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„Ein übertriebenes Glück“Kölner Sängerin Andrea Schönenborn übers Mutter werden

Lesezeit 6 Minuten
Andrea Schönenborn

Ein paar Wochen vor der Geburt ihres ersten Kindes: Andrea Schönenborn.

  1. In der Interview-Reihe „Alles auf neu“ erzählen uns Kölnerinnen und Kölner von ihren Neuanfängen.
  2. Andrea Schönenborn ist Moderatorin und Sängerin der Funky Marys.
  3. Während die 44-Jährige ihr erstes Kind erwartete, sprach Henriette Sohns hat mit ihr über große Veränderungen.

Wie fühlt es sich für Sie an, bald Mutter zu werden?Ich habe schon viele aufregende Abenteuer erlebt, vor allem wenn man in einer Branche wie meiner arbeitet. Aber das ist jetzt wahrscheinlich das allergrößte Abenteuer, was man als Frau erleben kann. Es ist ein übertriebenes Glück – und tierisch aufregend, weil es einfach so unplanbar ist, was passiert.

Was glauben Sie denn, was sich für Sie verändern wird?

Alles (lacht). Meine Schwester ist vor zweineinhalb Jahren Mama geworden und sie hat gesagt, dass wird eine Liebe sein, die du mit nichts anderem vergleichen kannst. Ich denken, meine Prioritäten werden sich ziemlich verschieben. Vieles, was früher wichtig war, wird jetzt noch mal anders eingeordnet im Leben. Bei einigen Sachen frage ich mich: Warum habe ich da so viel Wert drauf gegeben? Ist das überhaupt noch wichtig?

Zum Beispiel?

Bei mir hat das Business immer stark im Fokus gestanden. Das Private rückt jetzt in den Vordergrund. Da freue ich mich drauf.

Kann man sich auf diese Veränderung vorbereiten?

Nee, gar nicht. Wobei ich sagen muss, dass ausgerechnet Corona mich auf die kommende Zeit ganz gut vorbereitet hat. Ich fokussiere mich seitdem mehr auf das Wesentliche – das mussten wir ja unweigerlich in den vergangenen Monaten. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Zeit mit meiner Familie und den engsten Freunden verbracht – sonst war ich ja immer unterwegs. Das habe ich total genossen und das wird ja erst mal so weitergehen.

Zur Person

Andrea Schönenborn, geboren 1976 in Köln, steht seit ihrem vierten Lebensjahr als Sängerin auf der Bühne.

Sie ist studierte Diplom-Kauffrau, absolvierte gleichzeitig eine Ausbildung zur Industriekauffrau und zur Fremdsprachenkorrespondentin.

Seit 2002 gibt es die Funky Marys, Andrea Schönenborn und ihre Schwester Yvonne haben die Funky Marys gegründet. Schönenborn arbeitet ebenfalls als Moderatorin beim WDR, unter anderem bei der jährlichen Sessionseröffnung auf dem Heumarkt. Die Unternehmerin bietet außerdem Coachings und Management für andere Künstler an, schreibt Songs und entwickelt neue Veranstaltungsformate.

Auf der sozialen Plattform Instagram folgen ihr fast 8000 Menschen, dort zeigte sie den Verlauf ihrer Schwangerschaft. Inzwischen ist ihr Sohn Alexander zur Welt gekommen. (hes)

Haben Sie auch Ängste, was diesen neuen Lebensabschnitt betrifft?

Keine wirklichen Ängste, aber ein Kind zu bekommen ist schon eine uneinschätzbare Herausforderung. Man möchte ja als Mutter vor allem das Beste für sein Kind, alle möglichen Türen öffnen. Da ist auf jeden Fall eine Unsicherheit da, ob man das alles hinbekommt. Vor schlaflosen Nächten habe ich dagegen keine Angst, schon am Ende der Schwangerschaft habe ich wenig geschlafen, jede Nacht war ich um vier Uhr wach.

Wie ist es für Sie, erst mit 44 Mutter zu werden?

Na ja, mit 30 gilt man ja sogar schon als Spätgebärende. Aber ich muss sagen, ich hatte sehr viel Glück, ich hatte keine Beschwerden und keine Einschränkungen. Trotz meines hohen Alters. Eine Bilderbuchschwangerschaft und ein kleines Wunder. Ich dachte immer, dass ich keine Kinder kriegen kann, das haben mir alle Ärzte gesagt. Ich hatte damit abgeschlossen. Und dann kam der Lockdown, alles kam zum Stillstand, der Körper kommt zur Ruhe. Ich wurde schwanger. Das ist im Rückblick wirklich Wahnsinn und ich bekomme immer noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke.

Wie kriegt man die Arbeit im Karneval und ein Baby unter einen Hut?

Ich habe ja Glück, nächstes Jahr verpasse ich keine Session (lacht). Im Ernst, ich bin selbstständig und kann meine Zeit daher etwas freier einteilen. Für die Auftritte haben wir Eltern und Freunde, die uns unterstützen. Im Januar und Februar haben wir mit den Funky Marys normalerweise um die 130 Auftritte, aber das konzentriert sich eher auf die Wochenenden. Wir haben aber auch einen großen Pool an Ersatz-Marys: In der festen Formation sind wir zu fünft und fünf weitere Mädels können immer für uns einspringen.

Wie gehen Sie generell mit Veränderungen in Ihrem Leben um?

Unterschiedlich. Ich bin jemand, der oft umgezogen ist, viele Wohnungswechsel hatte. Das hat immer ein paar Wochen gedauert, bis ich mich an das Neue gewöhnt hatte. Ansonsten liebe ich neue Herausforderungen und Veränderungen. Ich brauche auch immer etwas, das mich weiterbringt.

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Was waren bisher wichtige Neuanfänge in Ihrem Leben?

Ein Wendepunkt war sicher, als ich 1999 alleine für ein Jahr nach England gegangen bin um nach meinem berufsbegleitenden BWL-Studium noch meinen MBA zu machen. Ich habe dafür vier Jahre Pause vom Karneval gemacht, ich stand schließlich seit meinem dritten Lebensjahr auf der Bühne, ab dem fünften im Karneval. Das Studium war genau meins. Wir waren Studenten aus 70 Nationen. Das hat mich weltoffen gemacht und sehr bereichert.

2013 haben Sie sich dann selbstständig gemacht...

..was sicher auch ein Wendepunkt in meinem Leben war. Unter 18 Stundentage hatte ich nicht, manchmal konnte ich mich weder auf die Arbeit noch auf das Hobby komplett fokussieren. Ich habe dann bei Bayer gekündigt, um mich komplett auf die Musik und meine Selbstständigkeit zu konzentrieren. Das war ein großer Neuanfang in meinem Leben. Und das habe ich bis vor Corona nie bereut.

Warum?

Meine Devise war immer: In der Selbstständigkeit sollte man nicht alle Eier in ein Nest legen. Mache ich ja nicht, habe ich immer gedacht. Ich habe mich also breit aufgestellt: Moderation, Singen, Coaching, Veranstalterin, Booking, Management. . . Das Problem ist nur, wenn alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der Veranstaltungsbranche stehen und somit quasi alle Nester im gleichen Baum hängen. Finanziell ist das eine unfassbare Herausforderung. Klar, es gibt mittlerweile Überbrückungshilfen und Wirtschaftshilfen für Soloselbstständige, aber das ist alles sehr undurchsichtig, kompliziert, zu kurz gedacht und fängt die Verluste und Auswirkungen nicht auf.

Wird sich denn der Karneval in dieser Session auch noch mal neu erfinden?

Derzeit heißt es ja „der Karneval muss zurück zu den Wurzeln“. Warum? Diese Diskussion habe ich im Corona-Zusammenhang nicht wirklich verstanden. Ich trete seit 40 Jahren im Karneval auf und kenne jede Facette. Und genau der Mix aus Tradition und Neuem macht doch den Karneval aus: Party, Sitzung, Kneipe, Alternativ, Straße, Kostüm, schwarzer Anzug, Nostalgie, laut, leise, hösch, ausgelassen … Warum also jetzt wegen Corona zurück zum nur traditionellen Karneval – nur hösch und leise.

Karneval funktioniert einfach nicht auf Abstand, ohne Schunkeln, ohne Singen, mit Maske, das macht für mich keinen Sinn und auch keinen Spaß und ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Deshalb sehe ich diese angedachten Ersatz-Formate auch eher kritisch.

Also lieber ein Jahr mit dem Feiern aussetzen?

Ich denke ja! Kein Risiko eingehen. Einmal aussetzen und dann nächstes Jahr hoffentlich wieder voll durchstarten. Zu viele Kompromisse sind weder für Künstler, Veranstalter noch für das Publikum schön. Hinzu kommt das gesundheitliche Risiko, die Herausforderung der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit und die Frage, nimmt das Publikum Alternativformate überhaupt an. Man kennt es anders, man will es anders.

Und wie wird 2021 für Sie privat?

Das wird wohl noch besonderer als 2020, mit noch mehr Unwägbarkeiten. Ich freue mich sehr auf das neue Leben.