„Auf uns ist viel abgewälzt worden“Corona bringt Personal in Kölner Kitas ans Limit
Köln – „Wir können nicht mehr.“ Mit dieser Aussage schlagen Erzieher und Erzieherinnen in den Kindertagesstätten der Caritas Alarm. „Während die Schulen und die Lehrkräfte in der Corona-Pandemie viel Aufmerksamkeit bekommen, fallen wir durchs Raster“, kritisiert Anne Becker, Leiterin der Kita Heilig Geist in Longerich. Alle sechs Caritas-Kitas haben sich deshalb einer Protestaktion unter den Hashtags #Kitasamlimit und #esreicht in den Sozialen Medien angeschlossen. Gestartet hatte diese unter anderem der Verband für Kita-Fachkräfte NRW.
Fast ein Jahr mit Lolli-Tests und zwei Jahre Pandemie haben ihre Spuren bei den 18 Mitarbeitenden in der Kita Heilig Geist hinterlassen. „Viele Dinge sind auf uns abgewälzt worden“, findet Becker - und berichtet von ihrem Alltag.
30-Sekunden-Gedicht für den Test
Immer montags und mittwochs gibt es einen Lollitest für alle der 64 Kinder. 30 Sekunden stecken sie sich ein Stäbchen in den Mund und lutschen daran. „Wir haben extra ein Gedicht erfunden, das so lange geht“, sagt Becker. Die Proben aus den Tests werden als Pool ausgewertet. Vor einigen Wochen gab es die ersten positiven Poolergebnisse.
„Plötzlich waren drei Kinder positiv. Die Frage war, ob das schon als so genanntes Ausbruchsgeschehen zu werten ist. Ich habe mich bemüht, herauszufinden, wie ich mich jetzt verhalten muss. Dabei war ich ganz auf mich alleine gestellt. Beim Gesundheitsamt konnte ich niemanden erreichen, der Bescheid wusste“, erinnert sich Becker. „Ich fühlte mich super alleine gelassen.“ Bei positiven Pools, wie sie jetzt mit der Omikron-Variante häufiger vorkommen, folgen fünf Tage mit Tests bevor die Kinder ins Haus dürfen. „Wir machen das morgens ab 7 Uhr von unserem Turnhallen-Fenster aus. Erst danach dürfen die Kinder rein. Für sie ist das nicht schön“, sagt Becker.
Möglichst viel Stress von den Kindern fernhalten
Die Erzieherinnen geben sich Mühe, dass die Kinder die Sicherheitsmaßnahmen so wenig wie möglich belasten. Einfach ist das oft nicht. „Inzwischen sind die ersten genesenen Kinder wieder da. Sie dürfen acht Wochen lang nicht an den gemeinsamen Tests teilnehmen“, sagt Becker. Es sei fordernd, ihnen dabei nicht das Gefühl zu geben, ausgegrenzt zu sein. Schwer ist es auch, die Kinder aus den unterschiedlichen Gruppen davon abzuhalten, die Gruppen zu wechseln.
„Wir betreiben ständig, ohne das wir es möchten, eine richtige ,Hygieneüberwachung’. Durch die Gruppentrennung muss jede Gruppe eigenständig ihren Früh- und Spätdienst abdecken. Gruppenübergreifende oder sogar externe Aktionen sind ganz gestrichen. Das ist für uns alle richtig traurig“, klagt Becker.
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Ausfälle bei den Mitarbeiterinnen erschweren die Arbeit zusätzlich. „Das ist schon ein Verbiegen, die Pläne so zu stricken, dass wir es irgendwie hinkriegen“, sagt Becker. Schade sei auch, dass die Kommunikation über die Arbeit und die pädagogischen Inhalte jetzt oft hintenüberfällt. Und die Eltern wollen auch aufgefangen werden. „Sie haben so viele Fragen, Sorgen und Unsicherheiten“. Antworten gibt es per Mail oder an der Türe. Denn reinkommen dürfen Eltern schon lange nicht mehr.