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Untersuchung des ADACAn dieser Ampel gehen Kölner am häufigsten über Rot

Lesezeit 6 Minuten
Eine rote Ampel hält sowohl Autos als auch Fußgänger nicht immer davon ab, stehenzubleiben. (Symbolfoto)

Eine rote Ampel hält sowohl Autos als auch Fußgänger nicht immer davon ab, stehenzubleiben. (Symbolfoto)

Die Erhebung wirft ein Schlaglicht auf bestimmte Kreuzungspunkte. Einer davon nimmt die klare Spitzenposition bei den Verstößen ein.

Es gibt Ampeln in Köln, da hat der gesetzestreue Fußgänger das Gefühl, die Welt zieht an ihm vorbei. Das rote Ampelmännchen scheint kaum mehr als ein Grüßonkel zu sein, dem mit einem gelangweilten Augenaufschlag genug der Ehre getan wurde. Eine „kirschgrüne“ Ampel zu missachten, scheint in Köln Volkssport zu sein. Ein Volkssport, bei dem der Allgemeine Deutsche Autoclub (ADAC) nun mal untersucht hat, welche Breitenwirkung er denn tatsächlich entfaltet.

In fünf großen deutschen Städten hat der Club an jeweils vier Kreuzungen für vier Stunden ein KI-gestütztes Kamerasystem installiert. Neben Köln waren das Berlin, Hamburg, Leipzig und München. Und siehe da: So laissez-faire ist der Kölner im Vergleich dann doch nicht im Straßenverkehr unterwegs. Zumindest nicht, wenn die Durchschnittswerte der vier betrachteten Kreuzung herangezogen werden. Jedoch an einer der vier Kölner Kreuzungen könnte die Flensburger Verkehrssünderdatei eigentlich eine Außenstelle eröffnen.

Kriterien für die auserwählten Kreuzungen waren die Nähe zu Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs, zentrumsnahe Lage, eine Mittelinsel musste vorhanden und der Anteil des Autoverkehrs sollte hoch sein. Die Messungen fanden außerhalb der Schul- und Semesterferien statt, das Wetter war trocken. Unter diesen Prämissen wurde der 29. Oktober mit einem Messzeitraum von 7 bis 11 Uhr ausgewählt. Bedacht wurde auch die für Fahrverbote neuralgische Marke von einer Sekunde. Leuchtet das Rotlicht schon seit über einer Sekunde auf, ist der „Lappen“ mindestens für einen Monat weg.

Die Kreuzung Blaubach/Neukölner Straße

Dort wurden an diesem Tag und in den genannten Morgenstunden 173 Fußgänger erfasst. Sechs davon gingen bei Rot über die Straße (3,5 Prozent). Unter 216 Radfahrern missachteten 23 das Rotlicht(10,6 Prozent), davon 20 noch nach über einer Sekunde, drei Radler waren zu früh gestartet. Elf erfasste Scooter-Fahrer verhielten sich vorbildlich. Von der 2111 Kfz-Nutzern fuhren 69 bei Rot (3,3 Prozent) davon 16 nach einer Sekunde.

Die Einschätzung des ADAC zu dieser Kreuzung: „Der zweispurige Linksabbieger vom Blaubach in Richtung Neuköllner Straße ist separat geschaltet. Dadurch verkürzen sich die Grünphasen für die einzelnen Verkehrsteilnehmer an der Kreuzung. Einige Autofahrer, die in der Gelbphase auf die Kreuzung zufahren, geben nochmals Gas, passieren die Ampel aber schon bei Rot. Die fahrradfreundliche Umgestaltung des Kreuzungsbereichs und längere Rotphasen verleiten bei geringem Verkehrsaufkommen auch einige Radfahrer dazu, das Rotlicht zu missachten.“

Die Kreuzung Steinstraße/Frankfurter Straße

Von zehn Fußgängern und 141 Radfahrern missachteten jeweils nur einer das Rotlicht. Auch hier hielten sich von den E-Scooter-Fahrern alle an die Signale. 2343 Autofahrer querten im Messzeitraum die Kreuzung. 37 davon fuhren bei Rot, 13 gar nach über eine Sekunde.

Der ADAC sagt zu der Kreuzung: „Im Kreuzungsbereich herrscht ein hohes Kfz-Verkehrsaufkommen. Es bilden sich insbesondere auf der Steinstraße Rückstaus bei den Linksabbiegern, die in Richtung Köln auf die Frankfurter Straße fahren möchten. Hier kommen nur wenige Autos pro Grünphase über die Kreuzung. Manche Kfz-Fahrer missachten die Lichtzeichen und biegen trotz Rotsignal noch schnell links ab.“

Die Kreuzung Habsburgerring/Aachener Straße

Die KI-Kamera erfasste 808 Fußgänger und 35 davon gingen bei Rot (4,3 Prozent). Unter 206 Radfahrern missachteten nur 7 das Halt-Signal (3,4 Prozent). Bei zwölf E-Scooter-Fahrern ist schlägt ein Verstoß zu Buche. 1098 Kfz wurden gezählt. Acht davon waren bei Rot unterwegs, davon zwei jenseits der Sekundenmarke.

Der ADAC sagt: „Die Rotlichtverstöße bei Fußgängern resultieren oft aus dem Versuch, die einfahrende Straßenbahn oder den Bus an der KVB-Haltestelle Rudolfplatz noch zu erreichen.“

Die Kreuzung Gürtel/Venloer Straße

Sie nimmt die Spitzenposition ein: 1893 Fußgänger mit 198 Rotlichtverstößen (10,5 Prozent). 1065 Radfahrer mit 47 Verstößen (4,4 Prozent), davon 35 über eine Sekunde und zwölf Frühstarts. 53 E-Scooter-Fahrer mit vier Verstößen (7,5 Prozent), davon vier über eine Sekunde. 2243 Autofahrer mit zwölf Verstößen (0,5 Prozent, davon zwei über eine Sekunde und zwei Frühstarts.

Der ADAC zu dieser Kreuzung: „Die hohe Zahl an Rotlichtverstößen bei Fußgängern hängt mit der direkt an der Kreuzung liegenden KVB-Haltestelle Venloer Straße/Gürtel zusammen. Immer wieder missachten Fußgänger, die an der roten Ampel warten und die einfahrende Straßenbahn sehen, das Rotlicht und überqueren die Kreuzung, um die Bahn noch zu erreichen.“

Wie steht Köln im Vergleich da?

Bewusst hat der ADAC kein Ranking unter den fünf untersuchten Städten aufgestellt. Die Erhebung zeichnet ja kein Bild über die ganze Stadt, sondern bietet nur ein Schlaglicht auf Kreuzungspunkte. Doch gemessen am Durchschnittswert steht Köln nicht schlecht da. Der Durchschnittswert für alle Rotlicht-Verstöße liegt bei 4,3 Prozent. Der allgemeine Durchschnittswert von Köln bei 3,6 Prozent. Selbst bei den Fußgängern liegt Köln mit einem Durchschnitt von 8,3 Prozent 0,2 Prozentpunkte unter dem Mittelwert aller fünf Städte. Doch werden die Einzelwerte der Kreuzung Gürtel/Venloer Straße den Durchschnittswerten aus fünf Städten entgegengehalten, schießt diese Kreuzung mit Blick auf die Fußgänger den Vogel ab. Deren Rotlichtverstöße liegen dort um satte zwei Prozent über dem Mittelwert.

Drakonische Strafen

Für den Club geht von den Werten ein Warnsignal aus: „Die Zahl der Rotlichtverstöße ist viel zu hoch. Eine der einfachsten Verkehrsregeln, bei einer roten Ampel stehen zu bleiben, scheint zunehmend an Bedeutung zu verlieren“, mahnt Roman Suthold , Verkehrsexperte beim ADAC-Nordrhein. „Je länger eine Rotphase anhält oder je geringer das Verkehrsaufkommen ist, umso eher wird eine rote Ampel ignoriert. Oft spielt auch Zeitdruck eine Rolle“, führt Suthold weiter aus. Und das, obwohl ein Rotlichtverstoß drakonische Strafen nach sich ziehen kann. Wer erstmalig bei Rot weiterfährt und das jenseits der Signalzeit von einer Sekunde, muss mit einem Bußgeld von 200 Euro rechnen. Hinzu kommen zwei Punkte, die über fünf Jahre in der Verkehrssünderdatei verbleiben. Was die meisten Autofahrer dabei am meisten schmerzen dürfte: Ein Fahrverbot von einem Monat Dauer ist sicher. Für Fahrradfahrer und E-Scooter-Fahrer werden nach der Sekunde 100 Euro fällig, bei einem Punkt in Flensburg. Die Fußgänger kommen mit 5 Euro Bußgeld davon. Doch das allerschlimmste an Rotlichtverstößen: Die Gefahr von schwersten Unfällen, nicht selten mit Todesfolge, ist hoch. Hätte die Stadt alle erfassten Verstöße geahndet wären das Bußgelder in Höhe von rund 25.000 Euro gewesen.

Was könnte die Lage verbessern?

Der ADAC sieht großes Potenzial in der „Ampel der Zukunft“ der Zentralstelle Verkehrsmanagement in Bayern. Diese Ampel priorisiert Einsatzfahrzeuge, erkennt große Gruppen, Kinder, ältere Menschen sowie Rollstuhlfahrer und kann so die Grünphasen für Fußgänger und Radfahrer steuern. Doch laut des Clubs werde es noch Jahre brauchen, bis dieses System bundesweit einsetzbar ist.