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Cold Case aus Köln-PollDNA-Massentest soll zum Mörder führen

Lesezeit 4 Minuten

Die Leiche der jungen Seckin Caglar war in einem Gebüsch nahe der Haltestelle „Poll-Autobahn“ entdeckt worden.

Köln – „Die Spur ist da“, sagt Mordermittler Markus Weber mit fester Stimme. Jahrelang lag der Mordfall Seckin Caglar bei den Akten und galt im Präsidium als ungelöster „Cold Case“. Doch nun hegen die Ermittlerinnen und Ermittler neue Hoffnung, ein brutales Sexualverbrechen, verübt vor 31 Jahren, doch noch zu klären und einen Täter zu überführen. Damals wurde die 16-jährige Seckin Caglar in Poll Opfer eines Gewaltverbrechens.

Um den Fall eventuell abschließen zu können, bereitet die Polizei gerade eine große DNA-Reihenuntersuchung vor. Losgehen soll es im kommenden Jahr. Dabei sollen Bürger ihre Speichelprobe abgeben: „Wir gehen von mehreren hundert Menschen aus“, sagt Weber.

„Kalte“ Mordfälle im Blick der Ermittler

„Cold Case. Kein Opfer ist je vergessen“, heißt eine amerikanische Krimiserie. Der Satz gilt auch für die Mordermittler im Kölner Polizeipräsidium. Derzeit wühlen sich die Beamten durch Aktenberge und gehen ungeklärten Mordfällen nach. Seit 1970 gibt es genau 195 ungeklärte Verbrechen in Köln und dem Umland, die nun von Ermittlern noch einmal angeschaut werden. Nach einer Analyse wird entschieden, ob ein Fall noch einmal aufgerollt wird.

Ein weiterer möglicher Fall für die „Cold Case“-Ermittler ist der Mord an einem Kölner Taxifahrer im Dezember 1999: Es sollte die letzte Fahrt in dieser Nacht für Hüseyin Karakas werden. Am Deutzer Bahnhof stiegen um 1.10 Uhr zwei Fahrgäste in das Taxi des 56-jährigen Türken ein – mehr als zwei Stunden später wurde die Leiche des Taxifahrers an der Severinsbrücke entdeckt. Bis heute ist der Mörder nicht gefasst.

Die Ermittler der Sonderkommission „Taxi“ vernahmen in den ersten Monaten nach dem Mord 184 Zeugen, überprüften 108 Spuren und Hinweise. Die Kriminalfall füllt zehn Aktenordner mit rund 3700 Seiten. Doch aller Aufwand brachte die Kölner Polizei bei den Recherchen nicht entscheidend weiter. (ta)

Rund um den Tatort in Poll hat die Polizei auf einer Stadtkarte einen Kreis gezogen – fast so, wie es die Behörden nach einem Bombenfund tun, um die Evakuierungszone festzulegen. Weber glaubt, dass der Mörder aus dem Wohnumfeld der 16-Jährigen kommt. Und dass der Angreifer zur Tatzeit maximal 40 Jahre alt war.

Die Abgabe der Speichelprobe ist laut Polizei freiwillig. Wenn ein Bürger sie ablehnt und sich der Verdacht gegen die Person in dem Verfahren erhärtet, könnte eine Speichelprobe durch einen richterlichen Beschluss erzwungen werden.

Köln-Poll: 16-Jährige wurde 1991 auf dem Rückweg von der Arbeit ermordet

Die 16-Jährige hatte am 16. Oktober 1991 um 18.40 Uhr ihre Arbeitsstelle in einem Coop-Supermarkt an der Siegburger Straße verlassen und war nie zu Hause angekommen. Die junge Frau hatte dort erst wenige Tage gearbeitet. Üblicherweise fuhr die junge Türkin mit der Linie 7 von der Station „Salmstraße“ bis „Poll-Autobahn“, um von dort zur Wohnung der Eltern zu gehen. Familienangehörige suchten die 16-Jährige und fanden ihre Leiche schließlich am nächsten Tag in einem Gebüsch nahe der Haltestelle „Poll-Autobahn“. Am Abend zuvor war sie missbraucht und getötet worden. „Sie ist einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen“, betont Ermittler Weber.

Mordermittler sicherten damals auch Spuren in der Wohnung des Opfers. Den Täter fanden sie nicht.

In den vergangenen Jahren habe es immer wieder polizeiliche Ermittlungen in dem Fall gegeben – jedoch ohne Erfolg. Weber nennt es „Überprüfungsaktionen“. So wurden DNA-Spuren nochmals in Datenbanken eingespeist, aber auch hier: kein Treffer. Dennoch geben die Ermittler nicht auf: „Es gibt erfolgversprechende Spuren“, verrät Weber, ohne Details zu nennen.

Verbesserte DNA-Analysen könnten den Mörder von Seckin Caglar überführen

Doch schon damals hofften die Beamten auf einen Durchbruch bei ihren Recherchen. Sieben Jahre nach dem Sexualmord verfolgte die Kripo eine wichtige Spur. Der Polizei lag das Foto einer Zeugin vor, die unmittelbar nach dem Verbrechen anonyme Schreiben unter der Wohnungstür der Familie Caglar durchgeschoben hatte, in denen sie erklärte, den Mörder von Seckin zu kennen. In den Briefen gab sie an, sie habe große Angst und traue sich nicht, zur Polizei zu gehen. Doch obwohl ein Phantombild der Frau veröffentlicht wurde, gab es keinen entscheidenden Hinweis.

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Die Hoffnung der Ermittler ist nun, dass es durch verbesserte DNA-Analysen noch gelingt, den Täter zu finden. Möglicherweise helfe auch die Berichterstattung in den Medien. Vielleicht wolle der Mörder auch endlich sein Gewissen erleichtern, lautet die vage Hoffnung der Polizei. Auch Zeugenangaben seien weiter wichtig: „Vielleicht traut sich jemand nach den ganzen Jahren zu reden“, sagt Markus Weber. Er leitet die Abteilung, in der die „Cold Cases“ bearbeitet werden.