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95-Millionen-FondsNach Skandal um Vorkaufsrecht löst Stadt Köln Rücklage auf

Lesezeit 3 Minuten
Das Kölner Stadthaus.

Das Stadthaus in Deutz, Sitz der Kölner Stadtverwaltung.

Für den geplanten Ankauf des Stadthauses in Deutz nach 30 Jahren Mietzeit zum Festpreis hat die Stadt Köln Rücklagen gebildet. Weil die Kaufoption gar nicht im Grundbuch steht, wird der Fonds nun aufgelöst.

Die Stadt Köln steckt in einer Finanzkrise, sie erhöht Gebühren und streicht Leistungen, um nicht in die Haushaltssicherung zu geraten. Doch Kämmerin Dörte Diemert kann sich nun über eine unverhoffte Einnahme freuen. Rund 95 Millionen Euro ist der sogenannte „Rhein-Fonds“ wert – eine Kapitalanlage der Stadt, die jetzt aufgelöst wurde und in den allgemeinen Haushalt fließt. Der Stadtrat hat Diemert dafür am 14. November grünes Licht gegeben.

Auf Nachfrage der Rundschau bestätigte die Kämmerei: „Die im Rhein-Fonds gehaltenen Wertpapiere konnten durch den Fondsmanager in den vergangenen zwölf Tagen erfolgreich und vollständig am Markt veräußert werden. Die Auflösung des Fonds und die Auszahlung auf die städtischen Girokonten wird wie geplant im Dezember 2024 erfolgen.“

Gedacht war das in dem Fonds angelegte Geld eigentlich für den Zweck, dass die Stadt im Jahr 2029 das Stadthaus neben der Lanxess-Arena in Deutz kaufen kann – und zwar zu einem Festpreis von 206,3 Millionen Euro. So hatte es der Rat festgelegt, als er 1995 die Anmietung des noch zu bauenden Stadthauses für insgesamt 557 Millionen Euro über 30 Jahre beschloss. Der damalige Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD) hatte zuvor erklärt, die Stadt werde nach 30 Jahren Mietzeit eine „unwiderrufliche, notariell beurkundete und gesicherte Kaufofferte“ zum Festpreis haben.

Skandal um fehlende Kaufoption für Kölner Stadthaus

Doch entgegen Ruschmeiers Zusage unterließ es die Verwaltung, dieses Ankaufsrecht zum Festpreis im Grundbuch eintragen zu lassen. Wie das städtische Rechnungsprüfungsamt im März 2024 feststellte, wurde dadurch das gesamte Projekt Stadthaus für die Stadt Köln unwirtschaftlich (wir berichteten). Das sorgte für Empörung in der Politik. Ruschmeier wechselte damals rasch die Seiten und wurde Mitglied der Geschäftsführung der Oppenheim-Esch-Holding, die den Bau des Stadthauses finanzierte und dafür geschlossene Fonds für wohlhabende Investoren auflegte.

Im Ost- und Westgebäude des Stadthauses, auch „Technisches Rathaus“ genannt, arbeiten tausende Mitarbeiter der Kölner Stadtverwaltung. Der 1999 auf 30 Jahre geschlossene Mietvertrag ist für die Stadt sehr unvorteilhaft, unter anderem muss sie die Instandhaltung der Haustechnik selbst bezahlen und soll künftig auch für die Sanierung des in die Jahre gekommenen Baus aufkommen. Deshalb will sie den Mietvertrag für den Ostteil 2029 auslaufen lassen, die Mitarbeiter sollen umziehen. Heutiger Eigentümer des Stadthauses ist die Branicks Group AG (früher DIC Asset AG).

In der Annahme, die Kaufoption zum Festpreis sei im Grundbuch gesichert, hatte der Rat die Verwaltung 1995 angewiesen, für den Ankauf des Stadthauses Rücklagen zu bilden. Dafür wurden Gelder in einen „Spezialfonds“ investiert – und zwar bei der Oppenheim-Bank. Laut einer nicht-öffentlichen Vorlage der Kämmerei hatte dieser sogenannte „Rhein-Fonds“ Ende August 2024 einen Wert von 94,7 Millionen Euro.

Stadt Köln fließen nach Auflösung des Fonds rund 95 Millionen Euro zu

Von diesem Betrag hatte die Stadt 49,2 Millionen Euro selbst eingezahlt. Hinzu kommen Kursgewinne in Höhe von 19,6 Millionen plus 25,9 Millionen Euro Zinsen. Dieser Fonds wird nun zu Gunsten des städtischen Haushalts aufgelöst. Das schaffe Liquidität, die Stadt müsse daher weniger Kredite aufnehmen und könne jährlich rund drei Millionen Euro Zinsen einsparen, betont Kämmerin Dörte Diemert. Sie geht davon aus, dass die Stadt bei der Auflösung des Fonds keine Kapitalertragssteuern bezahlen muss.

Jedoch: Weil die Stadt wegen der Probleme mit dem Stadthaus nun andere Büroflächen für ihre Mitarbeiter braucht, hat sie im Sommer für 290 Millionen Euro das Bürogebäude „Rossio“ in der Messe-City in Deutz gekauft. Das sind fast 200 Millionen mehr als der Fonds einbringt. Und gut 200 Millionen Euro wären eigentlich der Preis für den Ankauf des gesamten Stadthauses im Jahr 2029 gewesen – wenn damals die Kölner Stadtverwaltung unter Lothar Ruschmeier die feste Kaufoption im Grundbuch gesichert hätte.