Soziale Träger wollen mit einer Großdemonstration „Köln bleib sozial!“ gegen die geplanten finanziellen Einschnitte protestieren.
Demo durch die CityKürzungen bei Frauen, Kindern und Geflüchteten in Köln
Im Haushaltsplanentwurf für 2025 und 2026 sind auch Kürzungen in allen Bereichen des sozialen Kölns enthalten. Wir stellen einige der gravierendsten vor. Soziale Träger rufen am Mittwoch zu einer Großdemo gegen die Kürzungen auf.
Inklusion für Menschen mit Beeinträchtigung
Komplett gestrichen werden soll der Zuschuss für das „Zentrum für selbstbestimmtes Leben“. Die Beratungsstelle „ZSL Köln - für Behinderte von Behinderten“ wird seit 1990 von der Stadt mit finanziert. Sie erhält derzeit 163.000 Euro für ihre Beratungen in den Bereichen Arbeit, Gesundheit, Pflege, Psychosoziales, Schule und Vernetzung; derzeit arbeiten hier 13 Menschen mit Beeinträchtigung. Das ZSL wirbt jährlich rund 540.000 Euro an Landes- und Bundesmitteln ein, mit denen die Beratung für beeinträchtigte Kölner und Kölnerinnen finanziert wird. Der Wegfall der städtischen Mittel würde das gesamte Konstrukt in seiner Existenz gefährden, so eine Mitteilung des ZSL.
Integrationshilfen für geflüchtete Menschen
Bereits ab 2025 komplett gestrichen werden die Mittel für die neun Ehrenamtskoordinatoren der Sozialen Träger in den Bezirken. Mit je einer halben Stelle unterstützen sie Ehrenamtliche, die sich in der Geflüchteten-Hilfe engagieren, mit ihren Fachkenntnissen. Hier fallen 4,5 Stellen weg. Ebenfalls kein Geld mehr für seine 1,5 Stellen bekommt das „Forum für Willkommenskultur“ des Flüchtlingsrates, das Ehrenamtliche schult und 14-tägig Infos zu aktuellen Entwicklungen, Formularhilfen und Vernetzungsmöglichkeiten an 1700 Ehrenamtliche verschickt.
Die Förderung des Therapiezentrums für Menschen nach Folter und Flucht in Höhe von aktuell 268.000 Euro wird noch zwei Jahre weiterfinanziert, erhalte aber ab 2027 gar keine Mittel mehr, so eine Mitteilung der Caritas. Ebenfalls ab 2027 komplett gestrichen werden sollen die Mittel für die Beratung von Menschen ohne Aufenthaltspapiere (derzeit 54.000 Euro) sowie für die kommunale Flüchtlingsberatung von fünf freien Trägern (derzeit 417.000 Euro). Letztere wird 2026 zunächst um 15 Prozent oder 65.000 Euro gekürzt.
Jugendarbeit und Stadtranderholung
Deutlich weniger Geld soll es auch für die Arbeit der Jugendverbände geben. Ab 2026 sind 32 Prozent weniger ausgewiesen, statt knapp 1,1 Millionen Euro stehen dann für ganz Köln noch 713.560 Euro zur Verfügung. „Die Kürzungen bedrohen die Substanz unserer Arbeit, mit Folgen weit über die Jugendarbeit hinaus“, so Konrad Schmitz vom Kölner Jugendring. Auch werden Ferienangebote für sozial schwache Kinder und Jugendliche wie etwa die Stadtranderholung drastisch gekürzt, soll die Förderung des Ferienhilfswerks um 700.000 Euro reduziert werden.
Die Mobile Jugendarbeit in Neubrück wird ab 2025 nicht mehr gefördert (aktuell 75.000 Euro), auch das Programm Gender Fairplay im Jugendcafé Bugs bekommt dann kein Geld mehr von der Stadt (aktuell 57.000 Euro). Ungewiss ist die Zukunft der mobilen Jugendarbeit „Freak Out“ (73.000 Euro) sowie die je 25.000 Euro für die GOT Elsaßstraße sowie dem Jugendtreff im RTL Kinderhaus, teilte die Caritas mit.
Kölner Freiwilligenagentur und Lesewelten
Die städtische Förderung von 50.000 Euro für die Vorlese-Initiative Lesewelten soll gestrichen werden. „Ohne diese Mittel können wir keine neuen Ehrenamtlichen qualifizieren und begleiten“, so die Agentur. Lesewelten erreicht mit 170 Vorlesenden, die von zwei Teilzeitkräften geschult werden, wöchentlich über 600 Kinder in 90 Einrichtungen – darunter auch viele, denen zu Hause nicht vorgelesen wird. „Kinder, die gut lesen können, haben bessere Bildungschancen und tragen dazu bei, die Gesellschaft zu stärken“, so Bereichsleiterin Simone Krost. Im Jahr vermittelt die Freiwilligen Agentur 300 bis 400 Ehrenamtliche in diverse Tätigkeitsfelder.
Berufliche Integration für Schulabbrecher
Auch das Handwerkerinnenhaus ist von den Kürzungen betroffen – hier sollen 110.000 Euro gestrichen werden. „Wir müssten einen ganzen Bereich schließen, wie etwa unser Präventionsangebot bei Schulmüdigkeit, und unsere gendersensible berufliche Orientierung stark einschränken. Und das in einer Zeit, in der Mädchen und Frauen enorm unter Druck sind“, sagte Mira Sin, Vorständin des Handwerkerinnenhaus Köln
Wegfall des Strukturförderfonds
Alle Bereiche der Arbeit sozialer Träger trifft der fehlende Ausgleich der durch höhere Tariflöhne und Preissteigerungen gestiegenen Kosten. Diese waren 2023 und 2024 nach breiten öffentlichen Protesten von der Kommune zu großen Teilen ausgeglichen worden. Der geplante Wegfall dieses Strukturförderfonds bedeutet faktisch eine deutliche Kürzung der Mittel.
Hilfe für von Gewalt bedrohte Frauen
Um 55.000 Euro sollen die Mittel für eines der beiden Kölner Frauenhäuser gekürzt werden; eine Vollzeitstelle für die Unterstützung und Beratung schutzsuchender Frauen mit Kindern fiele weg, wenn der Haushalt so beschlossen würde, erklärt Claudia Schrimpf aus dem Vorstand des Vereins „Frauen helfen Frauen“, der das Haus betreibt. Das sei ein tiefer Einschnitt, denn sowohl die Frauen als auch die Kinder und Jugendlichen sein teils stark traumatisiert, bräuchten eine verlässliche Unterstützung.
Von Kürzung betroffen sind außerdem vier Frauenprojekte, die noch in diesem Jahr mit rund 250.000 Euro aus städtischen Mitteln bezuschusst wurden. Der Beratungsstelle „FrauenLeben“ etwa gehen 60.000 Euro verloren, mit denen derzeit Miete, Strom und 15 Prozent der Personalkosten finanziert werden. 900 Frauen suchten dort jährlich Hilfe, meist wegen sexualisierter oder häuslicher Gewalt, so Mitarbeiterin Margret Schnetgöke. Die Beratungsstelle wird seit 30 Jahren von der Stadt unterstützt. „Jetzt haben sie uns die Basis entzogen, das ist unfassbar. Wir wissen ohne die Grundfinanzierung nicht, wie wir künftig beraten sollen.“