23-jähriger Euskirchener muss sich vor dem Landgericht verantworten – bei Überfällen hat er einen Kassierer mit einem Küchenmesser verletzt.
Vor GerichtEuskirchener hat Tankstellen überfallen, um Kokain kaufen zu können
Der Angeklagte hat eines dieser Gesichter, die Prozessbeobachter aus vielen Drogenverfahren am Landgericht Bonn kennen: blass, als wäre das Blut aus den Adern gewichen, die Nase spitz, die Augen verschattet unter buschigen Brauen und immer in Bewegung, gleichzeitig müde wie nach einer durchzechten Nacht. Jahrelanger Rauschgiftkonsum hat bei dem 23-Jährigen tiefe Spuren hinterlassen – in seinem Gesicht und in seinem Leben.
Angeklagter zeigt sich kooperativ und gesteht die Überfälle
Er weiß es und will endlich eine Therapie antreten. Deshalb machte der wegen Einbrüchen vorbestrafte Euskirchener vor der 3. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts reinen Tisch und gab zu, was die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft: Er gestand, am 15. und 18. Oktober vergangenen Jahres in der Frauenberger Straße in Euskirchen zwei gegenüberliegende Tankstellen überfallen zu haben.
Beide Male war er mit einem Messer bewaffnet, mit dem er einen Kassierer am Oberarm verletzte. Im ersten Fall soll er 550 Euro, im zweiten zwischen 300 und 1000 Euro erbeutet haben.
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50 bis 80 Euro pro Gramm Kokain – „ein teurer Spaß“
Der junge Mann, der als Leiharbeiter beschäftigt war, hatte im Oktober 2022 mal wieder kein Geld, um seinen Suchtdruck zu befriedigen. 50 bis 80 Euro brauchte er pro Gramm Kokain, von dem er sich regelmäßig bis zu 0,3 Gramm durch die Nase zog. „Ein teurer Spaß“, sagte er.
In dieser Lage kam er „auf die völlig bescheuerte Idee“, in seiner Heimatstadt eine Tankstelle auszurauben. Am Samstagvormittag, 15. Oktober, zog er eine dunkle Winterjacke mit pelzbesetzter Kapuze an, band sich eine Corona-Maske um und betrat den Kassenraum der Tankstelle.
Eine Mitarbeiterin bediente gerade eine Kundin, die Zigaretten kaufte und einen 50-Euro-Schein zum Bezahlen auf den Tresen legte, sich aber für einen Moment abwandte, um etwas aus der Auslage zu holen. In diesem Augenblick tauchte der Räuber in den Aufnahmen der Videoüberwachung auf, hielt der Angestellten ein Taschenmesser entgegen, ging hinter die Theke und befahl der Frau, die Kasse zu öffnen. Der Täter nahm 500 Euro aus Schublade und sackte auch die 50 Euro der Kundin ein.
Geld für Drogen, Schnaps, Saunabesuch und Hotelübernachtung
Das Geld setzte der 23-Jährige nach eigenen Angaben in Drogen und Schnaps um, leistete sich mit einem Kumpel einen Saunabesuch und mietete sich für eine Nacht im Hotel ein.
Drei Tage später war der Angeklagte wieder blank, erinnerte sich an die zweite Tankstelle auf der anderen Seite der Frauenberger Straße, packte ein Küchenmesser und die Maske ein, marschierte los und forderte um 6.38 Uhr von dem Angestellten: „Kasse auf, Geld her!“.
Dabei näherte sich ihm der Täter bedrohlich mit der Waffe, fuchtelte damit herum und traf den Mitarbeiter am linken Oberarm. Sanitäter versorgten später eine blutende Fleischwunde. Die Höhe der Beute ist unklar. Die Anklage nennt 300 bis 400 Euro, der Betriebsinhaber kam nach dem Kassensturz auf rund 1000 Euro.
Zwei weitere Männer aus Drogenszene auf Videos erkannt
Auf den Videoaufnahmen von beiden Tatorten fallen zwei scheinbare Kunden auf, die kurz vor dem Raub den Kassenraum betraten, sich aus einem Kühlschrank ein Getränk nahmen, beim Überfall schleunigst aus der Tür rannten, wenig später zurückkehrten und – als wäre nichts geschehen – die Ware bezahlten.
Als die Euskirchener Kripo am 18. Oktober die Beweismittel sichtete, sah sie, wer die zwei mutmaßlichen Käufer waren: zwei polizeibekannte Männer aus der Drogenszene. Der Angeklagte, dazu vom Gericht befragt, schwieg.
Auch er wurde noch am selben Tag anhand der Videos identifiziert. Ein Beamter der Einsatzhundertschaft erkannte die auffälligen Turnschuhe des Junkies. Am Abend klickten die Handschellen.