EM-Spiel beim SpanierIm „Al Andalus“ in Köln fiebert man dem Viertelfinale entgegen

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Doppelte Freude und geteiltes Leid: Antonio Navarro, Inhaber des „Al Andalus“ hält zu Spanien, seine Fau Yvonne drückt Deutschland die Daumen.

Doppelte Freude und geteiltes Leid: Antonio Navarro, Inhaber des "Al Andalus" hält zu Spanien, seine Fau Yvonne drückt Deutschland die Daumen.

Nahezu alle Tische sind reserviert. Im „Al Andalus“ in Köln ist angerichtet für das EM-Viertelfinale. Hausbesuch bei einem Mann, der schon viele Endspiele gesehen hat und die Ruhe selbst ist. Zumindest bis zur 80. Minute.

Neulich hatte ein Team des spanischen Fernsehsenders RTVE seine Kamera vor dem Restaurant „Al Andalus“ in der Gladbacher Straße aufgebaut, um die Ausgelassenheit spanischer Fans einzufangen. Dann durfte Inhaber Antonio Navarro am Mikrofon die Chancen der spanischen Mannschaft im Viertelfinale gegen Deutschland einschätzen. „Die machen wir fertig“, hatte er getönt und muss selbst lachen, wenn er das Video seines Fernsehauftritts sieht. „Die wollten halt Euphorie haben. Aber ich sage, es steht 3:3 nach 90 Minuten, nach Verlängerung steht es 4:4. Und dann mal sehen, was im Elfmeterschießen passiert“, sagt Navarro diplomatisch, wobei schwer zu sagen ist, ob er unterschwellig nicht doch das Fertigmachen bevorzugen würde.

Sein Laden wird voll sein, nahezu alle Tische seien ausgebucht, auf sechs Monitoren wird er am Freitag um 18 Uhr das Spiel zeigen, das für emotionale Gespaltenheit seiner Familie sorgt. Sein Herz schlägt für Spanien, das Herz seiner Frau Yvonne, die sich als „kölsch Mädcher“ vorstellt, schlägt aber für die deutsche Elf. Das „Al Andalus“ ist so etwas wie eine spanische Festung, die Begeisterung sei während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland ausgebrochen, seitdem sei die Hütte oft voll gewesen, was auch an den Erfolgen der spanischen Mannschaft lag, die seit 2008 zweimal Europameister und einmal Weltmeister wurde. Am Freitag erwartet Antonio Navarro wieder 300 bis 400 Fans.

Ich bin sehr fanatisch, aber bei den Spielen bin ich die Ruhe selbst, erst in den letzten zehn Minuten steigt die Anspannung bei mir.
Antonio Navarro

Für das Kölner Achtelfinalspiel zwischen Spanien und Georgien hatte Antonio Navarro 18 Tickets organisiert, was einen guten Hinweis auf seine Vernetzung in der spanischen Gemeinde gibt. „Viele wollten Georgien nicht sehen, ich habe die Karten alle an Familie, Freunde und Bekannte weitergegeben“, erzählt der Mann, der seine Liebe zum Fußball erst auf Umwegen entdeckt hat. Sein Vater nahm ihn damals nahe seines Heimatstädtchens Antas mit zum Stierkampf, „das war aber nicht mein Ding“, gesteht er. Als Jugendlicher spielte er Basketball, doch seine Leidenschaft gehört nun dem Fußball. „Ich bin sehr fanatisch, aber bei den Spielen bin ich die Ruhe selbst, erst in den letzten zehn Minuten steigt die Anspannung bei mir“, fasst er das Ergebnis seiner Eigenanalyse zusammen.

Was den Fußball betrifft, hat Antonio Navarro ein großes Herz. Jahrelang gehörte der „Kölsche FC Barcelona-Fanclub“ zu seinen Stammgästen bei Champions League-Abenden. Er hat das toleriert, obwohl er für die Königlichen von Real Madrid hält. In der Wohnung über seinem Laden hängt an der Wand ein gerahmtes Real-Trikot mit Unterschriften aller Spieler. Regelmäßig kommen Menschen aus der Fußball-Branche in seinem Laden essen – und Kontakte sind halt das Salz in der Suppe, oder vielmehr die Knoblauchraspeln in den Tapas.

Paella zum Abschied von Raúl

Als der spanische Ausnahmefußballer Raúl im Jahr 2010 aus Madrid zu Schalke 04 wechselte, brummte bei Antonio Navarro der Laden. „In dieser Zeit hatte ich hier regelrechten Tourismus aus Spanien, weil man dort nach dem Training nicht so nah an die Spieler rankommt. In Deutschland aber schon“, weiß der Gastronom. Natürlich gehört zu seiner Sammlung neben einem unterschriebenen Real-Trikot von Dani Carvajal auch ein Leibchen von Raúl, für dessen Abschiedsspiel auf Schalke er das Catering samt großer Paella bereiten durfte. „Meine größte gastronomische Sporterinnerung“, sagt er stolz.

Antonio Navarro hat also schon einiges erlebt in seiner Fan-Karriere. Als Deutschland und Spanien bei der EM 2008 in Wien das Endspiel bestritten, war er im Stadion. Ebenso beim Elfmeter-Krimi im Finale der Nations League voriges Jahr in Rotterdam zwischen Spanien und Kroatien. Nun soll wieder ein Finale hinzukommen. Auch aus beruflicher Sicht wünscht er sich einen spanischen Erfolg, „denn bei den Spielen ist der Laden richtig voll“, weiß er.

Hinterher kann Antonio Navarro behaupten, es ja geahnt zu haben. Das mit dem Fertigmachen. Oder aber das knappe Ergebnis mit ungewissem Ausgang.

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