Köln – Nach dem brutalen antisemitischen Angriff auf einen 18-Jährigen in der Kölner Innenstadt hat die Polizei eine fünfköpfige Ermittlungskommission beim Staatsschutz gegründet, um den Fall umfassend aufzuklären. „Dazu gehört, dass wir das gesamte Videomaterial auswerten“, sagte ein Polizeisprecher. Die Tat geschah am Freitagabend auf der Grünfläche am Kaiser-Wilhelm-Ring. Der Angriff ist von den Videokameras nicht aufgezeichnet worden. Ein begrünter Baum verhinderte allerdings, dass die Schläge auf den Bildern zu sehen sind. „Im Winter wäre die Tat zu sehen gewesen“, hieß es aus dem Polizeipräsidium. Nun werden alle Videosequenzen im großen Zeitraum vor und nach der Tat genau angeschaut mit dem Ziel, mögliche weitere Tatverdächtige ausfindig zu machen.
Von einer zehnköpfigen Gruppe attackiert
Der junge Mann aus dem Iran jüdischen Glaubens war wegen seiner jüdischen Kippa aus einer etwa zehnköpfigen Gruppe heraus attackiert worden. Die bisherigen Ermittlungen ergaben genau dies: „Das Tragen der Kippa soll der maßgebliche Grund für die Auseinandersetzung gewesen sein“, bestätigte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn und sprach von einem sehr gravierenden Fall. Der 18-Jährige hatte mit einem Bekannten auf der Grünfläche gesessen. Als sie gerade gehen wollten, soll er massiv antisemitisch beleidigt worden sein. Er habe sich nach dem Grund erkundigen wollen und sei schließlich geschlagen worden, hieß es. Mit einem Joch- und Nasenbeinbruch kam das Opfer in die Klinik. Einer aus der Gruppe soll ihm zudem die Kippa vom Kopf geraubt haben. „Wir haben ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung und Raubes eingeleitet“, ergänzte Willuhn.
Tatverdächtiger ist kein Unbekannter
Wie die Rundschau aus Ermittlerkreisen erfuhr, ist der tatverdächtige 18-Jährige der Polizei und Staatsanwaltschaft bereits bekannt. Der junge Mann ist bereits von der Kölner Staatsanwaltschaft wegen einer Körperverletzung angeklagt. Hintergrund ist ein Streit unter jungen Männern. Einen Prozesstermin gibt es noch nicht. Wegen antisemitischer Taten ist der 18-Jährige noch nicht straffällig geworden, so die Polizei. Der tatverdächtige 19-Jährige ist den Ermittlungsbehörden bisher nicht wegen Straftaten bekannt gewesen.
Große Anteilnahme bundesweit
Das Entsetzen über die Tat ist in Köln sowie bundesweit groß. „Es ist beschämend, dass antisemitisches Gedankengut und Gewalt gegen unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger noch immer an der Tagesordnung sind“, schrieb Kardinal Rainer Maria Woelki auf Facebook. Der Katholikenausschuss betont: „Dieser Angriff ist ein Angriff auf uns alle, denn er greift unsere Grundrechte an. Dass aus Angst, das Tragen eines religiösen Symbols in unserer Stadt nicht möglich ist, ist unerträglich und muss sich umgehend ändern“. „Es ist bedrückend, dass nun ein tätlicher Angriff auf einen jungen Menschen jüdischen Glaubens mitten in Köln stattgefunden hat“, sagt Stadtsuperintendent Bernhard Seiger. Die SPD zeigt sich „zutiefst erschüttert“. „Köln stellt sich quer“ spricht von einem „ungeheuerlichen Angriff“.
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Deutliche Worte findet auch die Antisemitismusbeauftragte des Landes, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: „Der feige Angriff auf einen jungen Mann hat offensichtlich wieder einmal die hässliche Fratze des Antisemitismus in Deutschland sichtbar gemacht“. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, teilte mit: „Ich bin entsetzt über diesen feigen Angriff auf einen jungen Mann, der offenbar aufgrund antisemitischer Motive aus einer Gruppe angegriffen wurde“.