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Elternvertreter entsetztStadt Köln weist fast jedes dritte Kind an Gesamtschulen ab

Lesezeit 3 Minuten
Untericht Lehrer an der Tafel

Symbolbild.

Köln – Bei der Vergabe der begehrten Gesamtschulplätze gehen mehr Pänz leer aus denn je. Wie die Stadt mitteilte, wurden dieses Jahr 980 Kinder an Gesamtschulen abgelehnt – fast jedes dritte (29,4 Prozent). Voriges Jahr gab es 695 Ablehnungen, 2020 waren es 951 und im Jahr davor 730. Der bisherige Rekordwert von 2018 mit 960 Ablehnungen wurde diesmal also noch übertroffen.

Insgesamt wurden 3330 Schülerinnen und Schüler (Vorjahr: 2963) an den 15 städtischen Gesamtschulen angemeldet. Davon bekamen 2350 einen Platz, darunter 252 mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf. An privaten Gesamtschulen könnten 83 weitere Kinder angenommen werden, so die Stadt.

Elternvertretung: Viel zu wenige neue Plätze werden geschaffen

Elternvertreter reagierten entsetzt. „Die Zahl der Ablehnungen ist erschreckend hoch“, sagte Achim Schmitz, Vorsitzender der Schulpflegschaft der Gesamtschulen, der Rundschau. Das Problem sei, dass die Schaffung neuer Gesamtschulplätze dem steigenden Bedarf total hinterherhinke. Das liege vor allem an Versäumnissen der Vergangenheit. „Die Stadt hätte schon vor acht, neun Jahren beginnen müssen, viel mehr in die Gesamtschulen zu investieren.“ Aktuell sei die Verwaltung zwar bemüht, die Lage zu verbessern, aber es dauere einfach zu lange.

„Wir leiden mit allen Eltern, deren Kinder abgelehnt wurden“, erklärte die Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft, Nathalie Binz. Die Entwicklung sei absehbar gewesen, die Stadt komme ihrer Verpflichtung, Schulplätze zu schaffen, nicht in ausreichendem Maße nach.

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Kein gutes Omen für die Gymnasien

Das Anmeldedesaster an den Gesamtschulen sei „der Vorbote, des Tohuwabohu, das uns an den Gymnasien noch bevorsteht“, sagte Binz. Sie forderte die Stadt auf, „mit Hochdruck kreative Lösungen für neue Schulen zu finden. Insbesondere für Gesamtschulen, weil wir da ja sehen, dass der Bedarf extrem hoch ist.“

Eltern abgelehnter Kinder müssen ihren Nachwuchs jetzt an einer anderen Schulform anmelden (Gymnasium, Realschule, Hauptschule). Die Frist dafür läuft vom 21. Februar bis 4. März. Bis 23. März müssen Eltern den Schulen melden, ob sie einen angebotenen Platz annehmen. Frei werdende Plätze werden über Wartelisten nachbesetzt.

Kommentar: Die Schere geht weiter auf

Es ist seit Jahren das gleiche erschreckende Bild: Mal wird rund jedes vierte Kölner Kind abgelehnt, das auf eine Gesamtschule gehen möchte, mal sogar jedes dritte. Der Trend bleibt stets derselbe: Das Angebot hält mit der steigenden Nachfrage absolut nicht mit. Zwar hat die Stadt dieses Jahr 54 zusätzliche Gesamtschulplätze geschaffen. Doch es gab 367 mehr Anmeldungen als im Vorjahr – die Schere geht also noch weiter auf.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Stadt mehr Gesamtschulen einrichten muss, sprechen 980 abgelehnte Kinder eine deutliche Sprache. Dass das Ratsbündnis teils gegen den Elternwillen auf den Bau von Gymnasien statt Gesamtschulen setzt wie in Rondorf, ist kaum nachvollziehbar. Jedoch gibt es auch bei Gymnasien Engpässe, abgelehnte Kinder werden mitunter quer durch die Stadt geschickt.

Die Oberbürgermeisterin und das Ratsbündnis halten sich zu Gute, dass sie den Schulbau angekurbelt, Rekordetats bereit gestellt und neue Ideen ausprobiert haben. Trotzdem stellen wir fest: Das reicht nicht. Das Anmeldedesaster geht weiter. Es ist also noch viel zu tun.