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Kritik an Corona-Hilfen aus KölnWie zu viel Bürokratie Existenzen gefährdet

Lesezeit 5 Minuten
Kölner Hotelier

Eine Hotelbar ohne Gäste -​ nicht nur für den 21-​jäh­ri­gen Aus­zu­bil­den­den Lukas Zyzik im Hotel am Au­gus­ti­ner­platz ein trost­lo­ser Anblick. 

Köln – „Für viele geht es mittlerweile um die blanke Existenz“, wird Hotelier Leon Heymann deutlich. Er ist Pächter des Hotels am Augustinerplatz in Köln und wünscht sich vor allem einfachere Lösungen bei den finanziellen Corona-Hilfen von Bund und Land. Er steht mit dieser Forderung nicht allein. Denn die Klagen der von der Corona-Pandemie gebeutelten Unternehmen und Solo-Selbstständigen in Richtung Bundes- und Landesregierung werden lauter.

„Wir sind ja froh, dass wir in Deutschland diese Hilfen bekommen. Aber die Bürokratie, die momentan von der Beantragung bis zur Auszahlung der Hilfen erledigt werden muss, frisst die positiven Effekte wieder auf.“ Anträge dauerten bis sechs Wochen, und bis zur Auszahlung der Hilfen vergehen schon mal ein bis drei Monate – für den einen oder anderen zu spät, so Heymann.

Der Kölner Hotelier macht aus seinem Frust keinen Hehl: In vielen Branchen geht mindestens seit dem zweiten Lockdown Anfang November letzten Jahres fast nichts mehr. Die Betriebe stehen nahezu still. Im Beherbergungsgewerbe gilt das im Grunde sogar seit dem ersten Lockdown im Frühjahr. „Die erste Soforthilfe im März/April 2020 haben wir noch schnell erhalten. Aber das waren 25 000 Euro. Damit konnten wir im Grunde nur die akuten Fixkosten finanzieren.“ Schon mit dem Überbrückungsgeld I fingen die bürokratischen Hürden dann an.

Viele Steuerberater sind überfordert

Selbst Steuerberater seien bei den Anforderungen, die der Bund und das Land an die Anträge für finanzielle Hilfen stellt, zum Teil überfordert, so Heymann weiter. „Ich kenne fünf Hoteliers, die sich einen neuen Berater suchen mussten, weil ihre bisherigen den Beratervertrag gekündigt hatten.“ Der Grund: Für viele war der Aufwand der Anträge einfach zu groß.

Laut Heymann könnte vieles einfacher laufen: „Warum nicht eine einheitliche Deckelung für die Auszahlung einer Hilfssumme anhand des Umsatzes der Unternehmen festlegen. Und dann eine pauschale Auszahlung von zum Beispiel 50 Prozent der Fixkosten wie in der Soforthilfe durchführen. Da könnte man viel Ärger und Frust vermeiden“, schlägt er vor. So, wie es zur Zeit von den Regierungsbehörden praktiziert werde, nehme man in Kauf, dass Unternehmen sterben, klagt der Hotelier an.

Frühjahrshilfen noch nicht da

Nicht nur mit der Beantragung einer neuerlichen Überbrückungshilfe muss sich Leon Heymann beschäftigen. Hinzu komme, dass die Soforthilfe vom Frühjahr letzten Jahres aktuell immer noch auf dem Prüfstand sei. „Wahrscheinlich muss ich von den erhaltenen 25 000 Euro einen Großteil wieder zurückzahlen, weil angegebene Fixkosten nicht in dem festgelegten Hilfszeitraum gezahlt wurden, sondern erst später.“ Aber so laufe ein Betrieb oftmals nicht. Viele Kosten werden nach Vereinbarung mit Zulieferern oder Dienstleistern eben nicht sofort bezahlt. Wenn finanzielle Unterstützungen das nicht berücksichtigen, laufen sie zum Teil ins Leere, so Heymann.

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Warum man bei der zweiten Soforthilfe für November und Dezember aus den Erfahrungen vom Frühjahr 2020 nicht gelernt habe, ist für den Kölner Hotelier ein Rätsel. „Das hätte im zweiten Lockdown eine massive und schnelle Hilfe sein können. War es aber für die meisten nicht.“ Für den November seien bei ihm erst Ende Januar lediglich 50 Prozent der beantragten Finanzhilfen eingegangen, kritisiert Heymann. Es sei kein Zufall, dass laut dem Statistischen Bundesamt knapp 50 Prozent der Corona-Hilfen über Kredite bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) laufen und nicht über die staatlichen Corona-Soforthilfen.

Auch Alexander Hoeckle, Geschäftsführer bei der Industrie- und Handelskammer Köln bestätigt die Probleme bei der Umsetzung der Hilfszahlungen. „Angesichts der Vielzahl der Programme ist es sogar für Experten herausfordernd, den Überblick zu behalten.“ Und wegen der massiven Folgen des Lockdowns treffen Verzögerungen die Betriebe besonders hart.

Hotelier Heymann, der auch Mitglied im Vorstand des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Nordrhein ist, fordert daher die Regierungen auf, zumindest für die Überbrückungshilfe III nach einheitlichen, einfachen Lösungen zu suchen. „Übersichtliche Anträge, die man mit dem Steuerberater ohne wochenlange Vorarbeiten gut diskutieren kann und eine zeitnahe Auszahlung sind die Voraussetzung dafür, dass viele betroffene Unternehmen nicht in die Knie gehen.“

Diese Hilfsprogramme gibt es

Bund und Länder unterstützen seit Beginn der Pandemie die unter der Corona-Krise leidenden Unternehmen mit einer Reihe finanzieller Hilfsangeboten.

Soforthilfe NRW

Im Frühjahr 2020 konnten Solo-Selbstständige und Unternehmen eine Soforthilfe beantragen, wenn sie nachweisen konnten, dass sie ab 1. März 2020 durch die Corona-Krise in existenzielle Nöte geraten sind. Die Zuwendungen waren, je nach Größe des Unternehmens gestaffelt in Einmal-Zahlungen in Höhe von 9000, 15 000 oder 25 000 Euro.

Überbrückungshilfen I-III

Der Bund hat den unter der Corona-Krise leidenden kleinen und mittelständigen Unternehmen mehrere Überbrückungshilfen bereitgestellt: Hilfe I für die Monate Juni bis August 2020, Hilfe II für September bis Dezember 2020 und Hilfe III von Januar bis Juni 2021. Voraussetzung ist, dass sie für den jeweils beantragten Zeitraum Umsatzeinbußen von mindestens 30 Prozent hatten/haben. Je nach Höhe der pandemie-bedingten Verluste werden 40, 60 oder bis zu 90 Prozent der entstandenen Fixkosten erstattet.

Nov.-/Dez.-Soforthilfe

Das Land NRW hat wegen des Anfang November 2020 beschlossenen Lockdowns für die Monate November und Dezember 2020 eine weitere Corona-Soforthilfe für Solo-Selbstständige und Kleinunternehmen sowie Vereine und Einrichtungen beschlossen. Voraussetzung ist, dass die Antragsteller ihren Betrieb corona-bedingt einstellen mussten.

Neustarthilfe

Solo-Selbstständige, die keine Überbrückungshilfe III beantragen können, haben die Möglichkeit, die so genannte Neustarthilfe des Bundes von bis zu 7500 Euro zu nutzen. Dazu müssen sie nachweisen, dass sie im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2021 corona-bedingt existenziell eingeschränkt sind. (dhi)