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Enges Verhältnis zu KölnWie die Stadt um Gerhart Baum trauert

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Noch im Mai letzten Jahres diskutierte Gerhart Baum im Kölnischen Stadtmuseum mit Schülerinnen und Schülern über das Grundgesetz und 75 Jahre Nordrhein-Westfalen.

Noch im Mai letzten Jahres diskutierte Gerhart Baum im Kölnischen Stadtmuseum mit Schülerinnen und Schülern über das Grundgesetz und 75 Jahre Nordrhein-Westfalen.

Zwischen hoher Politik und Verbundenheit zum Veedel: Gerhart Baum betrachtete Köln als seine Heimat.

Zu Köln hatte Gerhart Baum eine ganz besondere Beziehung. In Dresden geboren und über viele Jahre auch in Berlin wohnhaft, betrachtete er Köln doch als seine eigentliche Heimat. 1950 zog seine Familie hierhin, Gerhart Baum war damals gerade mal 18 und sollte der Domstadt von da an immer treu bleiben. „Köln ist meine Heimat“, sagte er einmal im Interview mit der Rundschau. „Ich habe emotionale Beziehungen zu meinem Geburtsort Dresden, auch zu meinem Fluchtort Tegernsee. Berlin ist eine rationale Entscheidung gewesen. Aber wenn ich nach Köln über die Rheinbrücken fahre, denke ich immer, Gott sei Dank, du bist zuhause.“

In Köln startete auch Baums politische Karriere. 1954 trat er in die FDP ein, war von 1962 bis 1972 Kreisvorsitzender der FDP und von 1969 bis 1973 Mitglied im Rat der Stadt und Fraktionsvorsitzender. „Gerhart Baums Arbeit im Kölner Rat war schon damals geprägt von seiner klaren Haltung für eine offene, freiheitliche Gesellschaft. Für uns ist es eine besondere Ehre, dass Gerhart Baum seine Wurzeln in unserer Stadt Köln hatte. Sein Lebenswerk ist uns Verpflichtung und Ansporn, seine Werte weiterzutragen,“ erklärt der Vorsitzende der FDP-Ratsfraktion, Volker Görzel.

Kinder sind willkommen, Geschenke nicht.
Gerhart Baum anlässlich seiner Feier zum 90. Geburtstag

Bis ins hohe Alter nahm Baum auch in Köln an Podiumsdiskussionen teil, erhielt noch im letzten Jahr die Ehrendoktorwürde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln und ließ sich auch das ein oder andere mal in den Veedelskneipen der Südstadt blicken, wo er ebenso leidenschaftlich debattieren konnte wie einst im Rat oder im Bundestag. Seinen 90. Geburtstag feierte er im Südstadt-Brauhaus „Früh em Veedel“, wo sich neben allerlei prominenten Weggefährten auch die halbe Nachbarschaft einfand. „Kinder sind willkommen, Geschenke nicht“, gab er damals gewohnt gradlinig aus.

Eintrag ins Gästebuch der Stadt

Seinerseits verdoppelte er dafür die Spenden an die Weihnachts-Aktion des Südstadt-Pfarrers Hans Mörtter. Im Februar letzten Jahres trug sich Gerhart Baum anlässlich des 75-jährigen Bestehens der FDP-Ratsfraktion ins Gästebuch der Stadt Köln ein. Mit Betroffenheit hat auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf die Nachricht vom Tod Gerhart Baums reagiert: „Mit Gerhart Baum geht ein großer Liberaler, ein Anwalt von Freiheit und Menschenwürde, dessen Engagement nicht an Deutschlands oder Europas Grenzen haltmachte. Wir Kölnerinnen und Kölner sind stolz darauf, dass Baum seine politischen Wurzeln im Rat unserer Stadt hatte und Köln 22 Jahre lang im Bundestag und als Innenminister vertreten hat.“

Und auch die Kölner Freien Demokraten trauern. „Der Verlust von Gerhart Baum trifft uns tief. Wir verlieren ein großes Vorbild und eine wichtige Inspiration. Sein Eintreten für die Freiheit war stets mit der Mahnung verbunden, wachsam zu sein für ihre Bedrohungen. Die sah er auf beiden Seiten des politischen Spektrums, zuletzt trieb ihn aber besonders die Gefährdung durch die völkisch-nationalistische Rechte und den erstarkenden Autoritarismus um“, erklärt Lorenz Deutsch, Vorsitzender der Kölner FDP. Die Stadt Köln wird ab Montag, 17. Februar, 11 Uhr im Rathaus, Spanischer Bau, ein Kondolenzbuch für Gerhart Baum auslegen.