Am Sonntag, 23. Februar, ist Bundestagswahl. Wir stellen Oberbergs Kandidaten in alphabetischer Reihenfolge vor. Heute: Jan Köstering (Linke).
Kandidatenporträt mit VideoJan Köstering aus Nümbrecht will ein Kümmerer sein
![Ein Porträtfoto von Jan Köstering.](https://static.rundschau-online.de/__images/2025/02/06/f1b17a23-0f8b-47be-aae9-c3b246f2263e.jpeg?q=75&q=70&rect=0,236,4000,2250&w=2000&h=1330&fm=jpeg&s=a72300cce5636150f91de084c70e3718)
Mit einem Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde durch die Linke rechnet Jan Köstering. Ab acht Prozent würde ein Mandat für ihn realistisch.
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Gerade einmal neun Autominuten trennen die Ratinger Gymnasien Carl Friedrich von Weizsäcker und Dietrich-Bonhoeffer – und doch liegen zwischen beiden Schulen Welten. Ersteres findet man nahe dem schicken Europaring. Vom Pausenhof des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums blicken die Jugendlichen auf Graffiti und die gewaltigen Plattenbauten des Ratinger Westens, für die Politik längst ein „Problemviertel“.
Und trotzdem: Als Jan Köstering die Grundschule beendet, lassen seine Eltern keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihre Söhne „das Bonhoeffer“ besuchen werden – obwohl der Schulweg länger ist. Mutter Anna hat einst die Reifeprüfung als erstes Kind einer Arbeiterfamilie abgelegt. „Wir sind eine gut bürgerliche Familie, uns fehlte es nie an etwas. Aber unsere Mutter wollte, dass wir verstehen, dass das nicht selbstverständlich ist. Dass es Familien gibt, die sich sorgen, wo das Geld für die Klassenfahrt herkommt“, erinnert sich Jan Köstering noch genau.
Gymnasium legt Fundament für politisches Engagement
Tatsächlich legt das Gymnasium das Fundament für das politische Engagement des heute 27-Jährigen. Den Einsatz für Menschen , die seiner Überzeugung nach keine Lobby haben, sie aber am dringendsten brauchen, macht er genauso zu seiner Grundüberzeugung wie den Kampf gegen den Faschismus. Einmal jährlich widmet seine alte Schule ihrem berühmten Namensgeber damals eine Themenwoche. Zeitzeugen berichten aus erster Hand über ihre Begegnungen mit dem im April 1945 hingerichteten Theologen. Diese Schilderungen machen Jan Köstering bis heute hellhörig. In der Debatte um geflüchtete Menschen etwa hätten CDU und FDP längst Vokabular der Rechten salonfähig gemacht, kritisiert Köstering.
Seine politische Arbeit beginnt bei den Jusos. Deren Ansichten teilt er, doch mit dem damaligen Parteichefs Gabriel liegt Jan Köstering über Kreuz. Nach bestandenem Abitur zieht es ihn 2016 nach Nümbrecht und zur Partei Die Linke. In Oberberg macht er sich mit anderen daran, den verstaubten Kreisverband fit für die Zukunft zu machen – schon 2018 wird er dessen Sprecher. Bei der bevorstehenden Bundestagswahl bewirbt er sich nun erstmals um das oberbergische Direktmandat, er steht auf Listenplatz 12.
Dass linke Politik im nächsten Parlament dringender nötig ist als je zuvor, steht für den Kandidaten außer Frage. Konzerne, die mit überhöhten Nebenkostenabrechnungen Profit machen, hält er für kriminell, die Nähe von Großspendern zur Politik mindestens für unanständig. Die Russland-Politik sei scheinheilig, weil sich hinter den Kulissen weiterhin die immergleichen Akteure die Taschen voll machten: „Wir beschränken den Handel mit dem Rubel, aber nicht den mit Diamanten. Und weil wir billiges Öl nicht mehr direkt ordern, schippern die Russen es mit schrottreifen Tankern nach Indien, wo wir es dann schließlich doch kaufen.“
Das Asylrecht wiederum ist für Jan Köstering nicht verhandelbar, weil Mahnung an die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs – er plädiert aber dafür, Migration als Chance zu begreifen und die Fähigkeiten der Menschen zugunsten der Gesellschaft besser zu nutzen. Zu kurz komme bislang auch eine Politik, die nachhaltiges Wirtschaften für die Landwirte bezahlbar mache.
Als ein Alleinstellungsmerkmal seiner Partei nimmt Köstering in Anspruch, den Menschen nicht ein Programm überstülpen zu wollen, sondern ihnen zuzuhören. „Ich habe gute Erfahrungen mit Besuchen an den oberbergischen Haustüren gemacht.“ Dort bewege die meisten nämlich gar nicht das Thema Migration, sondern die hohen Preise und zu niedrige Löhne und Renten.
Die Kandidaten im Podcast
Oberbergs Kandidaten für die Bundestagswahl 2025 stellen wir in Video und Ton gemeinsam mit Radio Berg vor. Die Radio-Kollegen haben für jeden Kandidaten eine Podcast-Folge ins Internet gestellt, die hier zu finden ist.