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91 Prozent ZustimmungKölner Grüne nominieren Berivan Aymaz mit großer Mehrheit als OB-Kandidatin

Lesezeit 4 Minuten
Berivan Aymaz nach ihrer Nominierung zur Kandidatin der Kölner Grünen für die Oberbürgermeisterwahl 2025.

Berivan Aymaz nach ihrer Nominierung zur Kandidatin der Kölner Grünen für die Oberbürgermeisterwahl 2025.

Die Kölner Grünen ziehen mit Berivan Aymaz in die Oberbürgermeisterwahl am 14. September 2025. Am Samstag wurde die Kölnerin mit überwältigender Mehrheit von der Parteibasis nominiert.

Es war die bislang größte Versammlung der Kölner Grünen aller Zeiten: Mehr als 450 Parteimitglieder und Gäste kamen am Samstag im Comedia-Theater in der Südstadt zusammen, wo Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz (52) offiziell als OB-Kandidatin nominiert wurde. In geheimer Wahl erhielt sie 322 von 353 gültigen Stimmen – das entspricht einer Zustimmung von 91,2 Prozent. Es gab 20 Gegenstimmen und elf Enthaltungen, fünf abgegebene Stimmen waren ungültig. Gegenkandidaten gab es keine.

Man starte mit viel Rückenwind in diese Wahl, hatte Parteichef Stefan Wolters zu Beginn erklärt: „Wir können stolz verkünden, wir haben in der letzten Woche die Marke von 4000 Mitgliedern geknackt.“ In den vergangenen fünf Jahren seien die Grünen in Köln aus jeder Wahl als stärkste Kraft hervorgegangen. „Das werden wir beibehalten.“ Vor 25 Jahren waren die Grünen zuletzt mit einer eigenen Kandidatin in die OB-Wahl gezogen. Nun trete man mit dem Anspruch an, die Wahl zu gewinnen, so Wolters.

Für die Findungskommission, die Berivan Aymaz im Dezember einstimmig nominiert hatte, erklärte Ratsfraktionschefin Christiane Martin, man habe sich nach intensiven Gesprächen „mit großer Einigkeit und großer Überzeugung“ für Aymaz entschieden. Sie sei „eine Frau mit Verstand und mit Herz, und diese Stadt braucht in diesen Zeiten genau das“. Katharina Dröge, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, hob hervor, Politiker müssten durchsetzungsstark sein. „Berivan ist das.“ Sie könne nicht nur gut zuhören, sondern am Ende auch entscheiden.

Köln: Berivan Aymaz als OB-Kandidatin der Grünen nominiert

Um 13.51 Uhr betrat Aymaz unter großem Jubel die Bühne der Comedia. Zu Beginn ihrer knapp 19-minütigen Bewerbungsrede schilderte sie, wie sie mit acht Jahren nach Köln kam. Ihr Vater, der Bürgermeister der türkischen Stadt Bingöl und Diplomat war, habe wegen des Militärputsches aus der Türkei fliehen müssen. „Köln hat mir und meiner Familie Schutz geboten, als wir das brauchten“, sagte sie. Nun wolle sie „unsere Stadt in eine nachhaltigere, gerechtere und lebenswertere Zukunft führen“.

Berivan Aymaz (Mitte) nach ihrer Nominierung als OB-Kandidatin mit führenden Akteuren der Kölner Grünen und Grünen-Bundeschef Felix Banaszak (2.v.r.).

Berivan Aymaz (Mitte) nach ihrer Nominierung als OB-Kandidatin mit führenden Akteuren der Kölner Grünen und Grünen-Bundeschef Felix Banaszak (2.v.r.).

Sie wisse, welche Kraft und welche Chancen es in Köln gebe und „dass Köln noch so viel mehr sein kann“. Köln sei „eine Stadt voller Charme, Energie und Vielfalt“, doch die Stadt stehe auch vor großen Herausforderungen. „Und wir wissen alle, unsere Stadtkasse ist leer.“ Großbaustellen würden „kein Ende finden und Milliarden fressen“. Künftig müsse Köln seine Ressourcen „so klug wie möglich einsetzen“ – auch um den sozialen Zusammenhalt zu bewahren. „Eine Stadt, die sich nur noch wenige leisten können, verliert ihre Seele“, sagte Aymaz.

Unter großem Jubel betonte sie: Das Ziel der Stadt Köln, bis 2035 klimaneutral zu werden, „ist möglich und wird unsere Stadt attraktiver, gesünder und gerechter machen“. Sie forderte, beim Wohnungsbau „entschiedener und schneller“ zu werden und „konsequent gegen Leerstand und illegale Umnutzung von Wohnraum vorzugehen“.

Aymaz: In der Weltoffenheit liegt Kölns Stärke

Köln brauche „eine Mobilität, die für alle funktioniert“, betonte Aymaz, die ab 2014 dem Kölner Stadtrat angehörte und 2017 in den Landtag gewählt wurde. Im öffentlichen Nahverkehr gebe es „noch Luft nach oben“, sagte sie. „Statt in sündhaft teure Großprojekte zu investieren, die erst in Jahrzehnten, wenn überhaupt fertiggestellt werden, brauchen wir den sofortigen Ausbau bestehender Strecken und die Weiterentwicklung der Infrastruktur.“

Sie freue sich auf den Dialog mit der Wirtschaft, erklärte Aymaz, die auch „die bittere Entwicklung“ bei Ford mit dem Verlust tausender Arbeitsplätze ansprach. Als „überzeugte Europäerin“ wisse sie: „In der Weltoffenheit liegt auch die Stärke unserer Stadt.“ Köln müsse aber auch „ein Ort der Sicherheit und Freiheit bleiben“. Gegen organisierte Kriminalität müsse man mit allen Mitteln des Rechtsstaats vorgehen. „In Köln müssen sich alle Menschen sicher fühlen, egal ob mit Kippa, als Frau, Queerer oder People of Colour“, sagte sie.

Aymaz bekannte, die Aufgabe, um die sie sich bewerbe, „ist groß, und es wäre vermessen zu sagen, dass ich nicht auch Respekt vor ihr habe“. Sie wolle sich für ein Köln für alle einsetzen: „Jeder Jeck ist anders, und das ist auch gut so. Aber alle Jecke zusammen, das ist Köln.“ Die Parteimitglieder feierten sie minutenlang mit stehendem Applaus. Der Grünen-Bundesvorsitzende Felix Banaszak war eigens nach Köln gekommen, um ihr zu gratulieren. Außenministerin Annalena Baerbock, Vizekanzler Robert Habeck und andere prominente Grüne gratulierten Aymaz in einem kurzen Video, das im Saal gezeigt wurde.