Colonius und weitere Bauten im VisierHohe Ziele der Denkmalschützer in Köln
Köln – Oben auf der runden Kanzel des Colonius geht es immer auch um Aussichten, schließlich lässt sich hier die ganze Stadt überblicken, sogar der Düsseldorfer Fernsehturm ist am dunstigen Horizont zu erahnen. Am Dienstag geht es mehr um Ansichten als um Aussichten, in 160 Metern Höhe stellen Architekten und Wissenschaftler des Landschaftsverband Rheinland (LVR) ihre neue Broschüre zur Denkmalpflege vor. Der Ort ist kein Zufall, denn zu Beginn des Jahres hatten die verbandseigenen Denkmalpfleger dem Colonius in einem Gutachten Denkmaltauglichkeit bescheinigt und einen Ernennungsantrag beim Stadtkonservator eingereicht (wir berichteten). Das Ergebnis steht noch aus.
Doch den Verantwortlichen beim LVR geht es nicht bloß um den Colonius, der 1981 eröffnet wurde, als viele andere deutsche Städte schon über gigantische Funktürme verfügten. „Wir brauchen eine Industriedenkmalpflege 2.0“, fordert Rasmus Radach, Architekt und Ingenieur. Bauten der postindustriellen Phase rücken neuerdings in den Fokus der Denkmalschützer. Funktürme, U-Bahn-Haltestellen, sogar frühe Windkraftanlagen. „Wir haben viel mit Objekten zu tun, die der Verteilung dienen. Unsere Aufgabe wird es sein, Lösungen für die Abbildung dieser Verteilernetze zu finden“, sagt Dr. Ralf Liptau, Experte für Technik- und Denkmalpflege.
Eine neue Phase des Denkmalschutzes bricht derzeit an. Kirchen sind Denkmäler und erzählen die bauhistorische Geschichte des Mittelalters, Fördertürme sind zu markanten Wahrzeichen des Industriezeitalters geworden. „Und die Fernsehtürme stehen für den Übergang zum Informationszeitalter“, gibt Liptau zu bedenken. Der Colonius spiele in der Stadtgeschichte und Baugeschichte eine herausragende Rolle, schließlich sei beim Bau erstmals in Kauf genommen worden, dass der Dom überragt wird. Eine Zeitenwende.
Der Ingenieur Fritz Leonhardt und sein Kollege Erwin Heinle hatten bereits in den 1950er Jahren den Stuttgarter Fernsehturm geplant, der Colonius bildete schließlich die bautechnische Klammer. Einzigartig macht den Turm die hängende Kanzel. „Mit den Stahlstreben knüpfte Leonhard an die auch von ihm konstruierte Severinsbrücke an. Durch die Hängekonstruktion besteht viel mehr Platz für eine öffentliche Nutzung als bei anderen Türmen“, erklärt Liptau.
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Das Ergebnis der städtischen Denkmalprüfung steht noch aus, theoretisch könnte der Stadtkonservator zu einer anderen historischen Bewertung gelangen als seine Kollegen beim LVR. Das passiert eher selten – das Kurienhaus des Erzbistums am Roncalliplatz ist jedoch so ein Beispiel. Aktuell nehmen die Denkmalschützer beim LVR auch die Rheinbrücken ins Visier, nicht nur in Köln. Die Rodenkirchener Brücke ist bereits ein Denkmal.