10.00 Teilnehmer bei „FFF“So lief die Klima-Demo am Freitag in Köln
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Die Uniwiesen sind an diesem Freitag sicheres Terrain für Annalena Baerbock. Zwei schwarze Limousinen mit Blaulicht auf dem Dach biegen in die Bachemer Straße, kurz darauf nimmt die Politikerin ein kurzes Bad in der Menge. Etwa 3000 meist junge Menschen warten hier auf den Beginn der Kundgebung des demonstrativen Dauerbrenners „Fridays for future“, Baerbock lässt sich geduldig für Selfies ablichten, sie gibt Autogramme auf Protestplakate, dann ist sie auch schon wieder weg, weiter nach Düsseldorf zum Wahlkampfabschluss ihrer Partei.
Zwei Tage vor der Bundestagswahl ist im dicht getakteten Leben von Spitzenkandidatinnen kein Platz für Zufälle. Natürlich ist sie sich der Wirkmächtigkeit dieser Bilder bewusst, ein wenig Inszenierung ist dabei, denn ein Herr ihrer Entourage reckt unentwegt ein Plakat mit dem Slogan „Klimakanzlerin“ in den Einschussbereich der Kameras. Auch Baerbock weiß, dass die allermeisten der Demonstranten noch zu jung sind, um bereits wählen zu dürfen. Doch Klimapolitik ist thematisch ein Heimspiel für ihre Partei.
Der freitägliche Protestbewegung gelingt in Köln ein eindrucksvolles Signal für die Klimawende, gegen Mittag versammeln sich laut Polizei insgesamt etwa 10.000 Teilnehmer an den drei Startpunkten, Uniwiese, Ebertplatz und Chlodwigplatz. Die Veranstalter sprechen später gar von 25.000 Demonstranten, die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Vom Andrang sind die Verantwortlichen so überrascht, dass auf der Uniwiese kurzerhand nach zusätzlichen Ordnern gesucht wird. „Ihr müsst über 18 Jahre sein. Und unbewaffnet“, ruft eine junge Frau ins Mikrofon. Das wirkt in der Tat sehr unvorbereitet.
Der Besuch von Annalena Baerbock ist nicht die einzige Begegnung der Demonstranten mit der großen Politik. Auf dem Weg zur Deutzer Werft kommt der Protestzug am Heumarkt vorbei, wo die SPD mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz nochmal auf Stimmenfang geht. Vereinzelt ertönen „Buh“-Rufe, auf dem Lautsprecherwagen wird die Musik ordentlich hoch gedreht. Scholz verzichtet auf Selfies und Autogramme, dafür mischt sich Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unters protestierende Volk. „Erneut beeindruckend, wie präzise Kinder schon fragen können. Ich gebe mein bestes, Antworten zu finden. Ein Segen, dass es diese Bewegung gibt“, twittert der Kölner Bundestagskandidat später.
Begrenzung der Erderwärmung, Kohleausstieg bis 2030, Klimaneutralität bis 2035, das sind die politischen Ziele der Jugendbewegung, an die sich auch an diesem Freitag wieder Gruppen wie Greenpeace, der Verkehrsclub Deutschland oder Tierschützer der „Animal Rebellion“ geheftet haben. Doch die Reden der jungen Menschen wirken noch immer so authentisch wie beim Start vor rund zweieinhalb Jahren. „Was ist, wenn ich eines Tages vor Gott stehe?
Muss ich mich dann einfach nur schämen oder kann ich guten Gewissens sagen, das Möglichste für die Erde getan zu haben?“, sagt ein Jugendlicher, der als Marco vorgestellt wird. „Der Planet brennt uns unter unseren Füßen weg“, mahnt er sehr plakativ. Applaus ist die Antwort. Viele Transparente sind ähnlich erfrischend. „Kurzstreckenflüge nur für Insekten“, fordert ein Mädchen, ein anderes Plakat zeigt einen gelben „Pacman“, der wie im bekannten Computerspiel statt Punkten einfach die Erde auffrisst.
„Game over“, lautet die Botschaft. „Während der Pandemie konnten wir nicht so aktiv sein. Aber es ist gut, dass es jetzt wieder los geht“, sagt Jacob (15) von der Waldorfschule in Erfstadt. Sie alle wollen jetzt wieder öfter demonstrieren.
Das sagen die Demonstranten
Kim Schröter (24): „Die Politik wird von den älteren Jahrgängen dominiert. Ich demonstriere, damit die Jugend ernster genommen wird und nicht nur auf die Wirtschaft gehört wird. Ein früherer Kohleausstieg ist essenziell. Es ist erschreckend, dass der Klimawandel nur auf Platz elf der Sorgen der Deutschen ist, denn für die Jugend ist das eine viel größere Angst.“
Michelle Zapf (28): „Ich will alles dafür tun, dass meine Kinder eine Zukunft haben. Es soll auf keinen Fall mehr Extremwetterereignisse geben.“
Simon Erdmann (21): „Ich komme aus dem Oberbergischen Kreis und bei mir in der Nähe wurde viel durch das Hochwasser zerstört. Da habe ich gemerkt, dass es so nicht weiter gehen kann. Deswegen bin ich heute zum ersten Mal bei Fridays for Future.“
Konstantin Reihe (14): „Unser Planet stirbt, dagegen müssen wir was machen. Wir brauchen den Kohleausstieg um das Klima und die Dörfer zu schützen.“
Kyra Meis (17): „Es muss jetzt etwas getan werden. Zum Beispiel müssen Radwege ausgebaut werden. In Köln habe ich Angst, mit dem Rad auf der Straße zu fahren.“
Sina Klebe (15): „Wir wollen Veränderung. Deswegen bin ich heute aus Gummersbach hier her gekommen. Jetzt kurz vor der Wahl ist die Demo wichtig. Hier sind so viele Leute, ich glaube damit können noch ein paar Menschen überzeugt werden.“
Levin Walter (17): „Ich demonstriere, weil ich will, dass die Erwachsenen für uns mitwählen. Sie sollen bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, dass es um unsere Zukunft geht.“
Carlo Koslowski (15): „Ich protestiere für das Klima, weil sich die Politik ändern muss. Sonst bleiben wir nicht unter dem 1,5-Grad-Ziel. „ (wer)