte die Vorlage ohne Votum weitergereicht.

Die Präsentation der Belius GmbH zu einem möglichen Nutzungskonzept gründete auf einer oft diskutierten Fläche in Marsdorf als Standort, allerdings nur als Beispiel. Das neue Frischezentrum hätte laut Studie gar das Potenzial, zum ersten „Ernährungscampus“ in Deutschland werden zu können. Allerdings müsste es sich dann weiterentwickeln und sich nicht mehr nur als reiner Logistikstandort verstehen, sondern als einen „Vollversorger mit der Stärkung regionaler Produkte, gesunder Ernährung, mit einem Bildungs- und Innovationszentrum der Ernährungswirtschaft“.

Im genannten Beispiel ließe sich bei zweigeschossiger Bauweise eine Nutzfläche von rund 49.000 Quadratmeter erreichen. Nach erster und grober Schätzung wäre mit einem Investitionsvolumen von rund 140 Millionen Euro zu rechnen. Bei einer üblichen 20-prozentigen Eigenkapitalquote wären demnach rund 28 Millionen Euro einzubringen, was etwa 570 Euro je Quadratmeter Nutzfläche entspräche. Darüber hinaus wären durch die Nutzerinnen und Nutzer zusätzlich die Investitionen für Mietereinbauten zu erbringen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die beste Betriebsform die einer Genossenschaft wäre, die ihrerseits einen strategischen Investor der Ernährungswirtschaft mit an Bord holt. Die Nettokaltmiete läge laut dieser Berechnungsgrundlage bei 19 Euro pro Quadratmeter.

Spätestens bei den Finanzen wird auch deutlich, wo die Crux bei einem solchen Projekt liegt. Denn bis das Frischezentrum tatsächlich stehen würde, vergingen im besten Falle vier, im ungünstigsten rund 15 Jahre. Die Händler müssen aber jetzt den Großmarkt verlassen und anderswo investieren, um ihre Waren weiter anbieten zu können. Fraglich, ob sie sich dann in einem langfristig gedachten Projekt engagieren wollen und können.

Das Großmarkt-Konzept

Das Großmarkt-Konzept

Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsdezernent Andree Hack erklärte, er nehme eine Beauftragung der Verwaltung für die „konzeptionellen Überlegungen, verschiedene Standortoptionen aufzuzeigen und dem Rat vorzustellen mit dem Ziel, Planungs- und Baurecht für die Erstellung eines modernen Frischezentrums bzw. Food Hubs zu schaffen“ (so die Vorlage), gerne auf. Allerdings spricht auch er von einer „kritischen Masse“, die für ein solches Projekt erreicht werden müsse: Soll heißen, es müssten sich überhaupt genug Händler zusammenschließen, damit sich ein solches Zentrum rechnet. Auch wenn die Stadt eine geeignete Fläche fände und diese dann einer Genossenschaft zur Verfügung stellen würde.

Ebenfalls beschlossen werden sollen weitere „Workshops“, um eine geeignete Basis zu finden und eine „bestmögliche Lösung zu erarbeiten“. Dazu werden Mittel bis maximal 250.000 Euro bereitgestellt.

Beigefügt waren der Studie die Ergebnisse eines Blicks auf die Großmärkte in anderen Städten. Bereits jetzt liegen andere deutsche Städte, was die reine Fläche angeht, bei teilweise über der doppelten Größe (Berlin 330.000 Quadratmeter, München 276.000 Quadratmeter, Köln noch 150.000 Quadratmeter). Aber auch Hannover, Stuttgart, Bremen und Nürnberg liegen vor der Domstadt. Und sie sind — mit Ausnahme Hamburgs, das sich ebenfalls auf Obst und Gemüse konzentriert — mit ihrem Angebot ganz erheblich breiter aufgestellt als der Kölner Großmarkt.