Enorm gestiegener BedarfSchuldnerberatungen in Köln fordern Ausbau ihrer Kapazitäten
Köln – Eigentlich lief alles nach Plan. Zwei Kinder, eineinhalb Jobs, das neue Auto budgetschonend auf Raten gekauft, wie das viele Menschen tun, und an die Alterssicherung hatte die junge Familie auch gedacht. Während der Pandemie brachen die Einnahmen der freiberuflich tätigen Mutter ein, die Rücklagen wurden nahezu aufgebraucht. Durch eine Erkrankung fiel ihr Einkommen dauerhaft weg, dann kam eine kleine Mieterhöhung, eine hohe Heizkostennachzahlung, Monate mit massiven Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel.
„Und dann reicht plötzlich das Geld nicht mehr. Raten und die Miete können nicht mehr gezählt werden, Pfändungen drohen. Aus einer gut geplanten Verschuldung wird dann sehr schnell eine Überschuldung“, sagt Markus Kühn, Sachgebietsleiter beim Sozialdienst Katholischer Männer (SKM).
Als einer von zehn Trägern in Köln bietet der SKM eine kostenlose Schuldnerberatung an. „Auf unserer Warteliste stehen 50 Ratsuchende“, so Kühn, „Und die ist immer bis zum letzten Platz beleget. Wir haben nicht annähernd genug Beratungstermine und müssen immer mehr Menschen abweisen.“
Termine bei der Beratung schon Mitte Mai ausgebucht
Das ist auch bei der Verbraucherberatung Köln ein gravierendes Problem. Ihre Schuldner-Insolvenz-Termine waren schon Mitte Mai komplett ausgebucht.„Die Nachfrage wird noch deutlich ansteigen“, fürchtet Berater Uwe Humbert-Kukulady. „Und die Betroffenen brauchen schnell Hilfe, damit sie nicht in eine Abwärtsspirale geraten.“
„Keine Rücklagen haben vor allem die Familien, die mit ihren Einkünften knapp über dem Existenzminimum liegen“. Sabine Brüsting, Leiterin der Caritas-Beratungsstelle in Höhenhaus, hat ebenso wie Martina Schönhals vom Diakonischen Werk Köln und Region „einen enorm angestiegenen Beratungsbedarf“ festgestellt. „Unsere Telefon steht während der zweistündigen Terminvergabe keinen Augenblick still “, so Schönhals.
Auch Menschen, die bereits massiv verschuldet sind, suchen in den Beratungsstellen Hilfe. Denn das aufwendige Entschuldungsverfahren bei einer Privatinsolvenz kann nicht ohne professionelle Begleitung bewältigt werde. Dafür bietet es aber die Perspektive, nach einer streng reglementierten „Wohlverhaltensphase“ und einer Teilrückzahlung binnen dreier Jahre von den Restschulden befreit zu werden. Doch auch dafür gibt es immer weniger Beratungskapazitäten. „Unser Budget ist seit 2018 nicht mehr erhöht worden“, so Kühn. Wer keinen Termin bekommt, muss auf die Hilfe gewerblicher Berater zurückgreifen. „Danach haben die Betroffenen noch mehr Schulden. Und oft wird auch nicht die Art von Beratung geleistet, die die Klienten bräuchten“, so Kühn.
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Ein Teil der Betroffenen kommt direkt vom Jobcenter, dass die Beratung der Leistungsbezieher finanziert. Auch sie brauchen dringend Hilfe. „Viele dieser Menschen versuchen, wieder auf dem Arbeitsmarkt Tritt zu fassen“, so Kühn. „Schulden belasten oft schwer und können diesen so schon nicht leichten Prozess massiv beeinträchtigen.“
Keine Ressourcen gebe es auch für einen wichtigen Teil der Beratungsarbeit, die Prävention von Verschuldung. Gemeinsam mit der Diakonie Düsseldorf haben der SMK Köln und Essen ein Programm entwickelt, wie Ältere vor dem Eintritt ins Rentenalter in Sachen Schuldenprävention beraten werden können. „Wir können es nicht in die Praxis umsetzen“, sagt Kühn. „Die aktuelle Finanzierung durch Kommune und Land lässt keinen Ausbau der Beratungskapazitäten zu.“