Das Ende der AktenbergeWie die E-Akte am Landgericht Zeit und Papier spart

Symbolischer Knopfdruck: Am Kölner Landgericht präsentierten Präsident Roland Ketterle (v.l.), Vize-Präsidentin Dr. Bettina Meincke und NRW-Justizminister Peter Biesenbach die E-Akte.
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- Zeitenwende: Das Kölner Landgericht hat die Umstellung auf die elektronische Akte vorgenommen.
- Neben Papier soll künftig vor allem Zeit gespart werden.
- Bislang werden die Akten nacheinander an die beteiligten Anwälte geschickt, in komplizierten Bau-Verfahren kommen mehrere Gutachter hinzu.
Köln – Den Möbelpackern wird einige Arbeit erspart bleiben, wenn das Justizgebäude an der Luxemburger Straße für den geplanten Neubau irgendwann leer geräumt werden muss. Zumindest die Zahl der Aktenordner wird sich bis dahin deutlich verringert haben, denn das Kölner Landgericht, das größte des Landes, hat in seinen 51 Zivilkammern und den Handelskammern die Umstellung auf die elektronische Akte vorgenommen. „Diese technische Innovation wird uns voranbringen. Der Verzicht auf Eselsohren im Papier wird eine Umstellung sein, aber Bürgernähe und Effizienz werden wir steigern“, prophezeit Landgerichtspräsident Roland Ketterle.
E-Akte bereits vielerorts Alltag
Viele Gerichtsgebäude wirken zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch wie Zeitkapseln, in denen Fax-Geräte stehen und antike Aktenwagen durch Flure geschoben werden. Doch auch hier hat das Umdenken schon länger eingesetzt, an vielen Finanz- und Verwaltungsgerichten gehört die E-Akte längst zum Alltag, am Oberlandesgericht Münster wurden bereits Urteile vom Tablet abgelesen.
Verhandlungen per Video
Am Kölner Landgericht besteht neuerdings die Möglichkeit, mündliche Verhandlungen in Zivilverfahren auf dem Wege der Bild- und Tonübertragung durchzuführen. „Dies ist der nächste Schritt. Hierfür ist eine absolut sichere Verbindung erforderlich. Hieran wird noch gearbeitet“, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach. Köln ist Pilot-Behörde.
Eine Berufungsverhandlung ist auch am Oberlandesgericht (OLG) Köln bereits virtuell geführt worden. Die Richter saßen im Saal, die Anwälte vor einer Kamera in ihren Kanzleien. Das Netz läuft über einen Server des Landesbetriebs „IT NRW“. Die Beteiligten erhielten vorab den Link zum virtuellen Gerichtssaal sowie eine PIN-Nummer und ein Passwort. (tho)
„Wir erleben eine massive Kulturveränderung mit segensreichen Möglichkeiten. Für die Arbeit ist nur noch ein Laptop erforderlich, was auch Homeoffice in der Justiz erleichtert“, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) bei der Präsentation der E-Akte in Köln. Gefeiert wurde die digitale Transformation mit einem symbolischen Druck auf einen roten Buzzer – ähnlich wie in einer Rateshow.
Zeit und Papier sparen
Begonnen hatte der Entwicklungsprozess bereits vor vier Jahren, als am Landgericht in Bochum testweise zwei Zivilkammern auf digitale Aktenführung umstellten. Neben Papier soll künftig vor allem Zeit gespart werden. Bislang werden die Akten nacheinander an die beteiligten Anwälte geschickt, in komplizierten Bau-Verfahren kommen mehrere Gutachter hinzu. Von nun an können die Prozessbeteiligten gleichzeitig an den Akten arbeiten. „Es fällt viel zeitlicher Leerlauf weg“, betonte Ketterle. Etwa 12.000 neue Verfahren gehen jährlich beim Kölner Landgericht ein, in zwei bis drei Jahren sei in den Zivilkammern wohl die letzte Papierakte aus älteren Verfahren verschwunden.
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Für die Justiz gibt es ein zentrales Rechenzentrum in Münster. „Es gibt Akten-Kopien. Für uns wäre ein Hacker-Angriff der Albtraum“, sagt der Justizminister. In der Alltagspraxis haben Richter ganz andere Sorgen. Interne Anmerkungen des Gerichts zur Akte müssen vor dem Versenden an Anwälte per Mausklick unsichtbar gemacht werden. Vergessen werden sollte das lieber nicht. Auch die Rechtsanwälte versprechen sich verbesserte Arbeitsabläufe. „Die Anwaltschaft wartet. Wir sind bereit“, meint Dr. Thomas Gutknecht, Präsident der Kölner Rechtsanwaltskammer. Am Landgericht sind inzwischen alle Mitarbeiter geschult worden.