Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Schwierige WohnungssucheWalter-Borjans berichtet von seiner Rückkehr nach Köln

Lesezeit 5 Minuten
Walter-Borjans

Nach zwei Jahren Berlin und vier Monaten Düsseldorf zieht Norbert Walter-Borjans in eine neue Wohnung in Riehl.

Köln – Von der Spree zurück an den Rhein: Nach monatelanger Wohnungssuche hat der frühere SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans (69) ein neues Domizil in Köln gefunden. „Nach Ostern ziehen meine Lebensgefährtin und ich in eine Vierzimmerwohnung in Riehl“, erzählt der frühere NRW-Finanzminister der Rundschau bei einem Spaziergang in der Flora.

Schwierige Suche nach einer Wohnung in Köln

Weil er seine Wohnung in Sülz seinem ältesten Sohn und dessen Frau überlassen hat, erfuhr er am eigenen Leib, wie schwierig es ist, in Köln eine Wohnung zu finden. „Meist waren schon 50 oder mehr Interessenten vor uns im Rennen. Jetzt hatten wir endlich Glück, haben die Wohnung im Internet als Erste gesehen und sofort zugegriffen.“ In seine Berliner Wohnung an der Prenzlauer Allee ist seine jüngste Tochter eingezogen, seitdem lebte Walter-Borjans mit seiner Lebensgefährtin in Düsseldorf. Nun ziehen beide gemeinsam nach Köln. „Es war immer klar, dass wir nach meiner Berliner Zeit hier unseren Lebensmittelpunkt haben werden.“

Norbert Walter-Borjans

Die Kölner Flora liegt für Ex-SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bald gleich um die Ecke

Das neue Zuhause liegt nur einen Steinwurf vom Botanischen Garten entfernt. Besonders freut sich „Nowabo“, wie Freunde und Weggefährten ihn nennen, auf die Nähe zum Rhein. „Den Rhein habe ich in Berlin vermisst. Und mein geliebtes Joggen kam definitiv zu kurz.“ Denn bei dem anstrengenden Job als Parteichef in Berlin, den er von Ende 2019 bis zum 11. Dezember 2021 ausübte, blieb dem Rheinländer kaum Zeit für sportliche Betätigung. „Das Amt ist extrem zeitintensiv und kräftezehrend. Ab 5.30 Uhr trudeln die ersten Nachrichten ein, auf die man reagieren muss. Das geht dann den ganzen Tag so, nicht selten bis Mitternacht. Es wird mit harten Bandagen gekämpft, und überwiegend im Home Office ist es nicht leicht, einen Sack Flöhe zusammenzuhalten (lacht).“

Überflüssige Pfunde werden jetzt weggejoggt

Zu wenig Bewegung und die Einschränkungen der Pandemie – da ging es Nowabo nicht anders als vielen anderen Bürgern: Er nahm zu. Doch das ist vorbei. „Jetzt jogge ich mindestens 20 Kilometer in der Woche.“ Neun Kilo hat er seit Januar verloren, mit einer App zählt er eifrig die verbrannten Kalorien. Ein kleines Hobby für einen Mann der Zahlen, dessen Abschied aus der Bundespolitik so plötzlich kam wie sein Einstieg 2019, als er gemeinsam mit Saskia Essen das Duo Olaf Scholz/Klara Geywitz aus dem Rennen um den Parteivorsitz warf. Und fortan alles dafür tat, um genau diesen Olaf Scholz zum Kanzler zu machen.

Doch Nowabo trauert der Bundespolitik nicht hinterher. „Diese zwei Jahre waren eine runde Angelegenheit. Es ist ja etwas Gutes daraus geworden, und ich habe das gute Gefühl, dazu beigetragen zu haben“, betont er. Fast immer in seinem bisherigen Berufsleben sei er gerufen worden – ob als NRW-Regierungssprecher, als Staatssekretär oder als Kölner Wirtschaftsdezernent. Beim SPD-Bundesvorsitz sei das anders gewesen. Da habe er es selbst wissen wollen. Um die zerstrittene und tief verunsicherte SPD, die bei der Europawahl 2019 auf 15,8 Prozent gestürzt war, wieder nach vorne zu bringen.

Vom Kampf gegen Steuerhinterzieher

Als Andrea Nahles als SPD-Chefin zurücktrat, war Nowabo 66 Jahre alt und Polit-Rentner. Mit seinem Buch „Steuern – der große Bluff“ tourte er gerade auf Lesereise quer durch Deutschland. Darin schildert er seinen Kampf gegen Steuerhinterzieher, die er als NRW-Finanzminister durch den Ankauf von CDs aus der Schweiz mit Daten von Steuerbetrügern aufspürte. Immer wieder sei darauf angesprochen worden, dass Steuergerechtigkeit doch ein ureigenes Thema der Sozialdemokratie sei. Und einige hätten ihn gefragt, warum er nicht selbst für den Parteivorsitz kandidiere. Kurz vor Bewerbungsschluss hätten ihm dann im Sommer 2019 mehrere Genossen aus NRW bei einem Treffen in Köln deutlich gemacht, dass er antreten solle. „Da habe ich mir gesagt, jetzt werfe ich meinen Hut in den Ring.“ Am Ende siegten Nowabo und Esken in der Stichwahl mit 53,1 Prozent klar gegen Scholz und Geywitz.

Es folgten zwei sehr intensive Jahre im Berliner Politikbetrieb. Bei der Bundestagswahl im September 2021 triumphierte die SPD. Und Walter-Borjans, der dafür die Grundlagen mitgelegt hatte, selbst aber kein Bundestagsmandat wollte, verkündete seinen Abschied als Parteichef.

Bildhauerei statt Bundespolitik

Fiel es ihm nicht schwer, die Zirkel der Macht wieder zu verlassen? Nein, sagt Nowabo. „Manche Politiker hören im Alter nur aus Mangel an Alternativen nicht auf mit der Politik. Bei mir ist das anders. Ich will meine Restlaufzeit noch für andere schöne Dinge nutzen.“ Sport, Reisen, Kunst und mehr Zeit für die Menschen um ihn herum stehen ganz oben auf der Agenda des vierfachen Vaters. Vor wenigen Tagen ist seine erste Enkeltochter zur Welt gekommen. Auch seiner Leidenschaft für Marmorbildhauerei, Malerei und Zeichnen wird er wieder frönen. Aber die Stadt Köln sucht doch gerade einen neuen Wirtschaftsdezernenten. Würde ihn das nicht noch mal reizen? „In Köln gibt es zwar sehr viel zu tun. Aber wer in Köln noch vollendet sehen will, was er angestoßen hat, sollte ein paar Jahrzehnte mehr vor sich haben als ein knapp Siebzigjähriger.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Im Wahlkampf zur Landtagswahl am 15. Mai mischt Nowabo aber noch kräftig mit. In den vergangenen Tagen war er unter anderem bei den Genossen in Köln-Mülheim, Düsseldorf, Essen, Bonn und Ochtrup zu Gast. „Der Kontakt zur Basis tut gut und ist wichtig für die Mobilisierung der Partei.“ SPD-Mitglied ist er momentan übrigens noch in Düsseldorf. „Aber ich werde nach dem Umzug natürlich zurück in den Unterbezirk Köln wechseln.“